Zehn Minuten am Körper der künftigen Prinzenbraut machen das eher gewagte Outfit zur Attraktion bei einer Versteigerung.

London. Jede Menge Hingucker, die von einem "Überraschungsgast" ausgestochen wurden: Eine prächtige Seidenrobe aus dem Jahr 1770. Atemberaubend bestickte Ballettkostüme aus der Zeit um 1900. Augenweiden gab es genug bei der Kleider-Auktion von Kerry Taylor am Donnerstag in London. Doch was war das Highlight des Abends? Ein bräunlich-gelb schimmerndes Stück Strick, durchsichtig und mit türkisem Besatz versehen. Geschmäcker sind verschieden, doch dass dieses Teil ohne seine besondere Geschichte jemals Tausende von Euro eingebracht hätte, darf bezweifelt werden. Aber die künftige Prinzessin Kate Middleton – Braut von Prinz William – trug es einst für rund 10 Minuten bei einer Studenten-Modenschau.

Geschätzt worden war das Kleid auf ein Minimum von 8000 Pfund (9200 Euro). Doch Auktionshausbesitzerin Taylor hatte schon früh gemerkt, dass das Interesse riesig war. Sie habe Anrufe aus aller Welt bekommen. Auch die Fernsehteams und Journalisten hätten sich vermutlich nicht in so großer Zahl hinter die Bieter gestellt, hätte vorne nicht Kates Laufsteg-Exemplar auf einer Plastikpuppe gehangen.

Im Zeitplan war es als letztes Los platziert. Vorgänger waren zwei Kleider, die Williams Mutter Diana gehört hatten. Die ganze Versteigerung hatte einen royalen Touch. Auch einige Nachtgewänder, Accessoires und Taschen von Wallis Simpson, der Frau von König Edward VIII., waren im Angebot. Der Vorfahre Williams hatte wegen der Liebe zu der geschiedenen Bürgerlichen 1936 auf den Thron verzichtet und damit einen Skandal ausgelöst.

Fotos von der halbnackten Kate allerdings waren von der Presse überraschend gelassen aufgenommen worden. Strickkleid-Designerin Charlotte Todd war kurz nach der Verlobungsnachricht von William und Kate an die Öffentlichkeit gegangen. Das Bild der 19 Jahre alten Kate in dem eigentlich als Rock gedachten Teil, unter dem ein schwarzer Bikini hervorschimmerte, war von allen Zeitungen gerne gedruckt worden. Damals hatte Todd, die das Kleid als Studentin entworfen hatte, allerdings noch gesagt, sie werde es nicht verkaufen.

Thema der Modenschau an der schottischen St. Andrews Universität im Jahr 2002 war passenderweise „Die Kunst der Verführung“ gewesen. Kate war damals noch nicht mit William zusammen. Die moderne Legende sagt, dass William im Publikum saß und sein Blick wie gebannt an der schönen Kate mit der tollen Figur hing. Die Show war damals übrigens für einen guten Zweck bestimmt.

Vergleiche zwischen Diana und Kate zielen meist eher auf die vielen Unterschiede zwischen ihnen. Eine Liebe zur Mode gibt es aber bei beiden. Doch auch, wenn Kate mit ihrem Namen schon jetzt jedes Stück Stoff zu Geld machen kann, reicht sie noch nicht an Diana heran: Ein rosafarbenes Kleid, das die damalige Prinzessin bei einem Staatsbesuch 1986 in Japan getragen hatte, wurde zu einem Schätzpreis von 30 000 Pfund angeboten. Eine weiß-silberne Abendrobe Dianas von einem Staatsbesuch in Frankreich 1988 sollte sogar bis zu 60 000 Pfund oder mehr einbringen.

Kate lernt Prinzessin

Romantisch veranlagte Menschen mögen noch an Königshausmärchen glauben. Doch der Rest der Welt weiß nur zu genau, wie Dianas Jungmädchentraum in eine tödliche Tragödie mündete. Niemand ist sich dessen besser bewusst als Prinz William, 28, und seine Braut Kate Middleton, 29. Deshalb setzen sie alles daran, ein Fiasko wie das der ersten Prinz-Charles-Ehe auszuschließen.

Auch der Hof tut das Seine dafür. Einzelheiten will man jedoch nicht preisgeben. "Das Privatbüro von Prinz William wird vor und nach der Hochzeit eine Reihe von Meetings hinter verschlossenen Türen veranstalten, auf denen Miss Middleton mit Schlüsselpersonen zusammentrifft hinsichtlich ihrer Vorbereitung auf die Mitgliedschaft in der königlichen Familie", orakelte ein Sprecher. "Dazu zählen Palastangehörige, wichtige Berater von Prinz William und Prinz Harry sowie Vertreter von einigen der Charities von Prinz William und anderen Organisationen."

Das klingt nicht sehr konkret, ist aber eindeutig mehr Unterstützung, als Lady Di vor 30 Jahren erfuhr. Am Tag ihrer Verlobung wurde sie, bis dahin Teil einer lustigen Freundinnen-WG, bei der greisen Queen Mum einquartiert. Zwei Tage darauf musste sie in den Buckingham-Palast umziehen. Charles ließ sich nicht oft blicken, die Hofschranzen waren steif und unnahbar. Der 20-Jährigen wurde ein Stapel Geschichtsbücher gebracht, und jemand teilte ihr mit, sie werde im Jahr rund 170 Termine wahrnehmen müssen.

