Über die Handykamera erfasst die App „PhotoMath“ Rechenaufgaben - und spuckt in Sekundenbruchteilen das korrekte Ergebnis aus.

Addition und Subtraktion, das geht gerade noch. Bruchrechnung – klingt schon böse. Lineare Gleichungen? Erfolgreich verdrängt. Ganz zu schweigen von Exponential- und Logarithmusfunktionen und anderen noch komplizierteren Mathe-Gemeinheiten. Wer den Lösungsweg nicht kennt, ist ohnehin selbst mit Taschenrechner aufgeschmissen. Eine Smartphone-App soll nun helfen, auch bei schwierigen mathematischen Problemen aufs richtige Ergebnis zu kommen.

Matheaufgabe mit Grundrechenarten – für den Super-Taschenrechner „PhotoMath“ kein Problem.
Matheaufgabe mit Grundrechenarten – für den Super-Taschenrechner „PhotoMath“ kein Problem. © BM | Bastian Angenendt

„PhotoMath“ heißt die App für iOS, Android und Windows. Der Beschreibung in den App-Stores zufolge ist sie der „intelligenteste Kamerarechner der Welt“. „Halte einfach deine Kamera über eine Matheaufgabe und schon wird dir PhotoMath die Antwort anzeigen“, versprechen die Erfinder. Ein Traum für viele Schüler, ein Albtraum für alle Mathelehrer.

In Sekundenschnelle erscheint die Lösung auf dem Display

Tatsächlich macht die App das Lösen von Matheaufgaben zum Kinderspiel. Sie erfasst die Rechenaufgaben ganz einfach über die Kamera des Smartphones. Der Nutzer braucht lediglich den Kamerasucher über die Zahlen zu halten, die Gleichung zu fokussieren – und schwupps, erscheint das Ergebnis im Display.

18 : 9 x 5 + 10 - 15 = ? So könnte vielleicht eine Grundrechenaufgabe für Schüler der Klassen 1 bis 4 lauten. Das Ergebnis – 5 – spuckt der Superrechner innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde aus. Und selbst wenn Klammern dazu kommen, rechnet die App richtig: 18 : 9 x (5 + 10) – 15 = 15. Wer will, kann sich sogar die einzelnen Rechenschritte anzeigen lassen. „Schritt 1: 18 : 9 x 15 - 15; Schritt 2: 2 x 15 - 15; Schritt 3: 30 - 15“, fasst die App zusammen.

Selbst den Lösungsweg mit einzelnen Rechenschritten kann sich der Nutzer der App anzeigen lassen.
Selbst den Lösungsweg mit einzelnen Rechenschritten kann sich der Nutzer der App anzeigen lassen. © BM | Bastian Angenendt

Als Schummelhilfe für Klassenarbeiten oder bei den Hausaufgaben will sich die App dennoch nicht verstehen. Die Macher glauben an das Gute im Schüler. Dass es auch Faulpelze geben könnte, blenden sie aus. „PhotoMath“ diene als Hilfsmittel zum Lernen, das lediglich zum Einsatz kommen soll, wenn ein Schüler bei einer Aufgabe nicht mehr weiter weiß.

Selbst bei der Mischung aus Brüchen und Exponenten erkennt die App: x kann keine reelle Zahl sein.
Selbst bei der Mischung aus Brüchen und Exponenten erkennt die App: x kann keine reelle Zahl sein. © BM | Bastian Angenendt

Manchmal bleiben Aufgaben ungelöst

Zuverlässig rechnet „PhotoMath“ etwa Probleme mit negativen Zahlen, Formeln mit Brüchen und Funktionen mit einer Unbekannten aus – zumindest meistens. Bei komplizierten Formeln mit Brüchen, Wurzeln und Exponenten spuckt der Rechner teils kryptische Ergebnisse aus. Manchmal hilft ein leichtes Ruckeln mit dem Handy, um ein plausibleres Ergebnis zu erzielen. Manchmal jedoch bleiben x und y ungelöst. An ihre Grenzen stößt die App zudem etwa bei Textaufgaben, mathematischen Grafen, Prozentrechnungen oder in der Geometrie.

Die Aufgabenstellung: Vereinfache durch Anwendung der Rechenregel. Hier versagt „PhotoMath“. Die richtige Lösung müsste ⅓ lauten.
Die Aufgabenstellung: Vereinfache durch Anwendung der Rechenregel. Hier versagt „PhotoMath“. Die richtige Lösung müsste ⅓ lauten. © BM | Bastian Angenendt

Mehr als 16 Millionen Mal ist die App mittlerweile heruntergeladen worden, vor rund einem Jahr ging sie an den Start, zunächst mit einer Version für iOS und Windows, drei Monate später auch für Android.