Tagelang suchten Helfer vergeblich nach drei Vermissten in der Antarktis. Zwei Überlebende landeten ausgerechnet in Christchurch.

Wellington/Oslo. Zwei norwegische Überlebende einer extrem riskanten, heftig kritisierten und tragisch ausgegangenen Südpolexpedition sind ausgerechnet in der Erdbebenstadt Christchurch gelandet. „Jetzt spiele ich erstmal Play Station und sortier meine Gedanken“, gehörte am Montag zu den ersten Sätzen des 18-jährigen Samuel Massie in den heimischen TV-Nachrichten, als er mit verlegenem Lächeln auf dem Flugplatz der neuseeländischen Stadt ankam. Der Satz war seine Antwort auf eine Frage zum wahrscheinlichen Tod von drei Expeditions-Kollegen in der verschollenen Jacht „Berserk“.

In Christchurch sind beim Erdbeben in der vergangenen Woche wahrscheinlich mehr als 200 Menschen ums Leben gekommen. Der 33 Jahre alte Norweger und Expeditionschef Jarle Andhøy musste vor den Journalisten am Flugplatz zugeben, dass seine waghalsige Expedition zum Südpol weder über die notwendigen Genehmigungen verfügte noch versichert war.„Das Meer gibt, und das Meer nimmt“, kommentierte er den wohl sicheren Tod von zwei Landsleuten und einem Südafrikaner auf der gerade mal 16 Meter langen „Berserk“. Das für die Antarktis winzige Schiff war bei einem der schlimmsten Stürme der letzten 20 Jahre mit Windgeschwindigkeiten von 180 Stundenkilometern, acht Meter hohen Wellen und bei etwa 40 Grad minus von der Meeresoberfläche verschwunden.

Andhøy und sein jugendlicher Begleiter überlebten, weil sie kurz vor Beginn des Sturms an Land gegangen waren. Beide wollten 1600 Kilometer auf „Quads“ (vierrädrigen Geländemotorrädern) zum Südpol fahren - auch das ein extrem halsbrecherisches Unterfangen, wie Experten meinen. „Bei dieser Expedition sind offenbar alle Sicherheitsregeln gebrochen worden“, sagte Lou Sanson, Direktor der neuseeländischen Antarktisforschung, dem Nachrichtenportal „stuff.co.nz“.

„Sollen sie doch weitergackern“ tat Andhøy diese und auch heimische Kritik an seiner Expedition ab. Auch die neuseeländische Klage prallte an ihm ab, dass man bei vielen Toten und Vermissten nach dem Erdbeben eigentlich andere Probleme gehabt habe als nach vermissten Abenteurern zu suchen. „Ich hab ihnen nach drei Tagen gesagt, dass sie die Suche nach dem Boot einstellen sollen. Dass sie trotzdem weitergesucht haben, ist ihre Sache“, sagte er norwegischen Journalisten.

Andhøy hatte die Nachricht vom Verschwinden seiner Expeditions-Kollegen auf dem Weg zum Pol bekommen und kehrte mit Massie sofort um. Beide mussten sich bei minus 30 Grad durch einen Sturm kämpfen und erreichten die neuseeländische Scott-Station nach 20 Stunden mit Erfrierungen. Sie wurden mit dem letzten Flug vor dem Wintereinbruch in der Antarktis ausgeflogen. Das nächste Flugzeug geht erst wieder im Dezember.

Auf den Norweger Andhøy kommt im Gefolge seiner nichtversicherten Expedition mit tragischem Ausgang eine Millionen-Rechnung für die knapp einwöchige Suchaktion nach dem Boot zu.

Norweger schreiben Geschichte in der Antarktis: Vor 100 Jahren, am 14. Dezember 1911, erreichte der Polarforscher Roald Amundsen (zusammen mit vier Männern) als erster den Südpol - nach einem Wettlauf mit Robert Scott. Der Brite Scott starb zusammen mit anderen Teilnehmern auf dem Rückmarsch und wurde später wegen des Eingehens zu hoher Risiken und nicht ausreichender Fachkenntnis kritisiert.