"Williams Mutter hatte nicht die geringste Vorstellung von dem, was da auf sie zukam", räumt ein ranghoher Mitarbeiter des Prinzen ein. "Das war ein schreckliches Versäumnis." Kate hingegen werde "in einer Art Grundstudium" auf ihre Aufgaben als Prinzessin, Thronfolgergemahlin und künftige Königin vorbereitet. "Dabei lernt sie nicht nur die Standardsachen - wie man winkt, Konversation macht usw. Vielmehr werden ihr auch die Dinge beigebracht, die eine moderne Prinzessin im Celebrity-Zeitalter braucht, nämlich Kamerawinkel, wie man aus dem Auto steigt und dergleichen."

Für jedes "Studienfach" wurde ein Berater angeheuert. So der ehemalige britische Washington-Botschafter Sir David Manning für den Unterricht in Staatsangelegenheiten und Außenpolitik, der führende Fleet-Street-Kolumnist Quentin Letts für den Umgang mit den Medien, die Quizmasterin Carol Vorderman für Auftritte vor der Kamera. Frankreichs First Lady Carla Bruni-Sarkozy, 42, hat sich erboten, Kate und Jamie Lowther-Pinkerton, dem gemeinsamen Privatsekretär von ihr und William, Französischstunden zu geben. Der Ex-Diplomat Manning wird das Paar auf seiner ersten Repräsentationsreise ins Ausland begleiten, die vom 30. Juni bis 8. Juli nach Kanada führt.

Auf Etikette-Lektionen wurde verzichtet, weil es "im gegenwärtigen Klima eher etwas Positives ist, wenn man in der Kinderstube gute Manieren gelernt hat, aber nicht den allerletzten Schliff besitzt". Gerüchten zufolge wird Kate auch von einer Psychologin und einem Ernährungsexperten beraten. Protokolltipps kann ihr Camilla Parker Bowles, 63, geben; Kate scheint ein freundschaftliches Verhältnis zur Stiefmutter ihres Künftigen zu haben. Kates Helfer sind zu absolutem Stillschweigen vergattert. Allerdings wurde die Unterweisung in Verfassungskunde und Königshausgeschichte vorübergehend auf Eis gelegt, weil der zuständige Historiker gegen das Diskretionsgebot verstieß. Der William-Mitarbeiter ist überzeugt: "Kate wird die am gründlichsten vorbereitete royale Braut in der gesamten britischen Geschichte."

Zweifellos ist sie zugleich gelehriger und lernbegieriger als Diana. Die litt zeitlebens an Minderwertigkeitskomplexen, weil sie, anders als ihre drei Geschwister, akademisch unbegabt war. Mit 16 Jahren schaffte sie die mittlere Reife und wurde nach einem kurzen Aufenthalt an einem Institut für höhere Töchter in der Schweiz Aushilfe in einem Londoner Kindergarten. Ganz anders Kate: Sie machte das Abitur in Chemie, Biologie und Kunst, absolvierte einen Kursus in Florenz, arbeitete mit an einem Sozialprojekt in Chile und schaffte an der renommierten Universität St. Andrews in Schottland den Magister in Kunstgeschichte mit Note 2,1. Sie wird einmal Englands erste Queen mit Hochschulabschluss.

Das ist - neben der Herkunft aus einem kaputten Elternhaus in Dianas Fall und einem heilen im Fall Kate - ein weiterer wesentlicher Unterschied zwischen den beiden "Märchenprinzessinnen". "Prinz Charles und Diana waren vor ihrer Verlobung vielleicht 28 Tage zusammen und allein miteinander", unterstreicht der Diana-Biograf Andrew Morton. "Gekannt hatten sie sich schon länger, doch in der Zeit war meistens Camilla Parker Bowles als Anstandswauwau mit dabei." William und Kate kennen sich bald elf Jahre. "Die beiden kommen rüber wie ein Paar, das schon fünf Jahre verheiratet ist, die ganzen Scherze kennt und weiß, wer auf welcher Bettseite schläft."

Das ist auch der Eindruck, den die Menschen bei den bisher spärlich dosierten gemeinsamen Terminen gewonnen haben. Der erste öffentliche Auftritt des Paares fand im Februar statt - die Taufe eines Rettungsbootes auf Angelsey. Die Insel vor Nordwales ist quasi ihre zweite Heimat, denn der Prinz ist dort als Rettungspilot stationiert und lebt in einem Bauernhaus. Ein weiterer Termin führte nach Belfast, wo beide auf dem Rathausplatz ihre Fertigkeit im Eierkuchenwerfen unter Beweis stellten. Bei dem Besuch gab zum ersten Mal Kritik an Kate. "Sie sind zu dürre geworden und dürfen unter keinen Umständen noch mehr abnehmen", ermahnte eine Hausfrau. "Alles Teil der Hochzeitsvorbereitungen", lachte Kate zurück. Das wiederum veranlasste die "Daily Mail"-Kolumnistin Amanda Platell, der Prinzessin in spe Pralinen zu schicken und einen überdrehten offenen Brief zu schreiben: "Mach bloß keine Diana! Deren Brautkleid musste immer wieder enger gemacht werden, von anfangs 74 Zentimeter Taillenumfang auf 58 Zentimeter zum Schluss."