Tianjin. Verstöße gegen die Sicherheit, unerlaubte Transporte von Chemikalien, fragwürdige Genehmigungen: Ermittler in der Offensive.

Eine Woche nach der Katastrophe in Tianjin mit 114 Toten enthüllen die Ermittler illegale Machenschaften der Betreiber des explodierten Gefahrgutlagers. Vier Eigentümer und Manager wurden festgenommen. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua beschrieb eine Vetternwirtschaft zwischen gut vernetzten Vertretern des „dubiosen Unternehmens“ Ruihai Logistik und Aufsichtsorganen. Sie berichtete von zweifelhaften Genehmigungen und Verstößen gegen Sicherheitsvorschriften. Die Bergungsarbeiten in dem Trümmergebiet um den riesigen Krater im Hafen der nordchinesischen Stadt kamen derweil nur langsam voran.

In dem Lager mit 3000 Tonnen gefährlichen Chemikalien war es am 12. August nach einem Brand zu heftigen Explosionen gekommen, die in einem weiten Umkreis schwere Verwüstungen anrichteten. 65 Menschen wurden nach Angaben des Staatsfernsehens am Mittwoch noch vermisst. Mehr als 670 Verletzte werden im Krankenhaus behandelt. Unter ihnen sind knapp 40 Schwerverletzte. Von den 114 Toten sind 101 identifiziert, darunter 53 Feuerwehrleute und 7 Polizisten.

Nach anfänglichem Chaos und Beschwichtigungen, die Empörung im Volk ausgelöst hatten, präsentierte die Staatsagentur Xinhua erste Ergebnisse der Ermittlungen. So seien „falsche Eigentumsverhältnisse“ bei dem Betreiber des Lagers festgestellt worden. Hinter Ruihai Logistik stünden der Sohn eines früheren Polizeichefs des Hafens, Dong Shexuan, sowie der Ex-Manager des staatlichen Chemiekonzerns Sinochem, Yu Xuewei, meldete Xinhua. Über Strohmänner hätten sie 45 Prozent und 55 Prozent der Anteile gehalten.

