Der Taifun „Haiyan“ machte ganze Ortschaften auf den Philippinen dem Erdboden gleich. Doch inmitten von Chaos und Verwüstung bringt eine Schwangere in einem Not-Hospital ein Mädchen zur Welt: Bea Joy.

Manila. Verwüstung und Verzweiflung, wohin das Auge reicht: Erst nach und nach wird sichtbar, was der verheerende Taifun „Haiyan“ auf den Philippinen angerichtet hat. In der mit am schwersten betroffenen Stadt Tacloban auf der Insel Leyte hängen leblose Körper in den Bäumen. Andere Leichen liegen an den Straßenrändern, notdürftig abgedeckt mit Tüchern und Planen. In der sengenden Sonne stehen die Menschen Schlange für Trinkwasser und Reissäcke, die das Militär ausgibt.

Doch die wenigen Rationen reichen bei Weitem nicht aus für die vielen Opfer des Wirbelsturms, die alles verloren haben und verzweifelt auf Hilfe warten. Manche haben ihre Gesichter mit Tüchern verhüllt, andere halten sich die bloßen Hände davor. In der Luft hängt der stechende Geruch verwesender Körper, wie Reporter und Rettungskräfte berichten.

Viele Menschen sind traumatisiert, sie suchen inmitten der Zerstörung nach ihren Angehörigen und Freunden. „Ich habe meinem Mann nur noch zurufen können, dass er unser Baby in Sicherheit bringen soll“, weint eine Frau. Eine andere junge Bewohnerin schildert, wie sie fast ihre gesamte Familie durch den Sturm verloren hat.

„Wir haben Hunger und Durst“

Es fehlt den Menschen an allem: An Nahrung, Trinkwasser, sauberer, trockener Kleidung und Medikamenten. Sie haben nicht nur ihre Häuser, sondern oftmals auch ihr ganzes Hab und Gut verloren. Die UN-Hilfswerke schätzen, dass insgesamt fast zehn Millionen Menschen in dem südostasiatischen Inselstaat von dem Sturm betroffen sind. Manche können die Tränen nicht zurückhalten: „Wir haben Hunger und Durst“, sagen sie. „Wer immer etwas Essen und Wasser übrig hat, der möge uns bitte helfen.“

Einige Menschen fanden Zuflucht in einer katholischen Kirche in Tacloban. An den Kirchenfenstern hängt Kleidung zum Trocknen, zwischen den Bänken des Gotteshauses stapeln sich ein paar Habseligkeiten. Andere versuchen, die Stadt zu verlassen, doch auf dem Flughafen der 220.000-Einwohner-Stadt herrscht – wie überall – Chaos.

Der Airport dient als Kommandozentrum für das philippinische Militär und als vorübergehende Leichenhalle. Inmitten der Trümmer haben Helfer in der Nähe auch eine provisorische Krankenstation errichtet: Verletzte weinen vor Schmerz. Weil es am Notwendigsten fehlt, müssen viele ohne Betäubung und Antibiotika behandelt werden, berichten Augenzeugen.

Ein kleiner Lichtblick

Nur für sehr wenige gibt es am Montag zwischen Kommandozentrale und Leichenhalle einen Lichtblick: Die Medien überschlagen sich mit Berichten über Emily Ortega Sagales, die inmitten des vom Sturm verwüsteten Flughafens ein Baby zur Welt brachte. Die Anwesenden applaudieren, Sanitäter der Armee hatten der 21-jährigen Mutter assistiert.

In einem zerstörten Gebäude des Flughafens hat Emily Ortega Sagalis das Mädchen zur Welt gebracht. „Sie ist so wunderschön, ich werde sie Bea Joy nennen, im Gedenken an meine vermisste Mutter“, sagt die 21-Jährige, während ihr Mann Jobert das Baby in den Armen hält. „Sie ist mein Wunder. Ich dachte, ich würde noch mit ihr im Bauch sterben“, sagt die Mutter.

