Zum 1. Dezember werden rund 100 neue Kilometer der polnischen Autobahn A2 freigegeben – die Verlängerung der brandenburgischen A12.

Frankfurt(Oder). Eine Autofahrt von Frankfurt (Oder) in die westpolnische Fußball-EM-Stadt Posen (Poznan) verlangt viel Zeit und starke Nerven. Dicht an dicht schieben sich schwere Lastwagen auf der Fernstraße E 30 in beide Richtungen. Die Straße ist eine der wichtigsten Transitstrecken zwischen West- und Osteuropa und entsprechend befahren. Immer wieder kommt es zu lebensgefährlichen Überholmanövern entnervter Auto- und Busfahrer.

Ab dem 1. Dezember soll damit Schluss sein. Dann rollt der Verkehr auf der neuen polnischen Autobahn A2, der Verlängerung der deutschen A12. Das Nadelöhr zwischen dem Grenzübergang Swiecko nahe Frankfurt (Oder) und der Kleinstadt Nowy Tomysl gut 50 Kilometer vor Posen ist dann geschlossen. Der rund 106 Kilometer lange neue Abschnitt komplettiert die A2 bis nach Lodz in Zentralpolen – auch zur Freude der Fußballfans, die 2012 dann den westlichsten EM-Austragungsort Posen mühelos erreichen werden.

2009 war Baubeginn für das neue Teilstück. Bis Mai 2012 hat der österreichische Baukonzern Strabag Zeit mit der Fertigstellung. "Wir sind fast sechs Monate früher fertig geworden“, freut sich Projektleiter Walter Neurathner. Einer der wichtigsten Gründe sei, dass Planung und Bau in einer Hand lagen. Schwierigkeiten habe es nur mit dem Boden gegeben: Die Torf- und Weichschichten waren zum Teil 25 Meter tief und mussten gegen Sand ausgetauscht werden.

In den Autobahnbau sind rund 1,3 Milliarden Euro geflossen, jeder vierte Euro davon in den Umweltschutz. 85 Prozent der Fläche sind Waldgebiet. 13 Wildbrücken und rund 150 Durchlässe für kleinere Tiere wurden daher errichtet. Insgesamt gehören 84 Brücken, sechs Rastplätze, zwei Autobahnmeistereien und sieben Mautstellen zum neuen Abschnitt.

Die Kassen öffnen aber erst kurz vor EM-Beginn: Bis zum 21. Mai 2012 ist die Fahrt noch kostenlos. Danach werden voraussichtlich etwa fünf Cent pro Kilometer fällig. Die Betreiber rechnen mit 4000 Lkw und 8000 Autos pro Tag. In den nächsten 25 Jahren soll sich diese Menge verdreifachen. Auf beiden Seiten der Grenze ist die Freude über die neue Anbindung groß. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) betont, die A2 sei gut für Wirtschaft und den Tourismus. Auch der Chef der regionalen Tourismus-Organisation Großpolen, Tomasz Wiktor, sieht Verkehrsbarrieren schwinden. Für die Touristen, mit denen er jetzt verstärkt rechnet, seien Straßenschilder mit Hinweisen auf die Attraktionen aufgestellt worden.

Der Präsident der Industrie- und Handelskammer in Ostbrandenburg, Ulrich Müller, erklärt, die Autobahn bedeute deutlich weniger Staus, eine höhere Verkehrssicherheit und geringere Fahrtzeiten. Laut Bundesverband Güterkraftverkehr und Logistik und Entsorgung ist sie für den Logistikstandort Deutschland wegen der besseren Erreichbarkeit Polens sowie der osteuropäischen und asiatischen Handelspartner von Bedeutung. Das deutsche Transportlogistikgewerbe profitiere davon allerdings wenig. Laut Kraftfahrt-Bundesamtes habe der Anteil deutscher Lkw im deutsch-polnischen Straßengüterverkehr 2009 nur 3,7 Prozent betragen.

In Polen wird nicht nur an der A2, die künftig Teil einer Autobahn zwischen Berlin und Moskau werden soll, gebaut. Laut polnischem Verkehrsministerium sind derzeit 1380 Straßenkilometer in Arbeit, darunter 643 Kilometer Autobahnen, 631 Kilometer Schnellstraßen und 86 Kilometer Umgehungsstraßen.