Das Society-Ereignis soll zu altem Glanz zurückkehren. Deshalb sind Hut und bedeckte Schultern für die Damen sowie Frack und Zylinder für die Männer Pflicht.

London. "Also nein, das ist aber gar nicht akzeptabel", zischten die beiden Ladys aus der königlichen Loge unter ihren breiten pastellfarbenen Hutkrempen. "Einfach falsch. So gar nicht Ascot." Eine hatte das Wort "Baronin" auf ihrem Namensschild, die andere war mit Lkw-Ladungen von Perlen behängt - also fühlten sich beide mehr als qualifiziert, über das Mädchen im Lycra-Minidress zu lästern. "Letztes Jahr lagen fürchterlich viele junge Damen betrunken auf dem Rasen herum und haben sich vor den vorbeifahrenden Stretch-Limos entblößt. Ich hoffe doch sehr, dass es dieses Jahr kultivierter zugeht."

Das hoffen auch die Organisatoren des alljährlichen Gesellschafts-Ereignisses der Briten, Royal Ascot. Seit eh und je geht es dort mehr ums Sehen und Gesehenwerden sowie um ausgefallene Hüte als um Pferde. Nachdem sich im vergangenen Jahr in Sachen Mode eine allzu laxe Einstellung eingeschlichen hatte, ist dieses Jahr eine strikte Kleiderordnung eingeführt worden.

In allen Einladungen für die königliche Loge wurde darauf hingewiesen, dass "formal dress" Pflicht sei. "Für die Damen ist nur formelle Tageskleidung mit Hut oder einem Kopfschmuck von Substanz akzeptabel", wird gemahnt. "Schulterfreie Tops, Spaghettiträger und/oder Miniröcke sind nicht erwünscht. Taillen müssen verdeckt sein und Hosenanzüge lang und farblich abgestimmt." Sogar für die Unterwäsche gibt es Regeln. "Unterhosen: ein definitives Ja - aber Ladys, nicht auf dem Präsentierteller!"

Für Männer ist die Angelegenheit weitaus simpler: Frack mit Weste und Zylinder sind Pflicht. Am Eingang zur Royal Enclosure (Eintritt nur auf Einladung plus rund 100 Euro pro Tag) wurden Rennbesucher von der "Modepolizei" inspiziert. "Wir sind hier, um einen gewissen Standard zu wahren", sagt Steward Derek Shergold. "Übeltäter werden höflich auf den Dresscode hingewiesen. Selbst wenn ein Herr keine Weste trägt, muss ich 'sorry' sagen." Glücklicherweise habe es keine Wiederholung des vergangenen Jahres gegeben - "einer Frau waren beim Herunterbeugen die Brüste aus dem Kleid geschlüpft".

Einige verbotene Outfits (inklusive des Minidress-Mädchens) waren den Hütern des guten Geschmacks jedoch entgangen. "Oh nein, die hätte aber angehalten werden sollen", rügte Shergold sein Team und deutete auf eine Frau mit nackten Schultern. Aber es war zu spät: Sie war schon in einem Meer von Hüten verschwunden und folgte der Menge in Richtung Rennbahn. Anscheinend gab es dort Pferderennen oder so...

Und selbst eine echte Prinzessin hatte es gewagt, gegen die Kleiderordnung zu rebellieren: Der Rocksaum von Fergies Tochter Eugenie (18) war mindestens fünf Zentimeter höher als gestattet. Die anderen Royals waren ihren Untertanen jedoch ein gutes Vorbild: Zara Phillips (26) entzückte mit einem Schwarz-Weiß-Ensemble und kühnem Hut mit Riesen-Rose; die Queen (82, mit einem eher schlichten Hut), Sophie Wessex (42) und Camilla (60), die mit ihren Ehemännern Einzug in offenen Landauern hielten, hatten züchtige Outfits in zarten Pastelltönen gewählt. Dabei hätte die "Modepolizei" die Royals ohnehin nicht angehalten.