Die Blackbox der Boeing 777 schweigt. Ein unbemanntes U-Boot wird nun auf die Fährte des verschwundenen Flugzeugs gesetzt. Das Suchteam ist zuversichtlich, die verschollene Maschine im Indischen Ozean zu finden.

Perth. Nach wochenlangem Frust fahren die Experten bei der Suche nach dem verschwundenen Flugzeug jetzt ihren letzten Trumpf auf: Das unbemannte U-Boot Bluefin-21 soll den Meeresboden an der vermuteten Absturzstelle im Indischen Ozean nach Überresten des Wracks absuchen. Das etwa fünf Meter lange Gerät in Form einer überdimensionalen Zigarre sollte noch am Montag zu seinem ersten Einsatz kommen, sagte der Koordinator des Suchzentrums, Angus Houston, in Perth an der australischen Westküste.

Die Maschine mit 239 Menschen an Bord war vor fünf Wochen auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking verschwunden. Es fehlt bislang jede Spur. Satellitensignale legen nahe, dass es noch stundenlang in Richtung Süden flog und im Indischen Ozean abstürzte.

Neue Signale, die vom Sender der Blackbox stammen könnten, gab es nicht. Die Batterien dürften leer sein, meinte Houston. „Wir haben seit sechs Tagen kein einziges Signal bekommen. Deshalb ist es an der Zeit, die Suche unter Wasser fortzusetzen.“ Er dämpfte Erwartungen, dass die Aufklärung des Rätsels um den mysteriösen Irrflug von Malaysia Airlines MH370 damit bevorsteht: „Ich warne vor zu großen Hoffnungen, dass der Einsatz des Unterwasserfahrzeugs zum Auffinden des Wracks führt“, sagte er. „Ich betone: Dies ist ein langsamer und mühsamer Prozess.“ Das Wrack könne zudem tief in den Schlamm am Meeresboden gesunken sein.

Ein Schiff entdeckte nach Angaben von Houston einen Ölfilm im Suchgebiet rund 2200 Kilometer nordwestlich von Perth. Es dauere mehrere Tage, um zu analysieren, ob das Öl von der Maschine stamme. Der Ölfilm war nach Angaben von Houston in der Gegend, wo Sensoren vergangene Woche vier Funksignale auffingen, die von der Blackbox des Flugzeugs stammen könnten. Houston bezeichnete die Signale als „vielversprechendste Spur“. Aufgrund der Signale wird der Absturz jetzt in einem etwa 40 mal 50 Kilometer großen Areal vermutet.

Suche in 4500 Metern Tiefe

Bluefin-21 kann bei einem 24-stündigen Einsatz rund 40 Quadratkilometer Meeresboden absuchen. Rein rechnerisch würde die Suche in den gesamten Gebiet mindestens 50 Tage dauern. Das Meer ist nach Houstons Angaben dort vermutlich 4500 Meter tief und der Boden hügelig. Bluefin-21 braucht zwei Stunden zum Abtauchen und kann dann 16 Stunden suchen. Die eingesammelten Daten würden nach den Auftauchen heruntergeladen und ließen sich zu einer dreidimensionalen Karte des Meeresbodens zusammenstellen. Ungewöhnliche Formationen wie Wrackteile sollten zu erkennen sein, hoffen die Experten. Dann müssten Unterwasserkameras eingesetzt werden und später Spezialgeräte, um etwa die Blackbox und andere Teile der Maschine zu bergen.

Die britische Marine hatte Anfang April das bemannte U-Boot „HMS Tireless“ in die Region geschickt, um die Suche zu unterstützen. Es kam aber zunächst nicht zum Einsatz. Bluefin-21 sei das einzige Unterwasserfahrzeug, das jetzt nach MH370 suche, sagte Houston.

Er deutete an, dass die Suche nach an der Wasseroberfläche treibenden Wrackteilen bald eingestellt werden könnte. „Die Chancen, noch etwas zu finden, haben sich deutlich reduziert, und es wäre angebracht, dass Australien und seine Partner sich Gedanken machen, wie es im Laufe der Woche weitergehen soll“, sagte er.

Die Maschine der Malaysia Airlines mit der Flugnummer MH370 war am 8. März auf dem Flug von Kuala Lumpur nach Peking mit 239 Menschen an Bord verschwunden. Nach Auswertung von Satellitendaten wird angenommen, dass sie umgekehrt und nach stundenlangem Flug in südwestlicher Richtung ins Meer gestürzt ist. Die Blackbox könnte die Frage klären, wie Flug MH370 so weit vom Kurs abkommen konnte.

