Die Entführerin gab an, sich nicht getraut zu haben, ihrer Lebensgefährtin ihre vorgetäuschte Schwangerschaft zu gestehen.

Frankfurt. Die Entführerin des Babys aus dem Städtischen Klinikum Frankfurt-Höchst hat das Mädchen selbst aufziehen wollen. Die 28-Jährige habe vor etwa einem Jahr eine Fehlgeburt nach einer künstlichen Befruchtung gehabt, sagte der Leitende Ermittler, Peter Krump, am Freitag in Frankfurt am Main. Sie hat die Tat gestanden. Das kleine Mädchen mit dem Namen Zinat ist inzwischen wieder bei der Mutter und wohlauf. Das Klinikum in Höchst zeigte sich nach der Entführung schockiert und erwägt künftig eine Videoüberwachung auf der Entbindungsstation.

Der Säugling war seiner Mutter nur wenige Stunden nach der Geburt auf der Entbindungsstation abgenommen und nicht zurückgebracht worden. Die Polizei hatte unter anderem mit einem Hubschrauber nach dem Kind gefahndet. Ein Hinweis aus dem Umfeld der beiden Frauen brachte die Ermittler schließlich auf die Spur der mutmaßlichen Entführerin in einer Wohnung in Hattersheim bei Frankfurt.

Die Entführerin soll ihrer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerin eine Schwangerschaft vorgetäuscht haben. Die ebenfalls 28-Jährige aus Hattersheim, die zunächst mit in Verdacht geriet, sei "aus allen Wolken gefallen“, als sie von der Entführung des Säuglings gehört habe, sagte Chefermittler Krump.

Die Entführerin hatte sich demnach selbst einen Mutterpass besorgt und Telefongespräche mit Gynäkologen vorgetäuscht. Das gleichgeschlechtliche Paar gab im Bekanntenkreis über Monate an, Zwillinge zu erwarten. Nach dem Hinweis aus dem Bekanntenkreis stellten die Ermittler die 28-Jährige in ihrer Wohnung zur Rede. Sie gab daraufhin zunächst an, sie habe das Baby ambulant in einem Rettungswagen auf der Straße vor dem Haus zur Welt gebracht.

Einen solchen Rettungswageneinsatz hatte es in Hattersheim aber nicht gegeben. Später gestand die Frau die Tat und räumte auch Gewissensbisse ein. Sie habe sich aber nicht getraut, ihrer Lebenspartnerin zu gestehen, dass die Schwangerschaft nur vorgetäuscht war. Daher habe sie den Säugling "entwendet“. Ob sie in Untersuchungshaft kommt, sollte am Freitagnachmittag entschieden werden.

Die Klinikleitung zeigte sich nach der Entführung schockiert. Es sei in mehr als 50 Jahren der erste Vorfall dieser Art, sagte der Medizinische Geschäftsführer des Klinikums, Christof Kugler. Das Krankenhaus hatte bislang bewusst auf eine Videoüberwachung oder Besucherbeschränkungen verzichtet um die Station mit seinen rund 1.800 Entbindungen jährlich offen und familienfreundlich zu halten.

Am kommenden Montag will die Klinikleitung nun beraten, welche Maßnahmen ergriffen werden sollen. Möglich sei zukünftig eine Videoüberwachung. Auf ein elektronisches Überwachungssystem zum Schutz der Säuglinge will das Klinikum verzichten. Solche Systeme hätten sich nicht durchgesetzt und böten auch keine ausreichende Garantie gegen Entführungen, sagte Kugler.