Trendforscher sehen eine Generation des Sowohl-als-auch. Junge Menschen wollen Kinder, aber zugleich auch stets ungebunden sein

Frankfurt/Main. Es ist die Generation Sowohl-als-auch: Die jungen Leute wollen Familie und einen tollen Job, sie wollen Kinder, aber sich nicht binden und verpassen dabei oft den richtigen Zeitpunkt. "Viele zappen durchs Leben, ohne sich entscheiden zu können", sagen Trendforscher über die 16- bis 35-Jährigen. Sie leben ein Leben "mit dem Finger am Reset-Knopf". Und doch trauen die Experten ihnen zu, in einem Punkt eine Wende herbeizuführen: "Es ist vielleicht diese Generation, mit der die Geburtenrate wieder ansteigt." Nur 14 Prozent der Befragten wollten keine Kinder.

Der Trendmonitor 2011 spiegelt Wunsch und Wirklichkeit junger Lebensentwürfe wider. Er wurde vom Zukunftsinstitut Matthias Horx im Auftrag der Versicherung Heidelberger Leben erstellt. Das Institut hat dafür statistische Daten ausgewertet, alte Umfragen zusammengetragen und 1020 Personen neu zu ihren Zielen befragt.

Danach wollen junge Menschen unabhängig sein und ihr Leben selbst gestalten. Wichtiger als Unabhängigkeit (Frauen: 90 Prozent, Männer: 89 Prozent) ist für sie im Leben nur Gesundheit. Galt dies lange Zeit als "Senioren-Thema", ist es laut Studie 94 Prozent der Frauen und 92 Prozent der Männer besonders wichtig, "gesund zu sein, sich körperlich wohl zu fühlen". Auch diesem gesteigerten Bewusstsein für die eigene Gesundheit ist zu verdanken, dass junge Leute heute ein besonders langes Leben vor sich haben. Es ist zugleich ereignisreicher als das ihrer Eltern. Die Möglichkeit, individuelle Entscheidungen zu treffen in Bezug auf Wohnort, Partner und Arbeitsplatz, macht die Biografie zur "Multigrafie".

Vielen Frauen ist es wichtig, Spaß im Leben zu haben

Das Leben dieser Generation ist von Brüchen und Neuanfängen geprägt. Gerade in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gehen Wunsch und Wirklichkeit oft stark auseinander. So findet die Mehrheit (67 Prozent), Kinder machen das Leben erfüllter, vielen Frauen ist es aber auch wichtig, "Spaß zu haben, das Leben zu genießen" (89 Prozent) und "einen sinnvollen, erfüllten Job zu haben" (83 Prozent). Entsprechend verlagert sich das Alter bei Geburt des ersten Kindes von 26 Jahren (1985) zu voraussichtlich fast 32 (2015). "Keiner weiß, wann der richtige Zeitpunkt ist für die Familiengründung - daher verpassen ihn viele", sagt der Geschäftsführer des Zukunftsinstituts, Andreas Steinle.

Projektmanager Christian Rauch, der Autor des Trendmonitors, spricht von der "Rushhour des Lebens" - jener immer kürzer werdenden Zeitspanne, in der das "richtige" Leben organisiert werden muss. Früher gab es Jugend, Familienleben, Ruhestand. Heute schieben sich neue Lebensphasen dazwischen - mit 40 darf man noch ein Jugendlicher sein, mit 60 ein neues Leben anfangen. "Es ist eine Generation, die geprägt ist vom Gefühl des Zwischen-den-Stühlen-Sitzens", sagt Steinle. Man hat einen guten Job - aber es ist ein befristeter Vertrag. Man hat eine eigene Wohnung - aber immer noch ein Zimmer bei den Eltern. Um sich nicht entscheiden zu müssen, entscheiden sich viele fürs Pendeln.