Der Hersteller belieferte auch weitere Kliniken - einige verwenden keine dieser Produkte für ihre Infusionen, bis die Todesfälle geklärt sind.

Mainz/Stuttgart. Auch die Krankenhäuser in Baden-Württemberg haben nach dem Tod dreier Babys durch verseuchte Infusionen in der Mainzer Uniklinik ihre Nährlösungen überprüft. Einige Kliniken verwenden für ihre Infusionen keine Produkte mehr von dem Hersteller, der auch die Klinik in Mainz beliefert hat. Am Freitag war dort elf Kindern auf der Intensivstation eine mit Darmbakterien verunreinigte Infusion verabreicht worden, drei von ihnen starben. Erst wenn der Zwischenfall in Mainz genau untersucht sei, könnte auch die Krankenhausapotheken im Südwesten weitere Konsequenzen ziehen, hieß es übereinstimmend.

Die Apotheke des Uniklinikums Heidelberg hat nach eigenen Angaben sofort überprüft, ob sie die gleichen Chargen mit den Infusionslösungen verwendet wie die Kollegen in Mainz. Das sei aber nicht der Fall gewesen, sagte der Leiter der Apotheke, Thorsten Hoppe-Tichy, am Dienstag. „Wir haben uns sofort zusammengesetzt, um mögliche Schwachstellen aufzuspüren.“ Zunächst müsse aber klar sein, was genau in Mainz die Ursache für den Tod der Kinder gewesen sei. „Wir haben so einen Fall noch nie gehabt. Solange wir nicht ganz genau wissen, was passiert ist, haben wir nichts in der Hand, um die eigenen Prozesse zu verbessern“, sagte Hoppe-Tichy. Nach seinen Angaben sind die Hygienebestimmungen für die Produktion der Nährlösungen extrem strikt. Zudem werde jeden Tag die erste und die letzte hergestellte Lösung auf Keime überprüft.

Als die Todesnachricht aus Mainz kam, haben sich auch die Mitarbeiter der Apotheke in der Uniklinik Ulm zusammengesetzt. „Wir haben natürlich überlegt, was wir tun können“, sagt Jürgen Wachsmuth, stellvertretender Leiter der Apotheke. In Ulm werden jährlich 120.000 Infusionen zusammengestellt, bei 9000 handelt es sich um komplex abgestimmte Nährlösungen wie in Mainz. Vorsorglich habe man entschieden, Lieferungen des Herstellers, der auch die Uniklinik Mainz beliefert hat, nicht mehr zu verwenden.

+++ Tod aus dem Tropf: Säuglinge an Infusion gestorben +++

Auch in Stuttgart, wo pro Jahr rund 100 Kinder mit Nährlösungen versorgt würden, hat das Klinikum das Produkt ausgetauscht. Das sei eine reine Vorsichtsmaßnahme, sagte eine Sprecherin. 6000 Beutel mit Ernährungsinfusionen werden in der Apotheke pro Jahr für Neugeborene hergestellt. Alle Wirkstoffe würden gründlich geprüft.

An die Frühgeborenenstation und die Kinder-Intensivstation der Universitätsmedizin Mannheim ist die Herstellerfirma selbst herangetreten. Dort würden die in Mainz verwendeten Produkte nun vorsichtshalber vorerst nicht mehr eingesetzt, sagte ein Sprecher. Bei der Verwendung von Nährlösungen setzt Mannheim nach Möglichkeit Fertigprodukte ein. Allerdings sei es häufig nötig, die Lösungen individuell zu ergänzen. Raum und Personal werden dafür regelmäßig mikrobiologisch überprüft.

Die Bakterien in der Flüssignahrung, mit der die Säuglinge in Mainz ernährt wurden, wurden als „Enterobacter cloacae“ und „Escherichia hermannii“ identifiziert. „Jetzt wissen wir, wer der Gegner ist“, sagte der Medizinische Vorstand des Mainzer Universitätsklinikums, Professor Norbert Pfeiffer und betonte, dass es sich bei diesen Erregern nicht um multiresistente Krankenhauskeime handelt. „Dies ist vollkommen zu trennen von Hospitalinfektionen“, sagte der Mediziner.

+++ Bakterien identifiziert - keine Krankenhauskeime! +++

Ob die Keime den Tod verursacht haben, steht nach den bisherigen Obduktionen der beiden am Samstag gestorbenen Babys aber noch nicht fest. Die Untersuchung der Schläuche, die bei der Herstellung der mit Bakterien verseuchten Infusion in der Uniklinik Mainz verwendet wurden, dauern unterdessen bis mindestens Donnerstag an. Erst dann sei frühestens mit Ergebnissen der mikrobiologischen Analyse zu rechnen, teilten Staatsanwaltschaft und Polizei am Dienstag mit. Die endgültigen Ergebnisse der Obduktion der drei Säuglinge, die nach Gabe der verschmutzten Nährlösung starben, dürften frühestens in einigen Wochen vorliegen. Die Staatsanwaltschaft Mainz ermittelt wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung, bisher gegen Unbekannt.

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