Durch Schmelzwasser sind die Pegel der Elbe stark angestiegen. In Thüringen überstiegen die Ilm und die Sprotte zum Teil die höchste Alarmstufe.

Dresden/Erfurt. Das Wasser an der Elbe steigt. Grund für das Hochwasser ist Schmelzwasser aus Tschechien. Dies sorgt für steigende Pegelstände. Die Sprecherin des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Karin Bernhardt, sagte am Sonnabend, dass damit gerechnet werden müsse, dass in der Nacht zum Montag in Dresden Alarmstufe eins ausgelöst wird. Bei einer Wasserhöhe von etwa 3,50 Metern wäre das der Fall. Derzeit werden 2,73 Meter gemessen, normal sind zwei Meter.

Am Wochenende muss Bernhardt zufolge an den Flüssen im gesamten Freistaat mit weiter steigenden Wasserständen gerechnet werden. Vereinzelt werde dabei Alarmstufe drei erreicht. Die Behörden erwarten für Montag Entspannung, wenn das Thermometer voraussichtlich nachts wieder unter den Gefrierpunkt fällt.

In Sachsen behindert das Tauwetter den Verkehr mittlerweile allerorten. Landesweit warnte die Polizei vor überschwemmten Straßen und Aquaplaning. Die Gefahr sei vor allem in der Nähe kleinerer Flüsse und schneebedeckter Felder groß. Derzeit seien landesweit acht kleinere Straßen gesperrt, teilte der Verkehrswarndienst mit. In Mülsen (Kreis Zwickau) spülte Schmelzwasser Geröll von einem Hang auf die Straße.

Die Unwetterwarnung für den Erzgebirgskreis, den Vogtlandkreis und den Kreis Zwickau hat der Deutsche Wetterdienst bis Sonntagnachmittag verlängert. Dort kämen alle widrigen Umstände zusammen, sagte Daniel Hogh-Lehner vom Deutschen Wetterdienst. Bei Temperaturen zwischen sechs und acht Grad sowie Schneehöhen von 30 Zentimetern steige die Hochwassergefahr. Die Situation verschärfen werde der kräftige Regen, der vor allem in der kommenden Nacht und am Sonntag erwartet werde. Das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie warnt vor Hochwasser an Mulde, Schwarzer und Weißer Elster, Spree und Lausitzer Neiße sowie an den Nebenflüssen der oberen Elbe. In einigen Abschnitten der Schwarzen und Weißen Elster, des Schwarzen Schöps, der Großen Röder und der Pleiße stiegen die Pegelstände am Samstag auf Alarmstufe zwei. Im Vogtlandkreis wurde nach Angaben des Landratsamtes vorbeugend der Katastrophenschutzstab einberufen.

Auch in Thüringen haben Regen und Schmelzwasser die Flüsse teils gefährlich anschwellen lassen. Am Sonnabend überschritten die Wasserstände der Ilm in Mellingen im Weimarer Land und der Sprotte im ostthüringischen Großstöbnitz die Grenzwerte für die höchste Alarmstufe 3. An der Gera im Süden von Erfurt und an der Nesse in Eisenach gilt nach Angaben der Landesanstalt für Umwelt und Geologie (TLUG) die Alarmstufe 2. Zahlreiche Straßen wurden überflutet.

Die kleine Sprotte bei Großstöbnitz im Altenburger Land stieg innerhalb kurzer Zeit extrem an. Auf inzwischen weit mehr als drei Meter an schwoll der Zulauf zur Pleiße, der sonst hüfthoch Wasser führt. Kreisbrandinspektor Uwe Engert sagte: "Die Lage ist akut, im Einzugsgebiet der Pleiße und Sprotte sind alle Feuerwehren im Einsatz.“ Weite Flächen seien überschwemmt. Die Feuerwehrleute pumpten Keller leer und errichteten Sandsack-Barrieren.

Der Leiter der Hochwassernachrichtenzentrale Thüringen, Timm Menkens, sagte: "Wir haben flächendeckend hohe Wasserstände, diese bleiben uns auch noch eine ganze Weile erhalten.“ Weiter steigende Pegelstände erwarten die Experten unter anderem für die Flussläufe der Ilm, Unstrut und der Weißen Elster. Größere Probleme gab es nach Angaben der Polizei bislang aber nicht. Der Deutsche Wetterdienst verlängerte indes seine Unwetterwarnung für weite Teile Thüringens. Vor allem im Thüringer Wald, im Süden und Südosten des Landes könnten bei anhaltendem starken Tauwetter örtlich Straßen überflutet werden. Nach einer kurzen Pause wird den Wettervorhersagen zufolge in der Nacht zum Sonntag neuer Regen aufziehen. Die erwarteten Regenmengen liegen zwischen 10 und 20 Liter pro Quadratmeter. Die Warnung vor starkem Tauwetter gilt bis Sonntag 17.00 Uhr.

