Die Ostküste der Vereinigten Staaten wurde von einem Beben der Stärke 5,8 erschüttert. Mehrere Verletzte, Teile des Pentagons evakuiert.

Washington. Die Ostküste der USA ist von einem der bisher schwersten Erdbeben ihrer Geschichte heimgesucht worden. Laut Regierungsangaben wurden mehrere Menschen verletzt, Gebäude wurden beschädigt. Das Zentrum des Bebens der Stärke 5,8 lag am Dienstag rund 60 Kilometer nordwestlich von Richmond, der Hauptstadt von Virginia. In Washington wurden Teile des Weißen Hauses, des Pentagons und des Kapitols evakuiert sowie Sehenswürdigkeiten und Museen geschlossen. Genaue Zahlen sowie Berichte über mögliche Todesopfer lagen zunächst nicht vor.

Washington Monument beschädigt

Unter den vom Erdbeben betroffenen Bauwerken in der Hauptstadt der Vereinigten Staaten befindet sich auch das Washington Monument. Am oberen Teil des knapp 170 Meter hohen Marmor-Obelisken sei ein Riss entdeckt worden, teilte der National Park Service am Dienstagabend mit. Das Bauwerk werde bis auf weiteres aus Sicherheitsgründen geschlossen, sagte Sprecher Bill Line.

An der Kathedrale der Hauptstadt wurde der Hauptturm beschädigt, wie ein Sprecher der Episkopal-Kirche sagte. Nach jüngsten Angaben des Geologischen Dienstes der USA befand sich das Epizentrum in 800 Meter Tiefe. Zunächst war von einem Beben in sechs Kilometern Tiefe die Rede gewesen. Berichte über größere Schäden gab es vorerst nicht. Jedoch war das Beben in großen Teilen des Landes zwischen den Staaten Georgia im Süden und Massachusetts etwa 45 Sekunden lang zu spüren. "Die Erde hat mehr als 40 Sekunden gebebt“, berichtete eine Augenzeugin in Washington der Nachrichtenagentur dpa. Tausende Menschen seien ins Freie gelaufen. "Die Erde hat ganz kräftig gewackelt. Die Ampeln und Telefone sind zum Teil ausgefallen.“

Laut CNN gab es in Washington im Pentagon einen Wasserrohrbruch sowie Schäden an der National Cathedral. Im Raum Washington fielen viele Telefone und Handys aus.

Viele befürchteten einen Anschlag

In Washington und New York City schwankten Häuser, in Manhattan unter anderem das 26 Stockwerke hohe Bundesgerichtsgebäude. Gebäude wurden evakuiert oder Veranstaltungen abgebrochen, darunter die Pressekonferenz des Staatsanwalts Cyrus Vance zum Fall Dominique Strauss-Kahn. Menschen liefen auf die Straße. Viele fürchteten zunächst einen Anschlag. In wenigen Tagen jährt sich der Anschlag auf das World Trade Center zum zehnten Mal.

Auch in North Carolina wurden Gebäude geräumt. Eine Tsunami-Warnung gaben die Behörden nicht heraus, da sich das Epizentrum unter dem Land befand und die Ostküste der USA ohnehin nicht als tsunamigefährdet gilt. Es gab mindestens ein Nachbeben.

Reaktoren von Atomkraftwerk automatisch abgeschaltet

Zwei Reaktoren des Atomkraftwerks North Anna in Virginia schalteten sich automatisch ab. Vier Dieselgeneratoren übernahmen nach Angaben der Atomaufsichtsbehörde die Notstromversorgung. Schäden an der Anlage wurden nicht festgestellt. Die Behörden unterzogen anschließend alle Atomkraftwerke in der Region verschärften Kontrollen.

Auf der Insel Martha's Vineyard in Massachusetts, wo Präsident Barack Obama Urlaub macht , war das Beben ebenfalls zu spüren. Obama hatte gerade eine Runde Golf zu spielen begonnen. Er spürte das Beben nach Angaben des Weißen Hauses nicht.

Auch Sportveranstaltungen betroffen

Auch die Sportwelt wurde durch das Beben kurz aus dem Tritt gebracht. So wurde beim WTA-Turnier in New Haven/Connecticut das Tennisstadion während des Matches zwischen Jelena Jankovic und Jelena Wesnina evakuiert. Erst als das Gebäude von den Offiziellen wieder freigegeben war, wurde das Spiel fortgesetzt.

Der schottische Tennis-Profi Andy Murray, zur Vorbereitung auf die am Montag beginnenden US Open bereits in New York, bekam ebenfalls wacklige Beine. "Erdbeben in Flushing Meadows! Komisches, komisches Gefühl, ich dachte, mir sei bloß schwindelig“, twitterte der Weltranglistenvierte. Serena Williams (USA) ließ ebenfalls über den Internetdienst wissen: "Erdbeben. Wow. Ich bete und hoffe, dass alle okay sind.“

Auch beim Training für das am Donnerstag beginnende PGA-Turnier in New Jersey spürten die Golfprofis die Erdstöße. Selbst in Cleveland im US-Bundesstaat Ohio war das Beben noch spürbar: Während des Baseball-Spiels zwischen den Cleveland Indians und den Seattle Mariners wurden die Zuschauer etwa 30 Sekunden lang durchgeschüttelt, blieben zum größten Teil aber trotzdem ruhig sitzen - auch das Spiel lief weiter, als sei nichts passiert.

Erdbeben im Osten seltener

Erdbeben im Osten der USA sind zwar seltener als im Westen des Landes, sie sind aber oft über eine größere Region zu spüren. "Es war eines der stärksten Erdbeben, die wir bislang dort gehabt haben“, sagte am Dienstag die Seismologin Lucy Jones von der US-Erdbebenwarte dem TV-Sender CNN. Alte Gebäude in der Nähe des Epizentrums könnten beschädigt worden sein. Es sei mit Nachbeben zu rechnen, fügte sie hinzu. Das letzte Beben dieser Stärke an der Ostküste der Vereinigten Staaten hatte sich 1944 in New York ereignet. Der heftigste Erdstoß in der Region hatte 1886 eine Stärke von 7,3 und erschütterte South Carolina. (dpa/dapd/sid/abendblatt.de)