Nach dem verheerenden Taifun herrschen auf den Philippinen Not und Verzweiflung. Menschen plündern bereits Geschäfte. Die Hilfswelle läuft nur schleppend an, weil alles zerstört ist.

Nach dem Taifun „Haiyan“ mit mehr als 10.000 Toten regiert im Katastrophengebiet der Philippinen das Chaos. Überlebende suchten am Sonntag verzweifelt nach Angehörigen und Nahrung. Rettungsteams konnten auch zwei Tage nach einem der schwersten Stürme aller Zeiten längst nicht in alle betroffenen Regionen vordringen. Augenzeugen berichteten von Plünderungen, das Rote Kreuz von Überfällen auf Hilfskonvois. Die Polizei schickte Verstärkung. Allein in der Provinz Leyte gehen die Behörden von 10.000 Toten aus. Hohe Wellen hätten ganze Küstenorte weggeschwemmt, teilte die Polizei mit. Die meisten Opfer ertranken in den Wassermassen, die sich mit zahlreichen Trümmerteilen einem Tsunami gleich den Weg ins Landesinnere bahnten. Internationale Hilfe lief an, Caritas und Unicef riefen zu Spenden auf. Deutschland stellte zunächst 500.000 Euro als Soforthilfe zur Verfügung, wie Außenminister Guido Westerwelle sagte. Papst Franziskus betete für die Opfer des Sturms und kündigte Unterstützung für die Menschen in dem mehrheitlich katholischen Land an. Die USA schickten Soldaten, die bei der Suche nach Vermissten und bei Rettungsaktionen helfen sollen.

„Es ist wie der Weltuntergang“, sagte eine Geschäftsreisende aus China, die in der am stärksten betroffenen Küstenstadt Tacloban drei Stunden lang durch Schlamm und Trümmer zu einer Rettungsstation des Militärs am ebenfalls zerstörten Flughafen watete. Augenzeugen zufolge lagen Hunderte Leichen in den Straßen und unter eingestürzten Häusern der Provinzhauptstadt. Auf Fernsehbildern waren Kinder zu sehen, die sich auf Hausdächern festklammerten. Umgeknickte Strommasten und Bäume blockierten die Straßen. Helfer konnten die Überlebenden daher nur schwer mit Lebensmitteln versorgen.

Der Super-Taifun habe auf seinem Weg durch die Provinz Leyte eine Schneise fast völliger Zerstörung geschlagen, sagte der regionale Polizeipräsident Elmer Soria. Innenminister Manuel Roxas machte sich aus dem Hubschrauber ein Bild von dem Ausmaß der Katastrophe. „Mir fehlen die Worte, es ist schrecklich“, sagte er. „Von der Küste bis zu einem Kilometer ins Landesinnere steht so gut wie nichts mehr. Es ist wie nach einem Tsunami.“ So ordnete auch Sebastian Rhodes Stampa, Uno-Chefkoordinator für Katastropheneinsätze, die Schäden ein: „Etwas von einer solchen Größenordnung habe ich das letzte Mal nach dem Tsunami im Indischen Ozean gesehen.“ Ein Mitarbeiter des Flughafens von Tacloban berichtete von Zuständen wie bei einer der Riesenwellen. „Ich habe mich ungefähr eine Stunde lang an einen Pfahl geklammert, während der Sturm Regen und Meerwasser durch den Flughafen gepeitscht hat.“ Einige seiner Angestellten hätten auf Bäumen ausgeharrt. „Ich habe die ganze Zeit gebetet, bis das Wasser zurückgewichen ist.“ Für die Überlebenden baten inzwischen zahlreiche Menschen auch im Internet um Unterstützung. Zudem warnten internationale Hilfsorganisationen, dass die Philippinen nach einem schweren Erdbeben im Oktober kaum aus eigener Kraft genügend Hilfsgüter aufbringen können. Die zahllosen Obdachlosen bräuchten Nahrungsmittel, Trinkwasser und Zelte, hieß es.

Aus Deutschland schickten die Hilfsorganisationen World Vision und ISAR ein Transportflugzeug mit 25 Tonnen Hilfsgütern in das Katastrophengebiet – darunter 5400 Decken und 3000 Planen für Notunterkünfte. Die Hilfe kam zustande, weil die Lufthansa Platz im Frachtraum einer nach Manila fliegenden Maschine zur Verfügung stellte. Die Caritas lieferte nach eigenen Angaben Zeltplanen sowie Tabletten zur Wasseraufbereitung und stellte für die erste Nothilfe 100.000 Euro bereit. Damit die Hilfe ausgeweitet werden kann, ruft die Organisation ebenso wie Unicef zu Spenden auf. Das Uno-Kinderhilfswerk betonte dabei, mehr als 40 Prozent der von „Haiyan“ direkt Betroffenen seien Kinder.

Der Sturm war am Freitag mit Windstärken von mehr als 300 Kilometer pro Stunde über den Inselstaat hinweggefegt und ist damit einer der stärksten Taifune, die jemals auf Land trafen. Er trieb Hunderttausende Menschen in die Flucht, nachdem der philippinische Präsident Benigno Aquino die Bürger zum Verlassen der Gefahrengebiete aufgefordert hatte. Bundespräsident Joachim Gauck sprach Aquino sein Beileid aus.