Die bisherige Schneeschmelze führte zu zahlreichen Sperrungen vor allem kleinerer Straßen und Behinderungen. Auf der A71 musste die Abfahrt Gräfenroda gesperrt werden. Dagegen ist der rechte Fahrtstreifen auf der Autobahn 4 zwischen Waltershausen und Gotha- Boxberg wieder passierbar. Wegen Überschwemmungen wurden ebenfalls die Bundesstraße 7 bei Windischleuba und die B 93 bei Treben in Ostthüringen sowie die Bundesstraße 86 zwischen Artern und Reinsdorf in Nordthüringen gesperrt. Auf Feldern und Wiesen bildete Schmelz- und Regenwasser vielerorts große Seen.

In Zell in Rheinland-Pfalz schwappte das Moselhochwasser am Vormittag über einen Hochwasserdamm in die Stadt. „Es ist eine Frage der Zeit, bis die ersten Keller volllaufen“, sagte ein Polizeisprecher. Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Trier betonte, die Lage sei „überall“ kritisch.„Die ganze Mosel ist von Anfang bis Ende extrem belastet.“

In Koblenz, wo die Mosel am Deutschen Eck in den Rhein fließt, rechnete die Feuerwehr mit dem schlimmsten Hochwasser seit zehn Jahren. Teile der Altstadt könnten überflutet werden. Für Montag sei ein Ansteigen des Wassers auf 7,50 bis 8 Meter „nicht auszuschließen“, meldete die Hochwasserzentrale. Bereits am Freitag war der Schiffsverkehr auf Neckar und Mosel eingestellt worden. Auch auf Abschnitten des Rheins drohte der Stopp.

In Köln verschärfte sich die Hochwasserlage. Der Pegelstand des Rheins werde wohl bis Sonntagmorgen auf über 8,30 Meter steigen, sagte eine Sprecherin der Hochwasserschutzzentrale Köln. Am Samstagvormittag stand das Wasser bei 6,70 Metern, der Rhein stieg zeitweise um etwa 10 Zentimeter pro Stunde. Der Höchststand werde am Montag oder Dienstag erwartet, 9 Meter seien dann nicht auszuschließen. Bei Ratingen nahe Düsseldorf rutschte ein vom Regen aufgeweichter Hang auf eine Landstraße.

Die Polizei im bayerischen Bamberg musste überschwemmte Straßen sperren, unter anderem die Autobahn 73 von Bamberg Richtung Suhl. Die Pegelstände in Mittelfranken erreichten am Vormittag stellenweise die höchste Warnstufe Vier. Besonders betroffen waren die Bereiche Schwabach und Erlangen. Auch entlang der Aisch und des Mains mussten Straßen gesperrt werden.

In Sachsen-Anhalt bereitete vor allem die Lage an der Weißen Elster Sorgen. Im Burgenlandkreis erreichte der Wasserstand Alarmstufe drei. „Das Wasser ist innerhalb von 24 Stunden um 1,20 Meter rasant gestiegen“, hieß es beim Landesbetrieb für Hochwasserschutz. Auch andere Flüsse schwollen heftig an – und zumindest bis Montag ist keine Besserung in Sicht. Ähnlich sah die Situation in Sachsen aus.

In Niedersachsen und Bremen führten ebenfalls einige Flüsse Hochwasser, die Lage blieb zunächst aber entspannt. In Hessen waren kleinere Straßen gesperrt, Keller liefen voll Wasser. Größere Probleme gab es nach Polizeiangaben zunächst nicht. Allerdings wurde ein weiteres Ansteigen des Mains erwartet.

Warnstufe 3 in Niedersachsen

Tauwetter und Regenfälle sorgen in Niedersachsen für weiter steigende Pegelstände. An der Aller und der Schunter im Osten Niedersachsens wurde bereits die höchste Warnstufe 3 erreicht. Dennoch handle es sich nicht um eine „besorgniserregende Situation“, sagte Herma Heyken vom Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) am Sonnabend.

Warnstufe 3 gilt etwa für die Schunter bei Harxbüttel, Glentdorf sowie für die Aller bei Grafhorst. Bei der Warnstufe wird davon ausgegangen, dass Flüsse über die Ufer treten, größere Gebiete überschwemmen und die ersten Häuser erreichen. In Südniedersachsen wurde an vielen Flüssen die Warnstufe 2 erreicht, bei der vereinzelt Felder und Wiesen überflutet werden.

„Es bleibt aber ein klassisches Winterhochwasser“, sagte Heyken. Im Winter seien bei Tauwetter solche Pegelstände normal. Das NLWKN rechnet damit, dass die Pegelstände am Samstag weiter steigen. Für die Nacht zu Sonntag sind dann aber weitere heftige Regenfälle vorhergesagt. Dann werden die Pegel vermutlich schneller stark ansteigen, warnte Heyken.

(abendblatt.de/dpa)