Einzig der Norden der Republik wird weitestgehend von über die Ufer tretende Flüsse verschont. In Süddeutschland kamen zwei Menschen ums Leben.

Berlin. Tauwetter und Regenfälle sorgen deutschlandweit für steigende Flusspegel - und für bislang zwei Todesopfer. In Baden-Württemberg kam am Sonnabend ein Kajakfahrer bei Hochwasser ums Leben. In Bayern wurde ein Bauarbeiter von einer Dachlawine getötet.

Wie die Pforzheimer Polizei am Sonntag mitteilte, fiel der 50 Jahre alte Kajakfahrer bei einem Ausflug aus bislang ungeklärter Ursache aus seinem Boot in den Fluss Enz. Wegen des Hochwassers sei es ihm nicht mehr gelungen, zurück zu seinem Einer-Kajak zu kommen. Der Mann konnte zwar geborgen werden, starb jedoch trotz Reanimationsversuchen noch am Ufer. In Niederbayern löste sich durch die milden Temperaturen eine Dachlawine und tötete einen Mann. Der 67-Jährige wurde am Sonnabend auf einer Baustelle in Kelheim von einem Gerüstteil am Kopf getroffen. Laut Polizei war die Dachlawine mit so großer Wucht auf ein Baugerüst gestürzt, dass Gerüstteile hinabfielen und den Rentner trafen.

Am glimpflichsten kommt noch der Norden Deutschlands davon. Zwar haben in Niedersachsen erneute Regenfälle in der Nacht zum Sonntag die Pegelstände der Leine, Oker, Aller und weiterer Flüsse landesweit leicht ansteigen lassen. Trotzdem ist die Hochwassergefahr geringer als befürchtet. „Es ist ein klassisches Winterhochwasser“, sagte eine Sprecherin des Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) am Sonntagmorgen in Norden. Es bestehe derzeit keine Gefahr von größeren Überschwemmungen in Wohngebieten.

Mehrere überflutete Landstraßen mussten jedoch gesperrt werden. In der Region Hannover waren die Straßen Kreisstraße 339 zwischen Poggenhagen und Bordenau und die Kreisstraße 222 zwischen Wilkenburg und Harkenbleck, sowie die Kreisstraße 220 und die Landstraße 389 in mehreren Abschnitten entlang der Leine gesperrt. „Das sind die üblichen Straßen, die bei Winterhochwasser jedes Jahr gesperrt werden“, sagte ein Sprecher der Polizei Hannover.

Im Landkreis Göttingen waren Teile der Kreisstraße 27, sowie Teile der Landstraße 561 entlang der Weser gesperrt. Ebenfalls gesperrt werden musste die Bundesstraße 496 entlang der Fulda. Im Landkreis Northeim gab es eine Sperrung der Landstraße 572 entlang der Northeimer Seenplatte, der Bundesstraße 80 parallel zur Werra, der Landstraße 525, der Landstraße 547 zwischen Moringen und Lutterbeck, sowie der Landstraße 592 an der Bahnunterführung bei Haieshausen. Im Landkreis Braunschweig war die Kreisstraße 27 zwischen Thune und Harxbüttel nicht mehr befahrbar.

In Niedersachsen und Bremen blieben die Keller nach Angaben der Feuerwehren trocken. Lediglich zu einer Firma im Landkreis Göttingen mussten die Einsatzkräfte ausrücken, um Wasser abzupumpen. „Bei uns ist alles ruhig“, hieß es bei den Feuerwehrsprechern landesweit am Sonntagmorgen. In Hannoversch Münden sind Sandsäcke aber vorsorglich befüllt worden. Bisher seien jedoch nur ein paar land- und forstwirtschaftliche Flächen überflutet worden.

Die angesagten starken Regenfälle waren nicht so dramatisch wie befürchtet. In Niedersachsen und Bremen kam es zu einem leichten Anstieg der Pegel, sagte die NLWKN-Sprecherin. An der Oberweser sei zwar Meldestufe drei erreicht worden, an den meisten Messstellen blieben die Meldestufe eins oder zwei jedoch weiterhin bestehen.

Meldestufe drei bedeute zwar, dass es die Gefahr einer größeren Überschwemmung gebe, jedoch sei auch diese Meldestufe ganz normal für ein Winterhochwasser, sagte die NLWKN-Sprecherin.

An Tauber, Main und Neckar sorgten Regen und Schneeschmelze am Sonntag weiter für teils starkes Hochwasser. In der Oberpfalz stürzte eine Sporthalle unter der Last des feuchten Schnees ein. Von dem Hochwasser sind besonders das Maingebiet sowie einige nördliche Donauzuflüsse betroffen. In den Gebieten wurden oftmals Straßen und Parkplätze geflutet. Im oberfränkischen Pettstadt an der Regnitz sowie im unterfränkischen Bad Kissingen an der Fränkischen Saale herrschte am Sonntag die höchste Hochwasser-Meldestufe vier. Für den gesamten Abschnitt von der Regnitzmündung bis zur hessischen Landesgrenze wurde nach Angaben des Hochwassernachrichtendienstes in München die Warnstufe zwei erreicht – bei steigender Tendenz. In Würzburg rechnete die Stadtverwaltung mit dem Scheitelpunkt der Flutwelle des Mains am Montagabend. Bis dahin sollten Dämme aus Sandsäcken errichtet werden. An den Oberläufen von Wörnitz und Altmühl, beides Donauzuflüsse, kam es zu Überflutungen bis hin zu Meldestufe drei.

