Pilot des Gleitschirms flog Kameramann für Filmaufnahmen. Schirm verfing sich im Seil der Tegelbergbahn, Gondeln mit 50 Passagieren hingen fest.

Schwangau. Die Hintergründe zu dem Gleitschirmflug, der zum Gondel-Drama bei der Tegelbergbahn im bayerischen Allgäu führte, sind teilweise aufgeklärt. Zumindest die Motivation für den Unglücksflug ist klar: Nach Angaben des Bayerischen Rundfunks (BR) stand der Flug im Zusammenhang mit Fernsehaufnahmen. Demnach war Gleitschirmpilot im Tandemflug mit einem Reporter des Bayerischen Fernsehens unterwegs, wie eine BR-Sprecherin am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur sagte. Es sei um Aufnahmen für eine Urlaubsserie gegangen. Eigentlich habe im Anschluss eine Kamerafrau in einem zweiten Tandemflug starten sollen.

Dazu kam es aber nicht mehr. Der 54-jährige Unglücks-Pilot, der in der Schweiz wohnt, blieb am Freitagmittag mit seinem Schirm im Tragseil der Tegelberg-Bahn nahe dem Schloss Neuschwanstein hängen und legte die Bahn lahm. Aus einer Gondel mussten 30 Insassen aus 70 Meter Höhe abgeseilt werden. In einer anderen Gondel waren 20 Menschen mehr als 18 Stunden in 100 Meter Höhe eingeschlossen, sie konnten erst am Sonnabendmorgen mit Hubschraubern in Sicherheit gebracht werden. Alle blieben unverletzt.

Der Gleitschirmpilot und sein 35 Jahre alter Fluggast, ein Kamermann aus München, kamen mit leichten Verletzungen davon. Gegen den Piloten wird nach Polizeiangaben wegen fahrlässiger Körperverletzung sowie eines gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr ermittelt. Wie es genau zu dem Unfall kam, ist aber noch unklar. Polizeisprecher Christian Owsinski sprach von einer "unerwarteten Windböe“, die dem "sehr erfahrenen Piloten“ zum Verhängnis geworden sei. Dagegen warf der Geschäftsführer der Tegelbergbahn, Franz Bucher, dem Gleitschirmpiloten vor, "grob fahrlässig“ gehandelt zu haben. Ein Überfliegen der Gondelseile sei streng verboten.

Fünf Kinder unter den Geretteten

Die Geretteten wurden in einem Zelt medizinisch betreut und mit Essen, Getränken und Decken versorgt. Alle seien den Umständen entsprechend wohlauf, sagte Ampenberger. Unter den Eingeschlossenen waren nach Angaben des Sprechers der Bergwacht Bayern, Roland Ampenberger, auch fünf Kinder im Alter von vier bis neun Jahren. Ältester Fahrgast sei eine 75 Jahre alte Person gewesen.

Sechs der festgesessenen Passagiere stammen aus Nordrhein-Westfalen. Wie die Polizei in Kempten im Allgäu mitteilte, kommen drei von ihnen aus dem Kreis Recklinghausen und drei andere aus dem Kreis Paderborn. Die 13 anderen Touristen kamen aus Bayern und Baden-Württemberg. Drei von ihnen kämen aus Schwäbisch-Hall, drei aus Biberach und einer aus dem Neckar-Odenwald-Kreis.

Die Helfer hatten im Morgengrauen mit der Bergung begonnen. Das gute Flugwetter mit nur wenig Wind habe den "komplexen Einsatz“ am Steilhang erleichtert, sagte Ampenberger. Wenige Stunden zuvor hatte es am Tegelberg noch stark geregnet.

Zwei Hubschrauber flogen die Eingeschlossenen aus luftiger Höhe nach und nach ins Tal. Insgesamt waren mehr als 250 Rettungskräfte im Einsatz. Die Bergbahn muss nun erst einmal auf mögliche Schäden überprüft werden. Daher bleibt sie vorerst geschlossen, wie der Geschäftsführer der Bergbahn, Franz Bucher, mitteilte. Die Prüfung werde mehrere Tage dauern. Sollte das Stahlseil ausgewechselt werden müssen, drohe der Bahn ein Stillstand von bis zu zwei Monaten.

Mit Material von dpa und dapd