Bis zu 150 Tornados haben den Süden der USA völlig verwüstet. Ganze Städte wurden auseinander gerissen, die Zahl der Toten steigt.

Washington/Tuscaloosa. Eine verheerende Serie von bis zu 150 Tornados hat Tod und Verwüstung in den Süden der USA gebracht. Insgesamt starben mindestens 230 Menschen. Allein im Bundesstaat Alabama kamen bis Donnerstagmittag (Ortszeit) fast 150 Menschen ums Leben. Ein Atommeiler nahe Athens war seit Mittwochabend (Ortszeit) von der Stromversorgung abgeschnitten, die drei Reaktoren schalteten sich danach automatisch ab.

Ein Tornado von mehr als 1,5 Kilometer Breite riss die Stadt Tuscaloosa auseinander, Straßenzüge über Straßenzüge verwandelte der Sturm in Trümmerfelder. Mindestens 36 Einwohner wurden tot geborgen, mehr als 600 in Krankenhäusern behandelt. Bürgermeister Walter Maddox fasste die Lage erschüttert zusammen: „Bitte betet für uns.“

Dutzende Todesopfer und schwere Verwüstungen gab es auch in den Staaten Mississippi, Arkansas, Georgia und Tennessee. Siedlungen wurden dem Erdboden gleich gemacht, Hunderttausende Menschen waren ohne Strom. In Alabama, Mississippi und Georgia wurde der Notstand ausgerufen. In Washington ließ sich Präsident Barack Obama ständig auf dem Laufenden halten. Er schickte den Chef der nationalen Behörde für Katastrophenmanagement (FEMA), Craig Fugate, nach Alabama und stellte bereits Bundesmittel zur Unterstützung der Bergungs- und Aufräumarbeiten in dem Staat bereit.

Und es könnte noch schlimmer kommen: Am Donnerstag waren vor allem in Alabama noch viele Menschen in den Trümmern ihrer Häuser eingeschlossen. Wegen der vielen umgestürzten Bäume und Schuttberge konnten sich die Rettungsmannschaften in manchen Gebieten erst am Donnerstag – teils 24 Stunden nach den Unwettern – einen Weg durch die Trümmerhalden bahnen. Die Schäden seien so weit verbreitet, dass es wahrscheinlich Tage dauern werde, bis das Ausmaß der Katastrophe feststehe, erklärte Alabamas Gouverneur Robert Bentley.

Er rief 2000 Nationalgardisten zur Hilfe, um nach Überlebenden zu suchen. Rettungsmannschaften waren bereits die Nacht zum Donnerstag über im Einsatz, „bis zur Erschöpfung“, schilderten lokale Medien. „Sie arbeiten bis zum Umfallen.“

Nach Angaben des US-Wetterdienstes trafen aus dem Süden allein am Mittwoch 150 Berichte über Tornados ein. Das entspricht fast der durchschnittlichen Zahl in den USA im gesamten Monat April. „Es könnte der schlimmste Tornado-Ausbruch der US-Geschichte sein“, sagte am Donnerstag der CNN-Meteorologe Sean Morris.

In Alabama versetzten Unwetter den Mittwoch über die Menschen in Angst und Schrecken. In der Stadt Birmingham wirbelten bereits am Mittwochmorgen (Ortszeit) Stürme mit einer Geschwindigkeit von etwa

160 Stundenkilometern durch die Straßen, die Schulen und viele Geschäfte hatten bereits vorsichtshalber geschlossen. Aber niemand war auf das gewaltige Ausmaß der Zerstörung vorbereitet, das dann am Abend ein gewaltiger Tornado anrichtete. „Der nordwestliche Teil der Stadt ist verwüstet“, schilderte Bürgermeister William Bell. Hunderte seien verletzt, Dutzende würden vermisst.

Viele Straßen waren unpassierbar, Trümmer über Trümmer, umgestürzte Bäume und Autos; Menschen, die weinend vor dem Schutthaufen standen, dort, wo noch kurz zuvor ihr Zuhause war. „Es ist Brachland, es gibt keine Gebäude mehr“, beschrieb eine Einwohnerin in Jefferson County das Bild. „Mein Badezimmer ist jetzt auf der anderen Straßenseite“, sagte eine andere fassungslos dem örtlichen Sender WMBC.

Alle Krankenwagen aus der Region waren im Einsatz. „Es ist so wie mit den vielen Taxis in New York“, sagte ein Sprecher des Roten Kreuzes in Birmingham. In manchen Gebieten Alabamas sind die Leichenhallen so überfüllt, dass Kühlwagen die Toten aufnehmen müssen.

Angaben über die Zahl der Todesopfer in den anderen betroffenen Staaten schwankten am Donnerstag noch, mit Anbruch des Tageslichts wurden mehr und mehr Tote gemeldet. So hat die Unwetterserie seit Dienstagabend (Ortszeit) in Mississippi mehr als 30 Menschenleben gekostet, Überschwemmungen brachten zusätzliche Gefahren. Mehr als zehn Einwohner starben in Georgia, mindestens sechs in Tennessee.

„Wir werden wahrscheinlich dass Ausmaß der Zerstörung erst in Tagen kennen“, erklärte Obama. „Wir stehen bereit, (....) allen Bürgern zu helfen, die von diesen Stürmen betroffen sind.“

Die Nuklearregulierungsbehörde (NRC) in Washington konzentrierte unterdessen ihr Augenmerk auf einen Atommeiler nahe Athens in Alabama, der bei den Unwettern am Mittwochabend (Ortszeit) von der Stromversorgung abgeschnitten worden war. Die drei Reaktoren der Browns-Ferry-Anlage schalteten sich danach automatisch ab, teilte die NRC mit. Der Vorfall sei als „ungewöhnlich“ eingestuft worden - das ist die niedrigste von vier NRC-Kategorien bei der Beschreibung von Notsituationen. (dpa)