Nach Sturmtief “Ulli“ wirbelt heute Orkan “Andrea“ Deutschland wohl mächtig auf. Zu erwarten sind Sturmböen, viel Regen und auch Schneefall.

Berlin/Offenbach. Schmuddelwetter und neue Sturmwarnungen für Deutschland. Nachdem in den vergangenen Tagen bereits das Sturmtief "Ulli" für Wirbel sorgte, wird sich ab heute der Orkan „Andrea“ über der Republik austoben. Was auf uns zukommt: Heftiger Wind, peitschender Regen und vielerorts auch Schnee. Allerdings: „Bis zum Abend ist der Spuk in den meisten Teilen Deutschlands vorbei“, versprach Meteorologe Helmut Malewski vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach. Gemütlicher wird es in den nächsten Tagen trotzdem nicht. Es bleibt windig und regnerisch, in den Niederungen kommt es auch zu regelrechten Regenfällen. Vor allem in den Alpen sei eine Menge Schnee zu erwarten.

„Andrea“ kam heute morgen jedoch noch eher langsam in Schwung. Es könnte aber noch stürmisch werden. Wetterexperten rechnen mit Windgeschwindigkeiten von mehr als 100 Kilometern pro Stunde. Das Sturmtief zog vom Nordwesten nach Südosten, die stärksten Böen sollten die Mitte Deutschlands in der Mittagszeit und den Süden am Nachmittag erreichen. Im Schwarzwald wurden Böen von bis zu 170 Kilometern pro Stunde erwartet. „Auch im Flachland erwarten wir durchaus Böen, die bei 120 Kilometern pro Stunde liegen“, sagte Malewski. Im Laufe der Nacht werde es dann ruhiger werden. „Andrea“ sei zwar ein Sturmtief, an das man sich erinnern werde, sagte Malewski. Dennoch: „Ganz so extrem wie Kyrill würde ich den Sturm nicht einstufen“, betonte er. Der Orkan Kyrill hatte 2007 halb Europa über Tage in Atem gehalten und schwere Schäden angerichtet hatte.

Für eine regelrechte Schockmeldung sorgte der Orkan allerdings gestern schon: In Hannover erfasste eine Windböe einen Kinderwagen und trieb ihn zum Mittellandkanal. Kurz vor dem Wasser kippte der Wagen um, das drei Monate alte Baby fiel in den Kanal. Die Mutter sprang nach Polizeiangaben vom Mittwoch sofort hinterher und rettete ihre kleine Tochter. Die 45-Jährige hatte sich den Angaben zufolge kurz ihrem kleinen Sohn gewidmet, als die Windböe kam. Eine Spaziergängerin alarmierte Rettungskräfte. Vermutlich mit einer leichten Unterkühlung kam der Säugling in eine Kinderklinik.

Weitere Sturmmeldungen:

In Norddeutschland gab es nach Angaben von Polizei und Feuerwehr zunächst keine nennenswerten Schäden . Nur wenige Bäume seien umgekippt. Vorsorglich waren mehrere Brücken für Autos mit Anhängern und leere Lastwagen gesperrt worden. Fähren stellten den Betrieb ein. Im Bodenseekreis im Südwesten beschädigten umfallende Bäume drei fahrende Autos, Menschen seien aber nicht zu Schaden gekommen, hieß es. Die Zoos in Karlsruhe und Heidelberg sowie einige Friedhöfe blieben geschlossen.

In Nordrhein-Westfalen wurden zunächst keine größeren Schäden gemeldet. Am Donnerstagmorgen war eine Gewitterlinie mit starkem Regen und schweren Sturmböen mit Windgeschwindigkeiten bis 100 Kilometern pro Stunde übers Land gezogen. Bis zum Abend erwarten die Meteorologen weitere Sturmböen und Regen. Unwetterwarnungen wurden aber größtenteils aufgehoben.

In Frankfurt wurden rund 20 für Donnerstag geplante Beerdigungen abgesagt. Die Gefahr, dass Trauernde durch umstürzende Bäume oder herabfallende Bäume verletzt werden, sei zu groß, hieß es.

Auf dem Brocken im Harz und auf den Alpengipfeln könne es zu extremen Orkanböen mit Geschwindigkeiten über 140 Stundenkilometer kommen, warnte der DWD am frühen Morgen. Für Thüringen, Baden-Württemberg und Bayern wurden starke Schneeverwehungen angekündigt. Köln bereitete sich auf das erste Hochwasser des Jahres vor. „Inzwischen ist die Hochwassermarke eins erreicht“, sagte der Leiter der Hochwasserschutzzentrale in Köln, Reinhard Vogt. „Es gibt erste Einschränkungen für die Schifffahrt.“

In Frankreich zog der Sturm vor allem über den Norden des Landes, wo er in der Nacht zu Donnerstag nach Angaben der Feuerwehr Schäden an Dächern und Oberleitungen anrichtete. Ein umgestürzter Baum auf der Autobahn A 1 Lille-Paris verursachte einen Unfall mit zwei Lastwagen. Die Strecke musste am frühen Morgen vorübergehend gesperrt werden.

In Belgien störte der Orkan den Zugverkehr. Unwetter behinderten vor allem die Thalys-Hochgeschwindigkeitszüge zwischen den Niederlanden und Brüssel. Der Wind fegte in Belgien mit bis zu 100 Kilometern pro Stunde übers Land.