Der Mordprozess um Arzu Ö. zeigt: Die Familie der Kurdin war beliebt, die Kinder als gut erzogen bekannt. Nachbarn und Kollegen sind erschüttert.

Detmold. Im Mordprozess gegen fünf Geschwister der entführten und getöteten Kurdin Arzu Ö. aus Detmold haben Zeugen die Familie als umgänglich, freundlich und gut integriert geschildert. Nie hätte man gedacht, dass die Familie zu so einer Tat fähig sein könnte, hieß es am zweiten Verhandlungstag vor dem Landgericht.

Eine Schwester und vier Brüder des 18 Jahre alten Opfers sind wegen Geiselnahme angeklagt. Drei von ihnen wirft die Anklage Mord vor. Das Trio hatte die Entführung vom November 2011 am ersten Prozesstag gestanden. Der 22 Jahre alte Osman räumte die tödlichen Schüsse ein. Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass die Familie jesidischen Glaubens die Beziehung von Arzu Ö. zu einem andersgläubigen deutschen Bäckergesellen nicht hinnehmen wollte.

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Die Bäckerfamilie, bei der Arzu und andere Familienmitglieder seit Jahren gejobbt hatten, sprach vor Gericht von einem sehr guten und unproblematischen Verhältnis. „Wir hatten sehr guten Kontakt, kannten uns seit 15 Jahren. Die Kinder waren für mich wie Nichten und Neffen“, sagte die Bäckersfrau. „Wir haben Freud und Leid geteilt, zusammen gefeiert.“ Ihr Mann zeigte sich erschüttert: „Ich wollte nicht wahrhaben, dass man so brutal zu seinem Kind sein könnte.“

Freunde, Bekannte und Arbeitskollegen sprachen positiv über die Geschwister. Zwei Freundinnen beschrieben die angeklagte Sirin (27) als intelligent, fleißig und höflich. „Sie liebt und respektiert die Familie“, sagte eine Freundin aus. „Sie weiß, was gewünscht ist.“ Einmal habe sie Arzu als „Schlampe“ bezeichnet. Kollegen sagten aus, die Brüder seien sympathisch und beliebt gewesen.

Die Geschwister hatten Arzu am 1. November 2011 aus der Wohnung ihres Freundes entführt. Die Familie habe aber telefonisch verboten, Arzu nach Hause zu bringen. Ein Onkel in Hamburg, zu dem die Geschwister Arzu bringen wollten, war nicht zu Hause. Die Irrfahrt ging weiter Richtung Lübeck. In einem Waldstück wurde Arzu schließlich erschossen.

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Die Anklage griff das Trio am Montag scharf an. Es dränge sich der Eindruck auf, dass die Geschwister nach der Entführung nicht mehr gewusst hätten, was sie mit Arzu machen sollten und sich darum der Schwester entledigen wollten. Das wies die angeklagte Sirin zurück.

Die Rechtsmediziner beschrieben, wie zwei aufgesetzte Schüsse an der linken Schläfe Arzus Tod verursachten. Die Schusskanäle seien nahezu parallel gewesen, sagte ein Gutachter aus Münster. Wahrscheinlich habe sich Arzu Ö. nicht bewegen können. Die Verhandlung wird an diesem Mittwoch fortgesetzt.