Die Musikerfamilie um Angelo und Paddy ist über das Erbe zerstritten. Verkehrswert des Anwesens wurde auf 5,3 Millionen Euro festgesetzt.

Köln. Billig kaufen, teuer verkaufen. So lautet das Rezept fürs Reichwerden, jedenfalls im Bereich des Handels. Diesen Maßstab zugrunde gelegt, sind die Mitglieder Kelly-Familie keine guten Händler: Sie haben vor 14 Jahren 13,1 Millionen D-Mark, also umgerechnet 6,7 Millionen Euro, für eine Immobilie gezahlt, deren Verkehrswert heute mit nur 5,3 Millionen Euro veranschlagt wird. Und dass die Musikerfamilie den Verkehrswert für Schloss Gymnich tatsächlich bekommt, ist eher unwahrscheinlich, denn das A und O des Handels liegt darin, dass jemand bereit ist, einen bestimmten Preis auch zu zahlen. Die Kellys verkaufen nicht, sie müssen zwangsversteigern. Der Preis, der bei einer Zwangsversteigerung erzielt wird, liegt regelmäßig unter dem geschätzten Wert. Die Kelly-Familie ist also auf dem besten Weg, ein Vermögen zu verlieren.

Das Schloss steht unter Denkmalschutz und ist renovierungsbedürftig

Schloss Gymnich ist ein festungsartiges Wasserschloss bei Köln. Es steht unter Denkmalschutz, und sein Zustand ist, vorsichtig formuliert, renovierungsbedürftig. Zum Schloss gehören 21 Hektar Land. Wer es kauft, wird Eigentümer von Vorburg und Hauptburg, von Wassergräben, von Brücken und Türmen, von Sälen und einem Altar. Neu bauen darf man nicht. Natürlich muss man das Anwesen auch bezahlen können. Den Millionär zu finden, der in den alten Gemäuern wohnen möchte, wird nicht leicht werden.

+++ Für echte Fans: Schloss der Kelly Family wird versteigert +++

Bisher jedenfalls fand die Familie Kelly keinen Käufer. Seit mehreren Jahren steht das Schloss leer. Es diente zwar als Kulisse für "Lena - Liebe meines Lebens", eine Telenovela, die im ZDF zu sehen war, aber die Miete, die das ZDF gezahlt haben dürfte, wird die große Kelly-Familie kaum satt gemacht haben, zumal die laufenden Kosten bisher noch jeden Eigentümer gehörig überfordert haben.

Es ist die zweite Zwangsversteigerung, die Schloss Gymnich erlebt, seit sein letzter Erbe, Jörg Freiherr von Holzschuher, das 1354 erstmals erwähnte Anwesen verkaufte. Er hatte es von seiner Großmutter Vilma Reichsgräfin Wolff-Metternich geerbt. Der Freiherr modernisierte das Schloss und konnte die damalige Bundesregierung in Bonn gewinnen, das Anwesen als Gästehaus zu nutzen. 262 Staatsgäste nächtigten in den dicken Mauern. Im Jahre 1987 lief der lukrative Vertrag aus und es wurde ein Käufer gesucht. Der japanische Unternehmer Masao Nangaku erhielt den Zuschlag. Er wollte hier ein Luxushotel errichten und zahlte für das Schloss 28 Millionen D-Mark. Nangaku war der Erste, der merkte, dass alte Ritterschlösser schwierig zu vermarkten sind. Die Kosten erschlagen jeden, der auf unritterliche Weise, also mit Arbeit, sein Geld verdienen muss. Nangaku verkaufte 1993 an die Wander-Gruppe, die ebenfalls scheiterte.

1998 stand dem Schloss die erste Zwangsversteigerung bevor - und Dan Kelly, Oberhaupt der rothaarigen irischen Superstar-Familie, erhielt den Zuschlag und zog ein. Zwei Jahre lang lebten die Kellys hier und inszenierten vor den Fans, die zu Hunderten vor den Schlosstoren campierten, ihr Großfamilienglück. Ab 2000 begann der Niedergang. Dans Kinder zogen eins nach dem anderen aus. Irgendwann lebte Dan allein in den feuchten Mauern.

2002 starb Dan Kelly. Zuletzt bildeten die zwölf Geschwister der Familie eine Erbengemeinschaft. Die versuchte einiges: Vermietung, Verpachtung, Verkauf. Es war ein Zuschussgeschäft. "Bei so vielen Miteigentümern ist ein Verkauf einfach fast unmöglich, weil immer jemand anderer Meinung ist", sagt Joey Kelly. Der übliche Ausweg aus dieser Zwickmühle: Zwangsversteigerung.

Sie ist immer das letzte Kapitel einer langen, unerfreulichen Geschichte. Oft wird eine Zwangsversteigerung von einer Bank beantragt, wenn ein Schuldner zahlungsunfähig ist. Nicht minder selten ist es aber so wie hier: Eine Erbengemeinschaft kann sich nicht auf eine gemeinsame Nutzung des unteilbaren Erbes (klassischerweise eine Immobilie) einigen. Jedem Erbe gehört dann jeder Stein und jede Blume. Wenn die Immobilie mit allen ihren Steinen und Blumen verkauft wird, müssen sich alle Erben einig sein. Das ist in der Realität nicht einfach.

Die Wirklichkeit hat die Kelly-Familie eingeholt

Die Kelly-Familie war sich eigentlich immer einig. Diesen Eindruck konnte man von der wilden irischen Musik-Truppe haben. Sie tingelte durch die Welt, schlief unter den Sternen und hatte sich lieb. Geld war bei ihr immer nur ein Abfallprodukt der Musik. Und die vielen Millionen schafften es nicht, die Eintracht und die Liebe der Kelly-Familie zu zerstören. So stellte man es sich vor. Doch nun hat die Realität die Kellys eingeholt.

Die Mitglieder der Kelly-Familie konnten sich nicht einigen. Weder über eine Nutzung noch über einen Verkauf. Darum hat Joey Kelly die Zwangsversteigerung "forciert". Die Zwangsversteigerung von Schloss Gymnich ist beim Amtsgericht Brühl anhängig. Interessenten können heute in Saal 8 ihr Gebot abgeben. Es muss mindestens die Hälfte des Verkehrswertes betragen.