Vor fast zwei Jahren stürzte das Kölner Stadtarchiv ein, begrub zwei Menschen und wertvolle Dokumente unter Trümmern. Die Bergung ist fast geschafft.

Köln. Knapp zwei Jahre nach dem Archiveinsturz in Köln sieht sich die Stadt trotz bewältigter Bergungs- und Planungsarbeiten noch vor einer jahrzehntelangen Mammutaufgabe. Gut 90 Prozent der kostbaren Bestände wurden - in teilweise gutem, teilweise stark zerstörtem Zustand - geborgen. Zugleich habe man sich 2010 „erfolgreich der gewaltigen Aufgabe des Wiederaufbaus gestellt“, sagte Kulturdezernent Prof. Georg Quander am Dienstag. Die Restaurierung der Archivalien werde aber mindestens 30 bis 50 Jahre dauern. „Die Katastrophe des 3. März 2009 wird uns wohl immer begleiten.“

Damals war das Historische Stadtarchiv, eines der bedeutendsten in Europa mit 1000 Jahre alten Dokumenten, binnen Sekunden eingestürzt. Zwei Menschen starben. Archivdirektorin Bettina Schmidt-Czaia und Quander zogen mit Blick auf die bereits geleisteten Arbeiten aber auch eine positive Bilanz. „Wir sind jetzt bei 90 Prozent und hoffen auf die Bergung von 95 Prozent der Bestände. Bergung heißt allerdings nicht Rettung, dafür werden wir noch ganz viel tun müssen“, erklärte Schmidt-Czaia. Fünf Prozent gelten als komplett verloren.

Die Bestände waren zuerst aus den Gebäudetrümmern geborgen worden und ab Sommer 2009 mit großen Aufwand aus einem unterirdischen Krater. Am 4. Januar sollen Taucher dort im Grundwasser nach begrabenen Trümmern suchen, unter denen weitere Archivalien verborgen sein könnten. „Ende Januar wollen wir die Grube besenrein an die Staatsanwaltschaft für die weiteren Ermittlungen übergeben“, sagte Schmidt-Czaia.

Grund für das Unglück sind Pannen beim benachbarten U-Bahnbau . Die genaue Ursache wird von der Staatsanwaltschaft noch ermittelt, die dazu auch am Bergungsort zusätzliche Untersuchungen plant. Zumindest ist aber nach langen Untersuchungen nun klar, dass gestohlene Stahlbügel an der U-Bahn-Baustelle nicht Ursache für den Einsturz waren. Die Bügel waren in einer frühen Bauphase zur Stabilisierung benötigt worden, hatten aber ihre Funktion verloren, nachdem dicke Beton-Tunnelwände gegossen worden waren. „Eine Baugefährdung hat nach Feststellung der Gutachter nicht vorgelegen“, sagte Oberstaatsanwalt Günther Feld.

Derzeit lagern die Kölner Bestände in 19 Asylarchiven, wo bisher 14 Prozent der geborgenen Gütern erfasst wurden. Bis aber jedes einzelne Fundstück - es sind teilweise nur winzige Fragmente - erfasst sind, dauert es noch drei bis fünf Jahre, meinte Schmidt-Czaia. Das Archiv verfüge nun auch über zwei wichtige provisorische Standorte - einen in der Innenstadt, einen als Restaurierungs- und Digitalisierungszentrum am Rande der Stadt.

Quander sagte, man wolle bis 2015 ein neues Archivgebäude beziehen. In Kürze werde dazu europaweit ein Architekten-Wettbewerb ausgelobt. Die Entscheidung solle im Sommer 2011 fallen. Die Restaurierung wird nach Schätzungen mindestens 400 Millionen Euro kosten.

Im Zusammenhang mit dem Einsturz laufen auch noch zwei Gerichtsverfahren: Drei private Leihgeber hatten dem Archiv Dokumente überlassen, die beschädigt oder verloren sind und haben die Stadt auf Schadenersatz verklagt. Das Kölner Landgericht hatte die Klage in erster Instanz abgewiesen. Die Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht sind nun ausgesetzt, bis die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft vorliegen. Zudem verlangen vier Anwohner des Archivs, deren Häuser zerstört wurden oder abgerissen werden mussten, Schadenersatz. Sie haben die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) verklagt, die die U-Bahn bauen. Mitte Januar soll der Zivilprozess weiter gehen.