Den Helfern im Katastrophengebiet des Taifuns „Haiyan“ zeigen sich Bilder des Grauens: Trümmerhaufen, so weit das Auge reicht. Nach den Philippinen zieht der Wirbelsturm in Richtung Vietnam.

Manila. Der Riesen-Taifun „Haiyan“ hat auf den Philippinen Chaos und Tod hinterlassen und mit seinen Verwüstungen Erinnerungen an den verheerenden Tsunami von 2004 geweckt. Ein UN-Mitarbeiter berichtete am Sonnabend aus der schwer verwüsteten Stadt Tacloban in den Zentralphilippinen: „Das letzte Mal, dass ich Zerstörung in diesem Ausmaß gesehen habe, war nach dem Tsunami im Indischen Ozean.“ 80 Prozent der Hafenstadt seien wahrscheinlich zerstört, schätzten Helfer des Roten Kreuzes.

Das Rote Kreuz befürchtet nach dem Taifun auf den Philippinen mehr als 1000 Todesopfer. Das sagte der Chef der Hilfsorganisation, Richard Gordon am Sonnabend. Niemand habe aber bislang die Leichen gezählt, betonte er. Es handele sich um Schätzungen von Mitarbeitern vor Ort. „Es sind jede Menge Leichen, wir haben keine Zeit, sie zu zählen“, sagte Gordon. „Wir kümmern uns um die Toten, wir wollen sicherstellen, dass sie schnell geborgen werden.“

Die Behörde für Katastrophenschutz meldete am Sonnabend offiziell 138 Todesopfer. Der Sprecher räumte ein, dass die Zahl weitaus höher liegen dürfte. Fotografen und Helfer berichteten aus dem Krisengebiet, dass überall Leichen auf den Straßen liegen. Das Gesundheitsministerium hält nach Angaben eines Staatssekretärs schon Ausschau nach einem Standort für Massengräber.

Auch gut 600 Kilometer weiter westlich in Coron auf der Insel Busuanga war die Zerstörung immens. Das Bürgermeisteramt veröffentlichte Fotos, auf denen ganze Straßenzüge in Schutt und Asche zu sehen waren. Der Taifun gehörte zu den gewaltigsten, die je Land erreicht haben. Er wirbelte mit Spitzengeschwindigkeiten von 300 Kilometern in der Stunde. 800 000 Menschen waren geflüchtet. Betroffen waren aber nach Schätzungen bis zu vier Millionen Bewohner.

Sebastian Rhodes Stampa erreichte mit seinem Team der Vereinten Nationen die 220 000-Einwohner-Hafenstadt Tacloban und berichtete an die Zentrale: „Die Verwüstung hat gewaltige Ausmaße. Autos liegen überall verstreut, und die Straßen sind voller Schutt und Trümmer.“ Tacloban liegt an einer Bucht auf der Insel Leyte, genau in der Region, über die das Auge des Taifuns zog. Meterhohe Sturmfluten überschwemmten dort Straßen, berichteten Hilfsorganisationen.

Fotos zeigen Bilder des Grauens: Trümmerfelder, so weit das Auge reicht. Ein kleiner Junge steht verloren zwischen den Familienhabseligkeiten, das Haus im Hintergrund ist zerstört. Ein Mann sucht zwischen den halb fortgerissenen Wänden seiner Bleibe alles, was noch zu retten ist. Unter freiem Himmel steht die noch in der Wand verankerte Toilette. Verletzte humpeln barfuß zwischen den Trümmerbergen herum. Kahle Baumstämme ragen grotesk verbogen in den Himmel. Riesige Äste versperren die Straßen.

Auch der Bürgermeister von Coron veröffentlichte erschreckende Fotos: Zu sehen sind zerstörte Straßenzüge und Markthallen sowie Anwohner, die Leichen mit Schubkarren bergen. Andere schleppen zu sechst eine Tür, auf der ein Toter notdürftig mit einer großen Reklame-Plastikplane abgedeckt ist.

„Es gab in der Region massive Schäden, es steht fast kein Haus mehr“, sagte der Sprecher der Behörde für Katastrophenschutz, Reynaldo Balido. Einen Überblick über das gesamte Ausmaß hatte er auch mehr als 24 Stunden nach der Katastrophe noch nicht. Selbst Satellitentelefone funktionierten nur sporadisch. Wie die Lage auf abgelegenen Inseln war, wusste niemand. Nach Tacloban hat die Armee eine Luftbrücke eingerichtet. Auf dem halbzerstörten Flughafen durften nur Armeetransportmaschinen landen.

Taifun „Haiyan“ zog am Samstag über das Südchinesische Meer weiter Richtung Vietnam. 450 000 Soldaten seien in Alarmbereitschaft, berichtete die Lokalpresse. Rund eine halbe Million Menschen wurde aus Küstengebieten in Sicherheit gebracht. Der Taifun sollte am Sonntag das Land erreichen.