In Koblenz am Zusammenfluss von Mosel und Rhein liefen nach Angaben der Feuerwehr erste Keller voll. An der Mosel stiegen die Pegelstände erneut leicht. In anderen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen, Hessen oder Sachsen-Anhalt gingen die Wasserstände der Flüsse durch Tauwetter und Regen ebenfalls weiter nach oben. In Wuppertal brach der Zugverkehr für mehrere Stunden zusammen.

Die Schifffahrt in Koblenz wurde den Angaben zufolge eingestellt, bis Köln soll der Rhein im Laufe des Nachmittags für den Bootsverkehr gesperrt werden. „Wir haben in Koblenz ein bisschen mehr als ein mittleres Hochwasser“, lautete die Einschätzung einer Sprecherin des Meldedienstes. Wie genau die Prognose für den erwarteten Höchststand von 7,70 Metern zutreffe, hänge von den weiteren Niederschlägen und von den Zuflüssen aus Main, Lahn und Mosel ab. Das Hochwassermeldezentrum erwartet den Scheitelpunkt des Rhein-Hochwassers für Montagmittag.

Im Koblenzer Stadtteil Neuendorf steht das Wasser den Informationen zufolge etwa 50 Zentimeter hoch, erste Bewohner seien bereits auf die eigens gebauten Stege angewiesen. Derzeit steht der Pegel bei 6,95 Meter (Stand 10.00 Uhr), bei 7,20 Meter wird das Deutsche Eck überspült. Nach Angaben der Feuerwehr ist das Gelände der Bundesgartenschau (BUGA ), die im April eröffnen soll, nicht gefährdet, da dieses mit rund 3.000 Sandsäcken gesichert worden sei.

An der Mosel wird der Scheitelpunkt des Hochwassers gegen Abend erwartet. Nach Angaben des Hochwasserlagezentrums in Trier könnten die Pegel dann auf bis zu 9,00 Meter steigen. „Wir können keine Entwarnung geben“, hieß es dort am Sonntagmorgen. Den Schätzungen der Behörden zufolge sind zwischen Trier und Koblenz 30 Gemeinden überflutet. In den besonders stark betroffenen Städten Zell und Cochem stehen weiterhin große Teile unter Wasser.

Das Rhein-Hochwasser in Köln stieg am Sonntagmorgen auf einen Pegelstand von 8,14 Metern. Wie die Hochwasserschutzzentrale Köln mitteilte, soll am Montag ein Niveau von 8,90 Metern erreicht werden. Man rechne damit, dass sich der Pegelanstieg verlangsame. Der Höhepunkt des Hochwassers werde voraussichtlich am Dienstag erreicht mit einem Pegelstand von etwa neun Metern. Der Hochwasserschutz reicht für die Kölner Altstadt bis 11,30 Metern. Die Pegelstände der Ruhr stiegen am Sonntagmorgen in Mülheim (4,64 Meter), Hattingen (5,65 Meter) und Wetter (5,84 Meter) weiter.

Zwischen Wuppertal-Vohwinkel und Hauptbahnhof seien Gleise vom Hochwasser der Wupper überflutet worden, sagte ein Bahnsprecher am Sonntag in Düsseldorf. Deshalb musste am Sonntagvormittag zwischenzeitlich der Fernverkehr über das Ruhrgebiet umgeleitet werden.

In Sachsen-Anhalt hat sich die Lage in der Nacht zu Sonntag verschärft. An der Weißen Elster am Pegel Oberthau gilt seit Sonntagmorgen die höchste Alarmstufe, wie die Hochwasservorhersagezentrale in Magdeburg am Samstag mitteilte. Sprecherin Brit Herwig sagte der Nachrichtenagentur dapd, dort und an allen übrigen Flüssen sei die Tendenz wegen des anhaltenden Tauwetters weiter steigend. Die Deiche würden dort bereits rund um die Uhr kontrolliert. Insbesondere bei Nebenflüssen bestehe die Gefahr von Überflutungen.

In Hessen seien nach den Niederschlägen in der Nacht zum Sonntag beispielsweise die Pegel an der oberen Lahn und der Dill wieder leicht gestiegen, teilte das Regierungspräsidium Darmstadt am Sonntag mit. Der Hochwassermeldedienst rechnete für den Sonntag mit einem Anstieg des Lahnpegels in Marburg auf fünf Meter. Damit ist an der Lahn Meldestufe 3 erreicht.

Auch in Sachsen sind die Pegel vieler Flüsse weiter gestiegen. In Franken hält das von Tauwetter und Regen gespeiste Hochwasser an und steigt teilweise weiter.

Die extremen Wasserstände auf der nördlichen deutschen Oder gehen unterdessen leicht zurück. Der Pegel bei Hohensaaten-Finow in Brandenburg sank von Sonnabend auf Sonntag um 23 Zentimeter auf 7,23 Meter, wie das Landesumweltamt mitteilte. Er liegt damit aber immer noch deutlich über dem Richtwert für die höchste Hochwasser-Alarmstufe 4. (dapd/dpa)