Die in Chile verschütteten Bergleute entdeckten die Lebensmittel in ihrem Schutzraum in 700 Metern Tiefe. Einige der Männer haben Augenreizungen.

Santiago de Chile/São Paulo. Es grenzt an ein Wunder: Mit einigen wenigen Bissen Thunfisch und ein paar Schlückchen Milch alle 48 Stunden haben sich 33 verschüttete Minenarbeiter im Norden Chiles mehr als zwei Wochen lang am Leben gehalten. Das berichteten die seit dem 5. August in 688 Meter Tiefe festsitzenden Kumpel den Rettungsteams. Die Vorräte hatten die Männer offenbar in dem Schutzraum entdeckt, in den sie sich beim Einsturz eines Stollens der Gold- und Kupfermine San José rund 800 Kilometer nördlich der Hauptstadt Santiago geflüchtet hatten. Inzwischen gab es auch einen ersten Telefonkontakt. „Es geht ihnen gut, alle sind gesund und wohlauf, keiner hat Beschwerden, bis auf einen, der etwas Bauchschmerzen hat", sagte Chiles Bergbauminister Laurence Golborne nach dem Gespräch mit den Eingeschlossenen. "Sie sagen, sie haben großen Hunger.“ Die Kumpel hätten um Zahnbürsten gebeten. Einige hätten auch gescherzt, Bier werde wohl kaum nach unten geschickt werden können. Inzwischen hätten Rettungsteams durch den nur Zentimeter großen Bohrschacht bereits kleine Mengen Wasser, proteinhaltige Spezialnahrung und Medikamente in die Tiefe befördert. Einige Männer hätten wohl aufgrund des Staubs Augenreizungen, hieß es weiter.

Die Kumpel waren am vergangenen Sonntag – 17 Tage nach dem Unglück in der Atacam-Wüste – entdeckt worden. Nach dem von einigen Medien als „Wunder von San José“ bezeichneten Durchbruch stehen die Arbeiter, Familien und Freunde nun allerdings vor einer großen Geduldsprobe. Bis die Bergleute das Tageslicht wieder erblicken, könnte es möglicherweise Dezember werden. So wollen die Rettungsteams mit einem rund 32 Tonnen schweren Spezialbohrgerät zunächst einen Schacht von etwa 40 Zentimetern in die Tiefe treiben. In dem Schutzraum angekommen, soll ein Bohrkopf sich dann ausklappen und rotierend nach oben gezogen werden, wie Grafiken zeigen. Dadurch soll der Kanal auf 66 Zentimeter vergrößert werden und die Männer anschließend mit einem Korb nach oben geholt werden. Alle hoffen, dass dies noch vor Weihnachten geschieht.

Am Sonntag hatte Präsident Sebastián Piñera ein Stück Papier vor die Fernsehkameras gehalten, das mit Hilfe einer Sonde aus der Unglücksmine geholt worden war und auf dem in roter Krakelschrift stand, dass alle 33 Eingeschlossenen im Schutzraum am Leben sind. Zuvor war auf dem selben Weg ein Brief eines Kumpels an seine Ehefrau ans Licht gekommen. Darin schrieb der 63-jährige Mario Gomez: „Ich hoffe, ich komme bald raus. Hab' Geduld und Vertrauen. Ich habe keine einzige Sekunde aufgehört, an euch alle zu denken. Ich liebe euch alle.“ Seine Ehefrau Liliana sagte dazu vor Journalisten: „Ich wusste, dass mein Ehemann stark ist.“ Fernsehaufnahmen zeigten die Familien der Verschütteten, die sich am Rande der Unglücksmine voller Glück in die Arme fielen. Durch die Hauptstadt Santiago und andere Städten fuhren hupende Autos, hunderte Menschen feierten auf den Straßen, schwenkten chilenische Flaggen und sangen die Nationalhymne des südamerikanischen Landes.