Anwalt Maximilian Kaiser verließ nach einem verbalen Schlagabtausch mit dem Richter den Raum. Zuvor beschwerte er sich über ständige Schikane.

München. Der Verteidiger des Angeklagten hat im Prozess um die tödlichen Schüsse auf einen Staatsanwalt im Amtsgericht Dachau einen Eklat ausgelöst. Kaiser erklärte am Mittwoch vor dem Landgericht München, er wolle sein Mandat „ruhen lassen“ und den Todesschützen Rudolf U. nicht mehr verteidigen. Der Vorsitzende Richter Martin Rieder wies ihn darauf hin, dass es nur möglich sei, das Mandat niederzulegen, nicht aber ruhen zu lassen. Ein heftiges Wortgefecht zwischen Kaiser und Rieder folgte, woraufhin der Anwalt schließlich wütend den Gerichtssaal verließ.

Kaiser warf den Richtern, die seine Vorgehensweise vor Gericht bereits mehrfach kritisiert hatten, „Wortklauberei“, „Diffamierung“ und „Schikane“ vor, die er „ständig zu erdulden“ habe, „weil alle im Saal gegen mich sind“. Er hielt den Richtern vor, die Motivlage des Angeklagten nicht gründlich genug zu prüfen. In einem mehrseitigen Antrag hatte der Verteidiger dem Gericht bereits Fehlverhalten vorgeworfen.

Rieder rügte Kaisers „Geltungsdrang“ und entgegnete, er habe in seiner Zeit als Richter schwierige Anwälte gehabt, „aber so was habe ich in meiner ganzen Laufbahn nicht erlebt. Alles, was Sie hier sagen, ist doch nur noch peinlich“. Durch Kaisers „Pamphlet“ fühle er sich „persönlich beleidigt“ und werde dies an die Staatsanwaltschaft weiterleiten, sagte Rieder zu Kaisers Antrag. Rieder entzog Kaiser schließlich das Wort, woraufhin dieser seine Robe ablegte und den Saal verließ.

U. ist des Mordes sowie des dreifachen Mordversuchs angeklagt. Der Transportunternehmer hatte sich im Januar vor dem Dachauer Amtsgericht wegen nicht bezahlter Sozialversicherungsbeiträge verantworten müssen. Bei der Urteilsverkündung zog er eine Pistole, feuerte um sich und traf den 31-jährigen Staatsanwalt Tilman T. tödlich.

Als U. am Mittwoch zwischenzeitlich seinen Anwalt verteidigen wollte und von seinem Krankenbett aus androhte, „sonst fahre ich heim“, entgegnete Rieder verärgert: „Sie fahren nicht heim, Sie bleiben da. So weit kommt’s noch, dass wir hier Kasperletheater spielen.“

Ob Kaiser das Mandat für U. nun weiterhin ausübt oder formell niedergelegt hat, ist nach Aussage eines Gerichtssprechers juristisch „unklar“ geblieben. Kaiser müsse für die Ausübung des Mandats nicht vor Gericht anwesend sein. Kaiser hatte angekündigt, U. weiterhin „rechtlich zur Verfügung“ zu stehen.

Zuvor hatte Gutachter Malte Ludwig den Angeklagten mit notärztlicher Begleitung für eingeschränkt verhandlungsfähig erklärt. U. soll Ludwigs Empfehlung zufolge an den kommenden Verhandlungstagen täglich von 9.30 Uhr bis 15.30 Uhr vor Gericht erscheinen und dort inklusive Mittagspause im 45-Minuten-Rhythmus mit jeweils einer viertelstündigen Pause an der Verhandlung teilnehmen. Der Angeklagte lehne weiterhin die Einnahme von Blutgerinnungsmedikamenten ab, seine Laborwerte hätten sich jedoch verbessert und er habe auch nach eigener Aussage weniger Schmerzen, sagte Ludwig.

Der Prozess war wegen der Erkrankung des Angeklagten von Ende Oktober auf Anfang November verschoben worden. Der diabeteskranke Transportunternehmer hatte sich noch vor gut zwei Wochen einer zweiten Beinamputation unterziehen müssen. Am Dienstag hatte die Strafkammer das persönliche Erscheinen des überraschend für verhandlungsfähig erklärten Angeklagten angeordnet.