Die glückliche Geburt erscheint tatsächlich wie ein Wunder: Eine Flutwelle packte am Freitag das Haus der Familie in San José nahe der Provinzhauptstadt Tacloban. Die ganze Familie wurde fortgespült. Das Dorf wurde zu einem Trümmerfriedhof. Es sei Gottes Wille gewesen, dass er seine Frau am Montag lebend in den Fluten wiedergefunden habe, sagt Jobert.

Emely und Jobert sitzen inmitten der Trümmer, als die Wehen einsetzen. „Wir mussten mehrere Kilometer zu Fuß laufen, bevor uns ein Lastwagenfahrer mitnahm“, sagt Jobert. Der Lkw bringt die Hochschwangere nach Tacloban und setzt sie vor dem Notkrankenhaus am Flughafen ab. Die Fruchtblase sei zu dem Zeitpunkt schon geplatzt gewesen, sagt der junge Militärarzt Victoriano Sambale, der zum Geburtshelfer wurde. Aber alles sei noch gut verlaufen. „Dem Kind geht es gut.“

Der Arzt macht sich jetzt große Sorgen um die Mutter. Sie hatte eine Blutung, und das Infektionsrisiko sei sehr hoch, sagt Sambale. „Leider haben wir seit gestern keine Antibiotika mehr.“

Viele Katastrophenregionen noch immer abgeschnitten

Zwar ist die internationale Hilfe angelaufen. Doch weil Teile der Katastrophenregionen immer noch von der Außenwelt abgeschnitten sind, konnten viele Überlebende noch nicht erreicht werden. Berichte kursieren, wonach Menschen bereits Supermärkte und Tankstellen geplündert und Geldautomaten geknackt haben – aus purer Verzweiflung.

Aus der Luft zeigt sich das Bild der zerstörerischen Wucht noch viel deutlicher: Ganze Ortschaften sind dem Erdboden gleichgemacht worden. Teile der Krisenregion sind eine Trümmerlandschaft, aus der nur einige wenige Häuserwände und kahle Bäume herausragen.

Der Taifun war so stark, dass er Schiffe ins Landesinnere schleuderte. Mitarbeiter der UN und anderer Hilfsorganisationen vergleichen das Ausmaß der Verwüstung durch „Haiyan“ mit den Folgen der Tsunami-Katastrophe von Ende 2004 im Indischen Ozean. Damals starben mehr als 230.000 Menschen, vor allem in Indonesien.

Folgende Hilfsorganisationen haben Spendenkonten eingerichtet:

Aktion „Deutschland Hilft“: Konto 10 20 30, Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 370 205 00, Stichwort: „Taifun Haiyan“, oder unter www.aktion-deutschland-hilft.de

Unicef: Konto 300 000; Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 370 205 00, Stichwort „Taifun“

Kindernothilfe: Konto 45 45 40, Bank für Kirche und Diakonie eG – KD Bank, BLZ 350 601 90, Stichwort: „Z57482, Soforthilfe Philippinen“

Caritas international: Konto 202, Bank für Sozialwirtschaft Karlsruhe, BLZ 660 205 00, Stichwort: „Nothilfe Taifun“ oder unter www.caritas-international.de

Diakonie Katastrophenhilfe: Konto 502 502, Ev. Darlehensgenossenschaft. BLZ 210 602 37, Stichwort: „Philippinen“

Johanniter-Unfall-Hilfe e.V.: Konto 8888, Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 370 205 00, Stichwort: „Taifun Haiyan“, oder unter www.johanniter-helfen.de

Deutsches Rotes Kreuz (DRK): Konto 414141, Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 370 205 00 , oder unter http://www.drk.de/index.php?id=5282&vwz=1000

Malteser Hilfsdienst e. V.: Konto 120 120 001 2, Pax-Bank, BLZ 370 601 20, Stichwort: „Taifun“, oder unter www.malteser-spenden.de

I.S.A.R. Germany: Konto 118 25 00, Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 370 205 00, oder unter http://www.isar-germany.de/spenden/formular-1

Medico International: Konto 1800, Frankfurter Sparkasse, BLZ 500 502 01, Stichwort: „Philippinen“

„Help – Hilfe zur Selbsthilfe“: Konto 2 4000 3000, Commerzbank Bonn, BLZ 370 800 40, Stichwort: „Taifun Haiyan“, oder unter www.help-ev.de