Auf den Tonbändern ist eine sehr nachdenkliche und verletzliche Marilyn Monroe zu hören, die von den schmerzlichsten Dingen ihres Lebens spricht.

Berlin. Im Jahr 2005 betrat ein alter Mann die Redaktionsräume der „Los Angeles Times“. Er stellte sich als John Miner vor und wollte einen Journalisten sprechen. Miner – er starb im vergangenen Jahr 92-jährig – hatte Tonbänder bei sich mit Aufnahmen von Marilyn Monroe. Diese hatte der blonde Hollywood-Star zwei Wochen vor seinem Tod dem behandelnden Psychiater Ralph Greenson überlassen - es sind Dokumente über das Seelenleben der Ikone Monroe.

Was der alte Miner, früher ermittelnder Staatsanwalt im Fall Monroe, der Redaktion überließ, war für die Nachwelt ungemein interessant. Die Monroe (1926-1962) redete sich den Frust von der Seele. In „Marilyns letzte Sitzung“ – Arte zeigt die Dokumentation mit szenischen Einspielungen an diesem Sonnabend um 20.15 Uhr – kommt auch die große Öffentlichkeit in den Genuss der letzten Gedanken eines unvergessenen Weltstars.

Ohne Schmerz zu zeigen, berichtet sie von den schmerzlichsten Dingen, kommentiert der Sprecher in Patrick Jeudys Film die Worte von Monroe. „Insgeheim hatte ich immer das Gefühl, dass ich eine Fälschung bin“, klagt sie kritisch und voller Selbstzweifel auf dem Band. Nie sei sie richtig ernst genommen worden. „Die Männer sehen mich nicht an – sie verschlingen mich“. Durch ihr Erscheinungsbild trug die Blondine auch entscheidend dazu bei.

Wie viele Männer mit ihr das Bett teilten – darüber kann nur spekuliert werden. Der Film setzt sich auch mit ihrem Auftritt beim 45. Geburtstag von US-Präsident John F. Kennedy auseinander, zu dessen Feier sie persönlich in einem hautengen, seidendünnen Oberteil kam und ein „Happy Birthday, Mr. President“ ins Mikrofon hauchte - hatten sie wirklich eine Affäre? Sie selber stellt über ihre Männerfreundschaften auf dem Tonband fest: „Die Männer schliefen neben Marilyn ein – und wachten neben mir auf“.

Auf der anderen Seite zeigten auch nur wenige Männer der Frau, die Millionen die Köpfe verdrehte, ihr wahres Gesicht. Über Sir Laurence Olivier, mit dem sie zusammen im Film „Der Prinz und die Tänzerin“ vor der Kamera stand, sagte sie: „Seine Art, mich anzulächeln, war abscheulich.“ In dem Film wird er mit der Meinung zitiert, er stelle sie mit einem „Haufen toter Fische“ auf eine Stufe. War auch Olivier nur ein Mosaiksteinchen auf dem Weg ihrer inneren Zerrüttung?

„Sie geraten ins Abseits, weil sie sich zwanghaft so verhalten, allen gefallen zu wollen“, hatte ihr Psychologe Greenson bei einer früheren Sitzung gesagt. „Das hindert Sie an Ihrer Weiterentwicklung.“ Greenson, für den Monroe mehr Leidenschaft entwickelt hatte, als schicklich gewesen wäre, wollte wissen: „Wem gehören Sie?“ – „Der Angst“, lautete ihre Antwort. Ihr Tonband-Hilfeschrei an Greenson kam zu spät: Der Psychologe, der sie gewöhnlich bei ihr zu Hause behandelte, weilte in Europa.

Am Sonntag thematisiert Arte noch einmal Monroe: Um 16.55 Uhr geht es um den Fotografen „Bert Stern – The Man Who Shot Marilyn“.