Tianjin: Inferno durch Explosion im Hafen

Ein Bewohner in Tianjin hät Bilder der Zerstörung hoch
Ein Bewohner in Tianjin hät Bilder der Zerstörung hoch © dpa | Ng Kong
Tianjin: Das war ein Feuerwehrauto
Tianjin: Das war ein Feuerwehrauto © REUTERS | CHINA DAILY
Tianjin: Bewohner protestieren nach der gewaltigen Explosion in Angst vor einer Vergiftung
Tianjin: Bewohner protestieren nach der gewaltigen Explosion in Angst vor einer Vergiftung © dpa | Ng Kong
Polizisten tragen Atemmasken am Unglücksort. Am Sonnabend gab es neue Explosionen
Polizisten tragen Atemmasken am Unglücksort. Am Sonnabend gab es neue Explosionen © dpa | Wu Hong
Eine Frau schläft in einer Notunterkunft
Eine Frau schläft in einer Notunterkunft © Getty Images | ChinaFotoPress
Retter tragen ein Opfer aus der Explosionszone
Retter tragen ein Opfer aus der Explosionszone © dpa | Wu Hong
Ein Sofa inmitten von Teilen, die nach der Explosion durch die Luft geschleudert wurden
Ein Sofa inmitten von Teilen, die nach der Explosion durch die Luft geschleudert wurden © REUTERS | JASON LEE
Beten für die Opfer
Beten für die Opfer © REUTERS | JASON LEE
Retter an der Stelle der Explosion in Tianjin (China)
Retter an der Stelle der Explosion in Tianjin (China) © REUTERS | CHINA DAILY
Feuerwehrleute nehmen sich eine Pause von den Löscharbeiten
Feuerwehrleute nehmen sich eine Pause von den Löscharbeiten © REUTERS | DAMIR SAGOLJ
Ein Verletzter in einem Rettungsraum
Ein Verletzter in einem Rettungsraum © dpa | Wu Hong
Ein Bulldozer räumt am Explosionsort Schutt beiseite
Ein Bulldozer räumt am Explosionsort Schutt beiseite © REUTERS | JASON LEE
Zerstörte Autos
Zerstörte Autos © REUTERS | CHINA STRINGER NETWORK
Retter an der Unglücksstelle in Tianjin (China)
Retter an der Unglücksstelle in Tianjin (China) © REUTERS | DAMIR SAGOLJ
Ein Polizist der paramilitärischen Abteilung sichtet die Unglücksstelle
Ein Polizist der paramilitärischen Abteilung sichtet die Unglücksstelle © REUTERS | DAMIR SAGOLJ
China: Ein Verletzter in einer Notunterkunft
China: Ein Verletzter in einer Notunterkunft © dpa | Wu Hong
Rauch steigt in der Nähe des Explosionsortes auf
Rauch steigt in der Nähe des Explosionsortes auf © REUTERS | JASON LEE
Rettungskräfte nahe dem Explsionsort
Rettungskräfte nahe dem Explsionsort © REUTERS | STRINGER/CHINA
Die Detonationen geschahen im Frachthafen
Die Detonationen geschahen im Frachthafen © dpa | Yue Yuewei
Opfer liefen blutverschmiert umher
Opfer liefen blutverschmiert umher © dpa | Yue Yuewei
Ein Zelt für die Verletzten in Tianjin
Ein Zelt für die Verletzten in Tianjin © Getty Images | ChinaFotoPress
Zahlreiche Fahrzeuge und Gebäude wurden beschädigt
Zahlreiche Fahrzeuge und Gebäude wurden beschädigt © REUTERS | STRINGER/CHINA
Die Feuerwehr war mit einem Großaufgebot im Einsatz
Die Feuerwehr war mit einem Großaufgebot im Einsatz © REUTERS | STRINGER/CHINA
Das Unglück ereignete sich am späten Mittwochabend in Lagern für Gefahrengüter
Das Unglück ereignete sich am späten Mittwochabend in Lagern für Gefahrengüter © REUTERS | STRINGER/CHINA
Zunächst war von mindestens sieben Todesopfern die Rede, mittlerweile sind es Dutzende
Zunächst war von mindestens sieben Todesopfern die Rede, mittlerweile sind es Dutzende © REUTERS | CHINA STRINGER NETWORK
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Um die in China „Guanxi“ genannten „guten Beziehungen“ des Sprösslings des 2014 gestorbenen Polizeichefs auszunutzen, hätten sie 2012 die Firma gegründet. Diese Kontakte von Dong Shexuan hätten ihnen auch geholfen, die nötigen Zertifikate der Feuerwehr sowie der Land-, Umwelt- und Sicherheitsbehörden zu bekommen.

„Ich hatte Beziehungen zu Polizei und Feuerwehr“, sagte Dong Shexuan laut Xinhua. Wenn er eine Brandschutzgenehmigung gebraucht habe, sei er nur zur Feuerwehr des Hafenbetreibers Tianjin Port gegangen. „Ich gab ihnen die Unterlagen und hatte schnell ein Gutachten.“ Ob Amtspflichtverletzung oder Bestechung im Spiel gewesen sei, habe Dong Shexuan aber nicht gesagt, schrieb Xinhua.

Zwischen Oktober 2014 und Juni 2015 habe das Unternehmen ohne Erlaubnis Chemikalien transportiert, berichteten die Ermittler laut Xinhua. „Als die erste Erlaubnis ausgelaufen war, haben wir eine Verlängerung beantragt“, sagte Ruihai-Manager Yu Xuewei. „Wir haben den Betrieb nicht eingestellt, weil wir nicht dachten, dass es ein Problem wäre.“ Viele andere Unternehmen arbeiteten auch ohne Lizenz weiter.

Ein weiterer Verstoß gegen Sicherheitsvorschriften war auch die Lage des Gefahrgutlagers. Es war nur 560 Meter von Wohnblocks entfernt, obwohl 1000 Meter vorgeschrieben waren. Die Baugenehmigung sei erteilt worden, nachdem Feuerschutzdokumente „grünes Licht“ gegeben hätten, schilderte Zhu Liming vom Raumnutzungsamt laut Xinhua.

Ruihai-Manager Yu Xuewei räumte laut Xinhua ein, dass ein erster Gutachter die Nähe bemängelt habe, doch hätten sie dann ein anderes Unternehmen beauftragt, das ihnen die nötigen Papiere erstellt habe.