Fünf Geschwister der entführten und getöteten Kurdin Arzu Ö. sind bereits verurteilt. Jetzt sollen sich auch die Eltern vor Gericht verantworten.

Detmold. Elf Monate nach der Ermordung der Kurdin Arzu Ö. aus Detmold hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen die Eltern der 18-Jährigen erhoben. Der 52 Jahre alte Vater soll sich nach dem Willen der Ermittlungsbehörde wegen Anstiftung zum Mord und Beihilfe zur Geiselnahme verantworten. Die Mutter soll ihrer Tochter nicht geholfen haben, als der Vater und ein Bruder Arzu verprügelten und einsperrten, hieß es in der Mitteilung vom Freitag. Das Schwurgericht muss nun entscheiden, ob die Anklage zugelassen wird.

Am 16. Mai hatte das Landgericht fünf Geschwister Arzus verurteilt. Der damals 22 Jahre alte Bruder Osman wurde wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Er hatte die tödlichen Schüsse auf den Kopf seiner Schwester gestanden. Gegen die Geschwister Sirin (27) und Kirer (25) verhängte das Gericht Haftstrafen von zehn Jahren wegen Geiselnahme sowie Beihilfe zum Mord, gegen die Brüder Elvis (21) und Kemal (24) wegen Geiselnahme fünfeinhalb Jahre (Az.: 4 Ks 31 Js 1086/11-10/12). Das Verfahren gegen die Eltern wurde abgetrennt. Der Vater hatte eine Beteiligung an dem Mord öffentlich abgestritten.

Die Geschwister hatten Arzu im November 2011 aus der Wohnung ihres Freundes in Detmold entführt. Erst Mitte Januar wurde die Leiche am Rand eines Golfplatzes bei Großensee in Schleswig-Holstein gefunden. Die Urteile gegen Sirin, Kemal und Elvis sind rechtskräftig. Die Schwester ist in Haft, die Brüder müssen ihre Strafen im Oktober antreten. Kirer und Osman haben Revision beantragt und sitzen in Untersuchungshaft.

Hintergrund des Streits war nach Ansicht des Gerichts das Verhältnis Arzus zu dem Deutschen. „Das wollte die Familie aber nicht dulden“, hieß es im Urteil. Die Menschen, die hier lebten, müssten sich aber nach den herrschenden Wertvorstellungen richten, nicht nach denen ihres Herkunftlandes, stellten die Richter klar.

Die Familie gehört zur Glaubensrichtung der Jesiden. Jesiden dürfen streng genommen keine Beziehungen außerhalb der Glaubensgemeinschaft haben. Arzu war mehrmals von der Familie, besonders von Osman, verprügelt worden. Daraufhin war sie im September 2011 ins Frauenhaus geflohen und hatte Bruder und Vater angezeigt. Richter Michael Reineke hatte damals im Urteil gesagt: „Das war fast schon ihr Todesurteil.“

Neben der Anstiftung zum Mord und Beihilfe zur Geiselnahme wird auch eine Tat vom 27. August 2011 angeklagt. Damals soll der Vater Arzus Handy kontrolliert und dabei Anhaltspunkte für die Liebesbeziehung gefunden haben. Dann habe er seine Tochter geschlagen und mit Stockhieben zur Herausgabe ihrer Internetzugangsdaten gezwungen. Beiden Eltern wird zudem vorgeworfen, ihre Tochter anschließend eingesperrt und gezwungen zu haben, ihre Arbeitsstelle in einer Bäckerei aufzugeben. Das sei Nötigung.