Die Staatsanwalt ermittelt nach dem Tod zweier Säuglinge in der Uniklinik Mainz. Ein Baby schwebt noch in Lebensgefahr.

Mainz. Furchtbare Szenen dürften sich derzeit hinter den Türen der Intensivstation der Uniklinik Mainz abspielen. Zwei Säuglinge, durch Herzfehler massiv geschwächt, starben dort am Sonnabend – sie hatten mit Darmbakterien verunreinigte Flüssignahrung bekommen. Ein weiteres Baby schwebte am Montag weiter in Lebensgefahr . Fieberhaft suchen Klinik, Staatsanwaltschaft und Polizei nach der fatalen Lücke. Während sie über die Möglichkeiten verunreinigter Schläuche in der Apotheke und Hygienevorschriften reden, kämpfen Mediziner und Angehörige das Leben eines weiteren kleinen Geschöpfes, das doch gerade erst begonnen hatte.

Eigentlich sollte die Flüssignahrung, die zehn Säuglinge und ein fünfjähriges Kind am Freitagabend auf der Intensivstation bekamen, die Kleinen wieder aufpäppeln. Doch dann passierte es – wo und wie ist noch fraglich: Die Keime gerieten in die Lösung. Allerdings, so betonte der Leitende Oberstaatsanwalt Klaus-Peter Mieth: „Die Frage, ob die Kontamination todesursächlich war, ist noch nicht geklärt.“ So ergab die Obduktion, dass zumindest ein Säugling wohl ohnehin an der schweren Vorerkrankung gestorben wäre. Alle waren zumindest darauf vorbereitet, so hatte es bereits eine Nottaufe gegeben.

Das Entsetzen angesichts der Tragödie ist allen ins Gesicht geschrieben, von Medizinern bis zu den Ermittlern. So meint Professor Norbert Pfeiffer, Medizinischer Vorstand der Universitätsmedizin Mainz:„Ich bin tief erschüttert, wir sind alle sehr mitgenommen und bestürzt und bangen jetzt mit den Eltern und Verwandten.“ Doch bei allen Gedanken an die Trauer der Angehörigen und die Verzweiflung derjenigen, die jetzt noch in größter Angst um ihr Kind sind: Es gilt zu klären, wie es zur Verunreinigung kam.

Die Staatsanwaltschaft hat die Schlauchanlage im Visier, mit der die Flüssignahrung individuell für jeden kleinen Patienten aus neun Komponenten externer Hersteller weitgehend maschinell hergestellt wird. Weitgehend maschinell. Denn die Schläuche werden regelmäßig von Hand ausgetauscht. „Möglicherweise sind die Schläuche beim Anschließen des Systems an die Mischmaschine verunreinigt worden“, erklärte Mieth. Aber man stehe eben noch am Anfang der Ermittlungen. Immerhin geht es um den Verdacht der fahrlässigen Tötung, der mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet werden kann. Sollte der Keim isoliert werden können, dann „besteht eine Chance“, den Verursacher zu ermitteln, machte Mieth deutlich.

+++ Tod aus dem Tropf: Zwei Säuglinge an Infusion gestorben +++

Dies liefe dann nach Auskunft von Rainer Wenzel, Leiter des Referats Biologie beim Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz über einen genetischen Fingerabdruck. Die Universitätsklinik hatte schon früh betont, dass die Verunreinigung wahrscheinlich in der Klinikapotheke passiert ist und nicht beim Hersteller. „Wo, an welcher Stelle sich die Keime befunden haben, soll die mikrobiologische Untersuchung zeigen“, sagte Mieth. Erst danach sollen Klinikmitarbeiter befragt werden. Ob die Klinik die Verunreinigung früher hätte erkennen können? Nein, machte der Oberstaatsanwalt klar.

Denn der sich verschlechternde Gesundheitszustand der herzkranken Kinder hätte auch mit dem übrigen Krankheitsverlauf zusammenhängen können. Die Untersuchung einer sogenannten Rückstellprobe der Nährlösung zeigte dann aber an: Es sind Darmbakterien drin. Für gesunde Kinder, so Wenzel, eigentlich kein Problem. Doch bei ohnehin geschwächten kleinen Patienten können sie zur Katastrophe führen. Ob die Bakterien wirklich den Tod der Babys direkt verursachten, ob ein Schuldiger gefunden und zur Rechenschaft gezogen wird – all das dürfte die Menschen auf der Intensivstation derzeit am allerwenigsten beschäftigen. Sie kämpfen um ein kleines, hilfloses Wesen.

Erinnerungen an 1989