Der Familienvater soll fünf Frauen vergewaltigt und 1000 weitere mit seiner “Mitleidsmasche“ zu sexuellen Handlungen überredet haben.

Düsseldorf. Seine Methode war immer die gleiche. Abends stieg Jörg Peter P. in sein Auto, suchte Gegenden ab, wo noch Frauen unterwegs waren, häufig auch Uni-Viertel. Hatte der zweifache Familienvater, 46, aus Altenahr (Kreis Ahrweiler) sein potenzielles Opfer gefunden, stellte er den Wagen ab und verfolgte die Frau bis nach Hause. Sein Ziel: sexuelle Befriedigung.

Jetzt wird dem eher unauffällig wirkenden Mann der Prozess gemacht. Die Staatsanwaltschaft des Düsseldorfer Landgerichtes wirft ihm vor, in dem Zeitraum zwischen 1998 und Februar dieses Jahres in Köln, Bonn, Düsseldorf und Aachen fünf Frauen vergewaltigt zu haben. Außerdem soll er es viermal versucht haben. Aber auch in Belgien und Holland soll er sein Unwesen getrieben haben. Nachts stieg der gelernte Schlosser - häufig maskiert mit einem Nylonstrumpf seiner Frau und einem Messer bewaffnet - in Erdgeschosswohnungen ein, bedrohte die meist schlafenden Opfer mit dem Messer. Einige Male flüchtete er bei Gegenwehr der Frauen. In einem Fall kam es sogar zu einem Gerangel mit dem gerade nach Hause zurückkehrenden Ehemann. Der Angreifer drohte, ihn "abzustechen" und flüchtete unerkannt.

Doch auf das Konto des geständigen Angeklagten soll auch in mehr als 1000 Fällen eine nicht strafbare "Mitleidsmache gehen", mit der er sich als vermeintlich Körperbehinderter die Befriedigung seiner sexuellen Lust holte. Dabei klingelte er an Haustüren, täuschte eine Armlähmung vor und bat darum, die Toilette benutzen zu dürfen. In bis zu 400 Fällen hätten ihn die Frauen auch in die Wohnung gelassen. Dort habe er sie um Hilfe beim Urinieren gebeten und einige überreden können, ihn sexuell zu befriedigen. Laut Gericht fallen diese Taten in einen "Grenzbereich", in dem sie nicht strafbar seien.

Eine weitere "Masche" des 46-Jährigen war der "Schamhaartrick". Dabei täuschte er in Bekleidungsgeschäften vor, bei der Hosenanprobe seine Schamhaare im Reißverschluss eingeklemmt zu haben und Hilfe zu brauchen. Mit Tricks habe er sich außerdem ärztliche Rezepte für Massagen im Genitalbereich erschlichen. "Er war in verschiedenen Bereichen unterwegs, nicht nur als Vergewaltiger", sagte eine als Zeugin geladene Vernehmungsbeamtin. Der "größte Kick" sei es für den Angeklagten gewesen, wenn er mit seiner "Mitleidsmasche" "intelligente Frauen" zu sexuellen Handlungen habe überreden können.

Der Angeklagte, der unter einer Lese- und Schreibschwäche leidet, habe sich seiner Frau, die die Scheidung beantragt hat, und den Kindern immer unterlegen gefühlt. Er sagte vor dem Gericht unter Tränen, dass er, wenn er nach seinen Taten abends nach Hause zurückgekehrt sei, immer ein "schlechtes Gewissen" gehabt habe. Er habe versucht, sich mit Angeln abzulenken, und sei auch zu Prostituierten gegangen.

Von einer "ausgeprägten Minderwertigkeitsproblematik" sprach denn auch der Gutachter. Der Angeklagte verfüge nicht über eine ausgereifte Persönlichkeit. Er empfahl die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, eine anschließende Sicherungsverwahrung sei aber nicht nötig. "Wenn jemand unter seiner eigenen Sexsucht leidet, dann ist das therapierbar", sagte der Psychiater.

Bereits seit 1995 hatten die Behörden genetisches Material des mutmaßlichen Täters. Aber erst im März dieses Jahres wurde der mit europäischem Haftbefehl gesuchte Mann gefasst. Auch mithilfe der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY ... ungelöst" war nach ihm gefahndet worden. Den entscheidenden Hinweis gab schließlich ein belgischer Polizist.

Das Urteil soll Ende Oktober verkündet werden.