Bei den Minusgraden waren die Einlassventile einer Wasseraufbereitungsanlage eingefroren. Die Bürger waren aufgerufen, vorerst nicht zu baden, zu duschen und keine Wäsche zu waschen.

Columbus/Washington. Wegen der klirrenden Kälte in den USA haben Zehntausende Amerikaner zeitweise um ihr Trinkwasser bangen müssen. Weil die Einlassventile einer Wasseraufbereitungsanlage einfroren, hatten Zehntausende im US-Staat Ohio vorübergehend nur begrenzten Zugang zu frischem Wasser. Die Anlage versorgt nach eigenen Angaben ein Gebiet mit mehr als 200.000 Einwohnern. Die Stadt Avon rief ihre Bürger dazu auf, mit Wasser sparsam umzugehen. Bürgermeister Bryan Jensen bat Bürger, vorerst nicht zu baden, zu duschen und keine Wäsche zu waschen. Selbst die Toilettenspülung sollte man nach Möglichkeit weniger benutzen als gewöhnlich. Am Donnerstag gab die Stadt schließlich Entwarnung.

Nach den frostigsten Tagen seit zwei Jahrzehnten tauen die USA jedoch langsam wieder auf. Zwar erwachten Millionen Menschen am Mittwoch erneut zu Temperaturen deutlich unter dem Gefrierpunkt, doch der Wetterdienst sagte eine rasche Erwärmung voraus. Den Flugverkehr schränkte das Winterwetter zunächst weiter ein.

In der Hauptstadt Washington zeigte das Thermometer am Mittwochmittag (Ortszeit) minus vier Grad Celsius an, in New York wurden minus acht Grad gemessen. Die Menschen in Chicago bibberten weiter bei minus zwölf Grad – im Vergleich zu den minus 24 Grad des Vortags war dies aber viel erträglicher. Wegen der sibirischen Verhältnisse hatte die Metropole im Mittleren Westen den Spitznamen „Chiberia“ erhalten.

Alle US-Bundesstaaten mit Ausnahme von Hawaii hatten am Dienstag Minustemperaturen erreicht – also auch die sonnenverwöhnten Staaten Florida und Kalifornien. In mindestens 49 US-Städten wurde ein Kälterekord für einen 7. Januar aufgestellt. Der frostigste Ort der USA war Embarrass im Bundesstaat Minnesota mit minus 37 Grad Celsius. Die gefühlten Temperaturen lagen wegen eisiger Winde noch weit darunter.

Heftiger Temperaturabsturz und Stromausfälle

Beim nördlichen Nachbarn der USA sah es nicht besser aus: In Montréal, Toronto und Ottawa froren sogar die kälteerprobten Kanadier angesichts des ungewöhnlich heftigen Temperatursturzes, zu dem Stromausfälle hinzukamen.

Verantwortlich für die Rekordkälte war ein riesiger Luftwirbel, der über dem Nordpol seine Kreise zieht. Normalerweise blockt ein Strom warmer Luftmassen diese „Polar Vortex“ ab, unter bestimmten meteorologischen Bedingungen kann die Polarluft aber tief nach Süden vordringen. Durch den Superfrost kamen in den USA Medienberichten zufolge mindestens 16 Menschen ums Leben, die meisten starben bei Verkehrsunfällen.

Nun zieht sich die arktische Luft wieder zurück. Der Wetterdienst teilte auf seiner Internetseite mit, dass für weite Gebiete der USA in den kommenden Tagen mit wärmeren Temperaturen gerechnet werde. Genaue Zahlen nannte die Behörde aber nicht.

Meteorologen des Fernsehsenders CNN erwarteten, dass in Chicago das Thermometer am Freitag wieder über den Gefrierpunkt steigen werde. In New York werden für das Wochenende milde Temperaturen von mehr als zehn Grad Celsius erwartet, während in nördlichen Bundesstaaten wie Minnesota oder North Dakota ein Winterwetter mit für die Jahreszeit normalen Minusgraden herrschen dürfte.

Seit dem vergangenen Donnerstag fielen aufgrund von Schneestürmen und der anschließenden Kältewelle rund 18.000 Flüge aus. Auch am Mittwoch war der Luftverkehr noch durch Schnee und Eis beeinträchtigt. Nach Angaben der Internetseite www.flightaware.com wurden mindestens 660 Flüge gestrichen, mehr als 1400 weitere verspäteten sich.

Im südlichen Bundesstaat Kentucky durchkreuzte die Eiseskälte die Flucht eines Straftäters. Der 42-jährige Robert V., der am Sonntag aus dem Gefängnis von Blackburn geflohen war, meldete sich tags darauf bei den Behörden, wie die Polizei mitteilte. Der Ausbrecher habe die Temperaturen von minus 20 Grad Celsius nicht mehr ausgehalten, sagte Polizeisprecherin Sherelle Roberts. Er wurde nach einer medizinischen Beobachtung zurück ins Gefängnis gebracht.