Paris . Nach der Kontrolle durfte der 25-Jährige Marokkaner weiter reisen. Präsident Hollande zeichnete Thalys-Helden in Paris aus.

Nach dem Überfall in dem Hochgeschwindigkeitszug Thalys in Frankreich gibt es neue Erkenntnisse zu dem Attentäter. Der 25-jährige Marokkaner war im Mai von Berlin Tegel aus nach Istanbul geflogen. Wie die rbb-Abendschau aus Sicherheitskreisen erfuhr, soll Ayoub El K. am 10. Mai auf dem Flughafen intensiv kontrolliert und befragt worden sein. Es wurde aber nichts Verdächtiges gefunden. Deshalb durfte er das Land verlassen.

Bei der Passkontrolle hatte es stillen Alarm gegeben. Französische Behörden hatten Ayoub El K. zu einer verdeckten Kontrolle ausgeschrieben, ihn aber nicht als "Foreign Fighter" klassifiziert. So fehlte der Bundespolizei die rechtliche Handhabe, den Marokkaner festzuhalten. Er war den Behörden als international als gefährlicher Dschihadist bekannt - auch den Deutschen - und dies nach Abendschau-Informationen bereits seit Monaten. Wie lange der mutmaßliche Terrorist in Berlin war, ob er Kontakte zu Islamisten in Berlin hatte, ist nicht bekannt.

Hollande zeichnet Thalys-Helden aus

Unterdessen hat der französische Präsident François Hollande die drei Amerikaner und einen Briten für ihren „Heldenmut“ bei der Attacke mit der Ehrenlegion ausgezeichnet. Mit ihrem Eingreifen hätten die Männer „eine Tragödie, ein Massaker“ verhindert, sagte Hollande am Montag bei einer Zeremonie zur Vergabe der hohen Auszeichnung im Élysée-Palast. Den 25-jährigen Marokkaner, der am Freitagabend in dem Hochgeschwindigkeitszug Amsterdam-Paris das Feuer eröffnet hatte, bezeichnete Hollande als Terroristen. Der schwer bewaffnete Angreifer war von den Fahrgästen niedergerungen worden, terroristische Absichten leugnet der Festgenommene.

„Eine Person hatte entschieden, einen Anschlag im Thalys zu begehen“, sagte Hollande. „Er hatte genug Waffen und Munition, um ein Blutbad anzurichten.“

US-Amerikaner kommen mit Müttern

Der Präsident überreichte die hohe Auszeichnung den US-Soldaten Alek Skarlatos und Spencer Stone, dem amerikanischen Studenten Anthony Sadler sowie dem Briten Chris Norman. Die drei jungen Amerikaner waren in Begleitung ihrer Mütter in Hollandes Amtssitz gekommen, auch US-Botschafterin Jane Hartley und Belgiens Premierminisiter Charles Michel waren bei der Zeremonie dabei. „Ihr Heldenmut soll ein Beispiel für viele und eine Quelle der Inspiration sein“, sagte Hollande. „Das ist eine sehr große Ehre“, reagierte Norman (62).

Täter macht widersprüchliche Aussagen

Der Marokkaner war von den spanischen Behörden als Islamist gemeldet worden. Die belgischen Sicherheitsbehörden kannten den Mann zwar, hielten ihn aber nicht für sehr gefährlich. Deshalb sei er nicht rund um die Uhr überwacht worden, sagte der belgische Innenminister Jan Jambon am Montag dem belgischen Sender Radio 1.

Hier geht es zu einem Video aus dem Zug

Der 25-Jährige wurde nach seiner Festnahme in einen Vorort von Paris gebracht und dort von Anti-Terror-Ermittlern verhört. Nach Angaben seiner Anwältin behauptete er, die Fahrgäste ausrauben zu wollen, aber kein Terrorist zu sein. Seine Bezwinger halten das angesichts seines Waffenarsenals - eine Kalaschnikow, eine Pistole und zahlreiche Magazine - für unglaubwürdig.

Debatte um mehr Sicherheit in Zügen

Auch in Deutschland gibt es nun Rufe nach einem besseren Polizeischutz in Zügen und Bahnhöfen. Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer (CSU), sagte der „Passauer Neuen Presse“ (Montag), im Vergleich zum intensiv kontrollierten Flugverkehr sei der Bahnverkehr wesentlich anfälliger. Um die Polizeipräsenz zu erhöhen, „bedarf es aber unweigerlich zusätzlicher Stellen bei der Bundespolizei.“

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hält einen Einsatz von Sicherheitsbegleitern in Zügen nach dem Vorbild der Sky-Marshalls im Luftverkehr für sinnvoll. Bundesinnenminister Thomas de Maizière hatte am Sonntag am Rande einer Veranstaltung in Aachen gesagt: „Ich kann mir nicht vorstellen, in jede S-Bahn und in jeden Zug Sicherheitsbeamte zu stellen.“ Wo es Hinweise gebe, müsse man den Bahnverkehr möglicherweise stärker in den Blick nehmen.

Der französische Bahnbetreiber SNCF hält eine Abriegelung und systematische Kontrolle der Bahnsteige - ähnlich wie im Flughafen nicht für machbar. Der Zugverkehr sei in Frankreich 20-mal so groß wie der Luftverkehr, sagte SNCF-Chef Guillaume Pepy in einem Interview der Zeitung „Le Journal du Dimanche“ zur Begründung.

Belgiens Premierminister Charles Michel will für die internationalen Thalys-Züge Gepäck- und Ausweiskontrollen wie beim Eurostar-Zug zwischen dem europäischen Festland und London. Zudem fordert er ein Treffen der Innenminister von Frankreich, Deutschland, Belgien und den Niederlanden - dort verkehren die Thalys-Züge.