Im Herbst 2012 wurde der 20-jährige Jonny K. in Berlin ohne Anlass zu Tode geprügelt. Nun hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen vier Verdächtige erhoben. Allerdings nicht wegen Mord oder Totschlag.

Knapp fünf Monate nach dem tödlichen Angriff auf den 20-jährigen Jonny K. am Alexanderplatz in Berlin hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen vier Tatverdächtige erhoben.

Den jungen Männern im Alter zwischen 19 und 21 Jahren wird gefährliche Körperverletzung und zwei von ihnen Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen, wie die Staatsanwaltschaft Berlin mitteilte. Eine Anklage wegen Mordes oder Totschlags sei nicht gegeben, da sich ein Tötungsvorsatz nicht bestätigt habe.

Im Falle einer Verurteilung droht den Angeklagten eine Haftstrafe von maximal zehn, beziehungsweise 15 Jahren – je nachdem, ob Jugendstrafrecht angewandt wird oder nicht.

Der 20-jährige Jonny K. war Mitte Oktober von vermutlich sechs jungen Männern ohne Anlass zu Tode geprügelt und getreten worden. Der mutmaßliche Haupttäter war in die Türkei geflüchtet. Auch ein sechster Verdächtiger ist noch auf der Flucht. Die Gewalttat hatte bundesweit Schlagzeilen gemacht.

"Was soll das?"

Ausgerechnet seine Hilfsbereitschaft hatte den 20-Jährigen offenbar das Leben gekostet. In der Tatnacht wollte Jonny K. einem betrunkenen Freund zu Hilfe eilen, der auf einem Stuhl an der Rathausstraße gesessen hatte und von den Unbekannten heruntergestoßen worden war.

Jonny mischte sich ein. "Was soll das?", soll er gefragt haben. Dann fiel die Meute über ihn her, trat immer wieder gegen seinen Kopf, bevor sie in der Nacht verschwand.

Der mutmaßliche 19-jährige Haupttäter Onur U. war in die Türkei geflüchtet. Auch ein weiterer Verdächtiger, Bilal K., ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft noch auf der Flucht in der Türkei. Beide werden mit internationalen Haftbefehlen gesucht. Drei der jetzt Angeklagten sitzen in Untersuchungshaft, einer ist auf freiem Fuß, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner.

Die Ermittlungen haben ergeben, dass zwei der vier angeklagten Tatverdächtigen – Osman A. und Melih Y. – auf das Opfer bis zur Bewusstlosigkeit eingeschlagen und eingetreten hatten. Als sich ein Begleiter des getöteten Johnny K. einmischte, schlugen die beiden anderen Angeklagten, Hüseyin I. und Memet E., auf diesen ein.

„Komplizierte Geschichte“

Die türkische Justiz stellte im Februar ein sogenanntes Rechtshilfeersuchen, um die deutschen Ermittlungsunterlagen zu dem geflüchteten 19-Jährigen Onur U. einzusehen. Die türkische Justiz argumentiert, dass der Mann die türkische Staatsbürgerschaft hat.

„Onur U. ist Türke. Eine Auslieferung nach Deutschland steht damit außer Frage“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Die deutsche Justiz prüfe derzeit noch, ob sie dem Rechtshilfeersuchen nachkommt. Denkbar wäre es, dass die türkischen Behörden Onur U. festnehmen, dies sei allerdings noch nicht geschehen.

Die Berliner Justiz versuche seit Monaten alles, um den Hauptverdächtigen Onur U. zurückzuholen. „Das Ganze ist eine komplizierte Geschichte“, sagte Steltner.

Bei einer Verurteilung in der Türkei könnte dem Mann eine höhere Strafe drohen als in Deutschland, auch weil dort das Jugendstrafrecht nicht angewendet wird.

Jonny K. war am frühen Morgen des 14. Oktober von den sechs jungen Männern so brutal zusammengeschlagen worden, dass er einen Tag später an Gehirnblutungen starb.