Moskau . Seit 15 Jahren ist die Internationale Raumstation ISS im Weltall. 2024 soll damit Schluss sein. Russland plant bereits neue Missionen.

Dunkel, einsam, bitterkalt: Der kraterübersäte Südpol des Mondes ist ein lebensfeindlicher Platz. Für Russland und die europäische Raumfahrtagentur Esa gilt er dagegen als Sehnsuchtsort, an dem Raumfahrtgeschichte geschrieben werden soll. Schon in fünf Jahren, so der ehrgeizige Plan, wollen beide gemeinsam auf dem Erdtrabanten nach Wasser suchen. Dies wäre eine Voraussetzung für eine ständige bewohnte Basis, für ein „Dorf auf dem Mond“. Der Traum von der Kolonie im Kosmos beflügelt die Fantasie der Forscher in Ost und West. 15 Jahre nach dem Start der ersten Besatzung zur Internationalen Raumstation ISS am 31. Oktober 2000 planen die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos und ihr europäischer Partner den nächsten Schritt. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit tüftelten Experten beider Seiten schon lange an dem Projekt „Luna 27“, sagt der Moskauer Wissenschaftler Igor Mitrofanow.

Suche nach Leben auf dem Mars

Doch nicht nur zum Mond, sondern auch zum Mars wollen die beiden Partner. Bei der Mission „ExoMars“ soll ein Forschungsfahrzeug ab 2019 auf der Nordhalbkugel des Roten Planeten nach Hinweisen auf Leben suchen. Bereits 2016 wollen die Esa und Roskosmos eine um den Mars kreisende Sonde starten, um seine Atmosphäre zu untersuchen.

Weiter fortgeschritten ist die Planung der Mission „Luna27“. „Der Mond ist der nächste Kontinent, den die Zivilisation besiedeln wird. Es wird dort bemannte Basen geben, wie heute Stationen in der Antarktis“, meint Mitrofanow. Ähnlich sieht es Europas Raumfahrtchef Jan Wörner. „Die jüngere Generation lechzt nach einer großen, globalen Kooperation“, sagt der Esa-Generaldirektor. Eine Basis (moon village) sei eine Projektidee, die Grundlage sei für eine weltweite Diskussion über einen Nachfolger der ISS nach 2024, betont er.

Am Südpol des Mondes gibt es Sonnenlicht und Schatten

Russischen Experten zufolge ist der Südpol des Mondes für eine mögliche Besiedlung auch deshalb interessant, weil dort sowohl Sonnenlicht als auch Schatten ist. Das Licht werde für Solarzellen gebraucht, die für die nötige Energie sorgen sollen. Raumfahrer hingegen sollten weitgehend vor Sonnenstrahlung geschützt sein. Zudem sei im Schatten die Wahrscheinlichkeit größer, Wassereis zu finden.

Bei der Mission soll zunächst eine russische Rakete eine Sonde zum Südpol bringen, die dort bei etwa zwei Meter tiefen Bohrarbeiten Wasser und Bodenschätze sucht. Die Esa sei bei der „kosmischen Antarktisexpedition“ zwar „nur“ Juniorpartner, sie steuere aber ein Schlüsselelement bei, sagt Mitrofanow der Moskauer Tageszeitung „MK“: „Ein Ultraschallbohrer soll verhindern, dass mögliche Wasservorräte durch Reibung – wie bei einem sonstigen Bohrer – zerstört werden.“

Internationalen Raumstation ISS hatte Kritiker

Auf europäischer Seite steht eine formale Bestätigung des Projekts noch aus. Roskosmos entgegnet Skeptikern von „Luna 27“, dass auch vor 15 Jahren nicht alle gleich vom großen Erfolg der Internationalen Raumstation ISS überzeugt waren. Am 31. Oktober 2000 waren die Russen Sergej Krikaljow und Juri Gidsenko sowie der US-Amerikaner William Shepherd als historische erste Besatzung zum Außenposten der Menschheit aufgebrochen. Das von Deutschland mitfinanzierte Labor rund 400 Kilometer über der Erde ist seitdem ständig besetzt. Auch drei Deutsche waren dort, zuletzt der Astronaut Alexander Gerst.

Mit etwa 28.000 Stundenkilometern rast die außerirdische Wohngemeinschaft in rund 90 Minuten einmal um den Erdball. Raumfahrer schwärmen vom Blick auf unseren Planeten: Nachts funkeln Megastädte, tags glitzern Ozeane. Der „Grundstein“ der Raumstation war 1998 gelegt worden, als eine russische Proton-Rakete das erste Bauteil ins All brachte. Gut ein Dutzend Nationen – neben den USA und Russland vor allem Europäer sowie Japan und Kanada – beteiligen sich an der ISS, die mit ihren Sonnensegeln aussieht wie eine riesige Libelle.

Bakterien auf der ISS gefunden

Schlagzeilen machte dieser Tage eine Analyse zur Bakterienpopulation auf der ISS. Forscher der US-Raumfahrtbehörde NASA hatten unter anderem Bakterien entdeckt, die bei geschwächten Menschen ernsthafte Erkrankungen auslösen können – allgemein aber relativ harmlos sind.

Als „Symbol der Völkerverständigung“ war der 450-Tonnen-Koloss ISS immer wieder bezeichnet worden. Trotzdem will Russland 2024 aus dem Projekt aussteigen und Ideen künftig mit wechselnden Partnern verwirklichen. Ein Grund ist auch die aktuelle Krise zwischen Ost und West. Mit China plant Russland den Bau einer neuen Station – und mit der Esa will Roskosmos zum Mond. Forscher Mitrofanow ist sicher: „,Luna27’ wird das Arbeitspferd für die Erschließung des Mondes.“

Russinnen trainieren für Weltraummission

Spätestens 2030 soll erstmals ein Russe den Mond betreten – oder eine Russin? In einem nachgebauten Raumschiff trainierten in Moskau jetzt sechs Frauen für eine mögliche Mission. Bei dem Experiment sollte getestet werden, wie eine rein weibliche Crew in Isolation auf Stress reagiert, sagt Oleg Orlow vom Institut für biomedizinische Probleme.