Die Scheidung des erkrankten Rudi Assauer ist rechtskräftig, Millionen schalten die ergreifende Sendung „Hart aber fair“ ein. Warum Alzheimer alle angeht.

Hamburg. Der Industriellen-Erbe und Playboy Gunter Sachs soll sich aus Angst vor Alzheimer erschossen haben. Der frühere Manager von Schalke 04, Rudi Assauer, dämmert mit einer schweren Demenzerkrankung vor sich hin. „Es geht bergab“, sagt sein langjähriger Freund, der Sport-Moderator Werner Hansch. Das sind – neben dem jüngst verstorbenen Genius Walter Jens und dem Hamburger Olympiasieger Dieter Kottysch – nur die prominenten Fälle. In Wahrheit ist Alzheimer in mindestens jedem dritten deutschen Haushalt ein Thema. So viele Bürger haben in ihrer unmittelbaren Umgebung einen Fall eines erkrankten Menschen.

Der Film „Stiller Abschied“ in der ARD zeigte die Geschäftsfrau Charlotte Brüggemann (wie immer grandios: Christiane Hörbiger), die erste Anzeichen einer Demenz zeigt. Der Autor Thorsten Näter und der Regisseur Florian Baxmeyer zeigen den langsamen geistigen und körperlichen Zerfall einer Powerfrau.

So ist es kein Wunder, dass die Deutschen Angst vor Demenz, vor Hilflosigkeit haben. Aber: Sie bringen Demenzkranken deshalb Sympathie und Hilfsbereitschaft entgegen. Nach einer repräsentativen Umfrage für die Barmer GEK und die Bertelsmann Stiftung empfinden fast drei von vier Befragten (74 Prozent) den Gedanken an eine eigene Demenzerkrankung als bedrohlich, und sogar 97 Prozent schätzen das Zusammenleben mit einem Erkrankten als außerordentliche Belastung ein. Trotzdem haben knapp 84 Prozent das Bedürfnis zu helfen. Den Angaben zufolge haben derzeit etwa 1,5 Millionen Menschen in der Bundesrepublik eine Demenzdiagnose.

Laut Umfrage hatten knapp die Hälfte der Befragten (45 Prozent) schon einmal Kontakt zu Dementen. Aus dieser Gruppe war etwa jeder Vierte (27 Prozent) in der Vergangenheit oder zum Befragungszeitpunkt persönlich in die Betreuung eines Demenzkranken eingebunden.

Vor diesem Hintergrund kann man verstehen, dass die Sendung „Hart aber fair“ mit Moderator Frank Plasberg am Montagabend mal wieder die bestgesehene war. Plasberg beschäftigte sich mit Alzheimer – und schlug im Quoten-Duell den sonst als Tagessieger gefeierten Kollegen Günther Jauch mit „Wer wird Millionär“.

5,27 Millionen Menschen (21,3 Prozent Marktanteil) sahen und hörten zu, wie Werner Hansch über Rudi Assauer sprach, wie die Kabarettistin Lisa Fitz von ihrer kranken Mutter erzählte, dass der Demenz-Spezialist Dr. Oliver Peters von der Berliner Charité erläuterte: „Wir können Alzheimer bislang zwar noch nicht heilen. Doch wir können den Verlauf erträglicher machen. So können wir den Menschen zumindest ein bisschen die Angst nehmen.“

Ein Alzheimer-Patient kann auch dann geschieden werden, wenn er seinen Willen nicht mehr selbst vor Gericht bestätigen kann. Das hat das Oberlandesgericht Hamm am Fall von Rudi Assauer entschieden. Das Gericht stellte sich mit einem Beschluss (Az.: 3 UF 43/13) hinter die erstinstanzliche Entscheidung. Assauers Anwalt bestätigte, dass es sich bei dem Verfahren um die Scheidung des ehemaligen Fußball-Managers handelte.

Assauer hatte 2011 eine rund 20 Jahre jüngere Frau geheiratet. Nach nur acht Monaten trennte sich das Paar Ende des Jahres wieder. Im Jahr 2012 reichte eine inzwischen bestellte Betreuerin einen Scheidungsantrag ein, dem die Ehefrau widersprach. Ihre Begründung: Der Ehemann wolle weiter an der Ehe festhalten.

Das sah das OLG in Hamm anders. Vor dem Amtsgericht und bestätigt durch eine ärztliche Einschätzung habe Assauer trotz seiner eingeschränkten Gesundheit seinen Willen zur Trennung und Scheidung klar geäußert. Dass er später zum Abschluss des Verfahrens keinen Scheidungswillen mehr mitteilen konnte, habe keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Scheidung.

Der Familiensenat des OLG zeigte sich davon überzeugt, dass die Ehe gescheitert sei. Aus Sicht des Antragstellers sei die Ehe zerrüttet, eine Wiederaufnahme nicht zu erwarten. Assauer hatte seine Alzheimer-Erkrankung im Frühjahr 2012 öffentlich gemacht und war mehrmals im Fernsehen aufgetreten, um über die Krankheit zu berichten. Sein Bruder litt ebenfalls an der Krankheit und verstarb.