Comeback für “Dallas“. Die erfolgreichste amerikanische Fernsehserie der 1980er-Jahre geht weiter. Ein Hurra auf eine Welt im Überfluss.

Dallas. Der Klang von Eiswürfeln, die in ein dickwandiges, stumpenförmiges Glas mit hohem Boden fallen, ist ein kleines Stück vom Himmel. Dazu das Funkeln, wenn sich die braune Flüssigkeit in einer sanften Welle um die kalten Brocken formt. Ein Whiskey zum Feierabend am Nachmittag. Ein vollendeter Genuss aus der Zeit der Völlerei. Der Ort: eine Farm in Texas, nahe Dallas - die Southfork-Ranch.

Vor 30 Jahren wurde diese zur großen weiten Welt der Deutschen: Da gab es alles - Drinks, riesige Steaks und Geld, Männer mit Hüten, jeder irgendwie Cowboy, und Frauen, die den Klischees entsprachen, also Mütter, Huren oder betrogene Ehefrauen waren, die ihr Unglück erst ersäuften und dann zum natürlich erfolgreichen Gegenschlag ausholten und ihre Männer dahin traten, wo es wehtut: in den Geldbeutel. Von allem viel. Und nicht nur viel, sondern immer ein bisschen zu viel - ein Bad im Überfluss. Das Leben der anderen Superreichen: kein St. Tropez, kein Yachtclub, keine Hochzeit bei Königs; einfach nur unzählige Hektar Landes, Öl, Pferde, Lederschlipse, Schulterpolster, toupierte Haare - schlicht: Leben XXL. Faszinierend anzusehen, auf keinen Fall zum Tauschen.

Ein Erweckungserlebnis für jeden deutschen Fernsehliebhaber: der Cliffhanger, in dem eben keine abgeschlossenen Geschichten erzählt werden, sondern im Gegenteil alles aufhört, wenn es am spannendsten ist. Über den am nächsten Tag in der Schule, beim Bäcker oder in der Kneipe gesprochen wurde. "Hast du ,Dallas' gesehen?" 16 Millionen Zuschauer jede Woche! Ja, damals war das so. Ein wirklich Gemeinschaft stiftendes Erlebnis.

Und jetzt ist es wieder da. "Dallas" lebt! Die amerikanische Serie, von der in 14 Jahren 356 Folgen gedreht wurden und die bis zum heutigen Tag Fanclub-Gemeinden auch in Deutschland kennt, wird fortgesetzt - und das sogar mit einem Teil des alten Clans. Im Sommer nächsten Jahres sollen die ersten zehn Folgen in den USA zu sehen sein, kündigte der amerikanische Fernsehsender TNT an und veröffentlichte jetzt den ersten Trailer. Es geht wieder um Intrigen, um Liebe und - allen Energiewenden zum Trotz - um Ewing-Oil. J.R. alias Larry Hagman, 79, ist dabei, Sue Ellen wird wieder von Linda Gray, 70, gegeben, Patrick Duffy, 62, ist als Bobby erneut der Schmalzige. Kleiner Wermutstropfen: Brad Pitt, der einen Sohn von Bobbys Jugendliebe Jenna - der damals schon ewig jungen Priscilla Presley - spielte, macht nicht mit.

Das Beste aber ist: Es wird kein Remake, keine Wiederholung der alten Geschichte. Vielmehr geht es weiter im Leben der Ewings. Einen Vorgeschmack liefert die Website der neuen Serie ( http://www.tnt.tv/series/dallas/ ), auf der man J.R. mit deutlich weniger Haaren sieht, Bobby langweilig wie eh und je und Sue Ellen der absolute Hit. Die neue Familie wird ebenfalls vorgestellt: Jesse Metcalfe, der Gärtner aus "Desperate Housewives", ist dabei, Jordana Brewster, bekannt aus den "Fast & Furious"-Filmen, spielt auch mit. John Ross, der Sohn von Sue Ellen und J.R., ist erwachsen geworden und wird von demselben Schauspieler wie einst gemimt: Josh Henderson ist heute der gut aussehende erwachsene Sohn des Ölmagnaten - mit dem dieser natürlich in große Konflikte gerät. Und im Hintergrund dudelt die gute alte Erkennenungsmusik von Jerrold Immel - di di di di di di di di di ... Alles beim Alten. Alles neu.

"Miss Ellie war wie Vollkornbrot", schrieb die Münchner "Abendzeitung" zum Serienschluss. Sie habe das lupenreine patriarchalische Nancy-Reagan-Amerika verkörpert: Pflege Mann und Kind und salbe sie mit Harmonie. Das wird im neuen "Dallas" anders funktionieren. Nicht nur, weil Miss Ellie das Zeitliche gesegnet hat, auch weil das Amerika von heute ein anderes ist. Tugendhaft frömmelnd, das schon. Aber auch ein verletztes Land; ein Land, dessen Möglichkeiten heute nicht mehr unbegrenzt erscheinen.

Vielleicht ist das genau der richtige Zeitpunkt, die Welt in "Dallas", die Welt der Träume wiederauferstehen zu lassen. Denn in "Dallas" war Träumen absolut erwünscht. "Dallas" verkaufte Träume in 90 Länder. Man mag sich mit Abscheu daran erinnern, wie sich die Frisurenmode der deutschen Frau als Antwort zu Pam und Lucy änderte - Lady Di war nichts dagegen. "Dallas", das war nichts für Intellektuelle, von ihnen verhasst, ob seiner Plumpheit und seiner Verherrlichung des Kapitalismus in seiner "schlimmsten" Ausprägung. Einfach doof, sagten viele über dieses Dienstagabendereignis, andere riefen gar zum Boykott der Serie auf.

Ob die Folgen heute, mit mehr als nur drei Fernsehprogrammen im Wohnzimmer, wieder derartig polarisieren werden, ist fraglich. "Ich habe es satt, dass sich diese Familie gegenseitig auffrisst, des Geldes wegen", sagt Bobby Ewing im ersten Trailer. Klingt gut. Vielleicht wird es ja einfach wieder nur ein Spaß - ganz ohne Tiefe. So ganz anders als die wirklich wahre Welt.

Die Distanz zur Wirklichkeit, die die Serie immer hatte, bleibt. Sie ist Teil des Erfolgskonzepts. Eine Welt, die funktioniert, die entschieden in sehr gut und sehr böse aufgeteilt ist. In der jede Geste Theater ist und jeder Raum eine Bühne. Diese Welt ist es, die man heute noch viel entspannter genießen und in Zeiten von Finanzkrisen und Euro-Zusammenbrüchen viel mehr wertschätzen kann. "Dallas" - das ist purer Konsum. Und er kostet nichts.