Falsche Fährten bei der Suche nach MH370

Bei der seit mehr als fünf Wochen andauernden Suche nach dem verschollen Flugzeug kam durch neue Spuren immer wieder Hoffnung auf, das Rätsel um das Verschwinden der Maschine mit ihren 239 Insassen zu klären. Doch bisher erwiesen sich alle als falsche Fährten. Im Moment bleibt nur die Hoffnung, dass die mittlerweile verstummten Signale aus den Tiefen des Indischen Ozeans tatsächlich von der Blackbox der Maschine stammten und das eingesetzte U-Boot das Wrack findet.

Hier eine Liste der falschen Fährten:

- 8. März: Gegen neun Uhr morgens, mehr als eine Stunde, nachdem Malaysia Airlines die Boeing 777 als vermisst gemeldet hatte, kommen im Internet Gerüchte auf, dass das Flugzeug sicher in Südchina gelandet sei. Diese erweisen sich schnell als falsch. Auch zwei im Südchinesischen Meer gefundene Ölspuren kamen nicht von dem Flugzeug.

- 9. März: Vietnam meldet die Sichtung möglicher Trümmerteile, doch auch sie stammen nicht von dem Flugzeug, wie bald klar wird. Nach Hinweisen, dass das Flugzeug den Kurs geändert hat, wird die Suche auf die Andamanensee und den Norden der Straße von Malakka ausgedehnt.

- 10. März: Die Sichtung eines gelben Objekts weckt Hoffnungen, dass es ein Rettungsboot mit Überlebenden geben könnte. Doch bei dem Gegenstand handelte es sich nur um Müll.

- 11. März: Berichte, wonach zwei der Passagiere gestohlene Pässe verwendet hatten, nährten bereits früh Spekulationen über einen möglichen Terroranschlag. Doch die malaysische Polizei erklärt, die beiden seien Iraner gewesen, die illegal nach Europa einreisen wollten.

- 12. März: Die staatliche chinesische Nachrichtenagentur veröffentlicht Bilder von drei Gegenständen in der Nähe der letzten bestätigten Position des Flugzeugs. Suchmannschaften aus Vietnam und Malaysia finden dort jedoch nichts. Drei Tage später verkündet der malaysische Ministerpräsident Najib Razak, dass das Flugzeug irgendwo in einem nördlichen Korridor von Thailand bis Südkasachstan oder in einem südlichen von Java bis in den südlichen Indischen Ozean abgestürzt sein könnte. Er beruft sich dabei auf Satellitendaten.

- 19. März: Australiens Premierminister Tony Abbott berichtet von zwei großen Objekten, die Satellitenaufnahmen zufolge im südlichen Indischen Ozean treiben. Sie werden nie gefunden.

- 22. März: Ein Suchflugzeug sichtet eine im Wasser treibende Holzpalette, die offenbar von verschiedenfarbigen Riemen umgeben ist. Ein neuseeländisches Flugzeug, das den Gegenstand genauer untersuchen will, findet nur Büschel mit Seetang.

- 23. März: Ein französischer Satellit entdeckt 122 im Wasser treibende Objekte, doch Suchflugzeuge können sie nicht lokalisieren. Einen Tag später gibt der malaysische Regierungschef bekannt, dass das Flugzeug neuen Daten zufolge vermutlich irgendwo westlich der australischen Stadt Perth in den Indischen Ozean gestürzt sei.

- 27. März: Ein thailändischer Satellit entdeckt rund 300 Gegenstände im Wasser. Es konnte nie bekräftigt werden, dass sie von dem Flugzeug stammen.

- 28. März: Das Suchgebiet wird rund 1100 Kilometer weiter nordöstlich verlegt, nachdem die Analyse von Radardaten darauf hingewiesen hatte, dass das Flugzeug schneller flog als bisher gedacht und ihm damit auch rascher der Sprit ausgegangen wäre. Dadurch wäre das Flugzeug nicht so weit gekommen.

- 30. März: Malaysias Verteidigungsminister gibt bekannt, dass die Untersuchung eines im Haus des Piloten gefundenen Flugsimulators keine Hinweise auf einen Zusammenhang mit einer möglichen Entführung der Maschine ergeben habe.

- 10. April: Ein australisches Flugzeug meldet ein neues Signal, das wie sich aber später herausstellt, nicht von dem Flugzeug stammen kann. In den Tagen zuvor hatte das mit Spezialgeräten ausgestattete Schiff „Ocean Shield“ Geräusche aufgefangen, die den Signalen eines Flugschreibers entsprechen – der erste große Durchbruch bei der Suche nach Flug MH370.

- 11. April: Australiens Regierungschef Abbott erklärt, dass die Behörden zuversichtlich seien, dass die Signale von der Blackbox der vermissten Maschine in 4500 Metern Meerestiefe kommen.

- 14. April: Weil sechs Tage lang kein weiteres Signal aufgefangen wurde, gehen die Verantwortlichen der Suche davon aus, dass die Akkus der Blackbox leer sind. Ein unbemanntes U-Boot soll nun die Gegend untersuchen, in der das Flugzeug möglicherweise auf den Meeresgrund gesunken ist.