Über 15 Jahre lang wurde der 46-jährige Deutsche mit europäischem Haftbefehl gesucht. Nun steht er vor Gericht und legte bereits ein Geständnis ab.

Düsseldorf. Unter Tränen hat ein 46-jähriger Schlosser aus Rheinland-Pfalz mehr als 1000 Sexualdelikte gestanden , die er über 15 Jahre hinweg in Deutschland, Belgien und Holland verübt hat. „Es tut mir leid“, sagte der Familienvater aus Altenahr vor dem Landgericht Düsseldorf. Ihm werden zwar mehr als 1000 Sexualtaten zur Last gelegt, angeklagt wurde der Mann aber lediglich in neun Fällen wegen Vergewaltigung und versuchter Vergewaltigung. Der Großteil der Taten geht auf eine – nicht strafbare – „Mitleidsmasche“ zurück, mit der sich der Mann sexuelle Befriedigung erschlich. Der Vorsitzende Richter Rudolf Wolff sagte, das Gericht erwäge die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann zwischen 1998 und Februar 2010 fünf Vergewaltigungen und vier Versuche in Köln, Bonn, Düsseldorf und Aachen vor. Der Mann soll aber auch in Belgien Frauen vergewaltigt haben. Dazu sei er nachts maskiert mit einem Nylon-Strumpf seiner Frau und mit einem Messer bewaffnet in Erdgeschosswohnungen eingedrungen, sagte eine als Zeugin geladene Vernehmungsbeamtin.

Auch Studentenwohnheime gehörten zu den bevorzugten Zielen. Die meist schlafenden Opfer bedrohte der Mann laut Anklage mit dem Messer, einige Male flüchtete er bei Gegenwehr. In einem Fall kam es sogar zu einem Gerangel mit dem gerade nach Hause zurückgekehrten Ehemann eines Opfers. Der Angreifer habe dem Ehemann gedroht, ihn „abzustechen“, und sei geflüchtet. Alter oder Aussehen habe bei der Auswahl der Opfer keine Rolle gespielt, sagte die Beamtin. In Deutschland habe der Angeklagte bei den Überfällen in gebrochenem Deutsch gesprochen, in Belgien wurde den Opfern auf Englisch „Befehle erteilt“.

Der Mann gestand außerdem, sich in den vergangenen 20 Jahren mehr als 1000 Mal als vermeintlich Körperbehinderter mit einer „Mitleidsmasche“ Frauen genähert zu haben. Dabei hatte er an Haustüren geklingelt, eine Armlähmung vorgetäuscht und darum gebeten, die Toilette benutzen zu dürfen. In bis zu 400 Fällen hätten ihn die Frauen auch in die Wohnung gelassen. Dort habe er sie um Hilfe beim Urinieren gebeten und einige überreden können, ihn sexuell zu befriedigen. Laut Gericht fallen diese Taten in einen nicht strafbaren „Grenzbereich“.

Eine weitere Masche des 46-Jährigen: der sogenannte Schamhaartrick. Dabei täuschte er in Bekleidungsgeschäften vor, seine Schamhaare bei der Hosenanprobe im Reißverschluss eingeklemmt zu haben – und Hilfe zu benötigen. Mit Tricks habe er sich außerdem ärztliche Rezepte für Massagen im Genitalbereich erschlichen. Der „größte Kick“ sei es für den Angeklagten gewesen, wenn er mit seiner Mitleidsmasche „intelligente Frauen“ zu sexuellen Handlungen habe überreden können, ergänzte die Zeugin. Der Angeklagte habe eine Lese- und Schreibschwäche. Seiner Frau und den Kindern habe er sich immer unterlegen gefühlt.

Der 46-Jährige sagte unter Tränen, er habe nach seinen Taten ein „schlechtes Gewissen“ gehabt. Bereits seit 1995 verfügten die Behörden über genetisches Material des mutmaßlichen Täters. Aber erst im März dieses Jahres wurde der mit europäischem Haftbefehl gesuchte Mann gefasst. Auch mit Hilfe der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ war nach ihm gefahndet worden. Den entscheidenden Hinweis gab ein belgischer Polizist. Das Urteil in dem Prozess soll Ende Oktober verkündet werden.