Bei anderen Urlaubernationen sind sie nicht sonderlich beliebt, die Russen. Warum eigentlich nicht? Auf Mallorca werden 80.000 erwartet.

Palma de Mallorca. Ihre Lieblingsinsel Mallorca müssen sich die Deutschen in Zukunft wohl mit russischen Touristen teilen. Der balearische Regierungschef Francesc Antich ist seit gestern auf Werbetour in Moskau, um Urlauber aus der aufstrebenden Wirtschaftsmacht auf die schöne Mittelmeerinsel zu locken. Bei dem Versuch, russischen Regierungsstellen und Reiseveranstaltern die Vorzüge der Balearen als Ferienregion näherzubringen, wird er unterstützt von Tourismusministerin Joana Barceló, Hoteliers und führenden Tourismusunternehmern. In den Gesprächen soll es auch um neue Flugverbindungen von Moskau und Sankt Petersburg nach Palma gehen.

Im vergangenen Jahr machten bereits 56 000 Russen auf Mallorca Urlaub, in diesem Sommer sollen es 80 000 werden. Das sind verschwindend wenige gegen die 3,7 Millionen Deutschen, die 2009 auf die Insel kamen. In diesem Jahr buchten aber 8,2 Prozent weniger deutsche Touristen Urlaub auf Mallorca. "Das Mittelmeer interessiert die Russen sehr", sagte Barceló. Was die Ministerin indes an den Russen interessieren dürfte, sind deren gut gefüllte Brieftaschen. Denn während die Deutschen von der Euro-Krise gebeutelt werden, ist das Bruttosozialprodukt in Russland im vergangenen Jahr um vier Prozent gestiegen. Russische Touristen bleiben länger, bevorzugen Hotels der gehobenen Preisklasse und geben im Schnitt mehr Geld aus als Deutsche.

Doch nicht jeder freut sich darüber. "Kommt nun die Russenplage?", fragt das Spanienmagazin "Comprendes" in seiner Online-Ausgabe und zielt damit auf das gängige Vorurteil ab, Russen seien laut, vulgär, trinkfreudig und bei anderen Urlaubernationen nicht sonderlich beliebt. "Wir sollten mit Verallgemeinerungen vorsichtig sein", sagt Karl Born, Professor für Tourismuswirtschaft an der Hochschule Harz in Wernigerode. "Russland ist ein großes Land. Wie es auch hier fürchterliche Massen- oder umweltbewusste Touristen gibt, so ist auch dort die ganze Bandbreite vertreten." Allerdings trifft man selten nur auf einen Russen. "Individualreisende sind sehr selten. Russische Touristen reisen in großen Gruppen", sagt der Experte. Sie hätten nur wenig Reiseerfahrung. "Sie erwarten, dass der Service in einer besonderen Weise auf sie ausgerichtet ist und sie sind nicht so ohne Weiteres bereit, sich in eine Gemeinschaft einzufügen."

Russische Touristen seien von Haus aus lauter. "Der Lärmpegel in der Ecke, in der die russischen Touristen sind, ist immer etwas höher." Ein anderes Problem sei die Sprachbarriere. "Unter den Russen spricht kaum jemand Englisch, Deutsch oder Spanisch." Daher empfiehlt Born einen eigenen Reiseleiter "Russische Gäste brauchen einen eigenen Ansprechpartner, der das eine oder andere abmildern kann." Aufgrund negativer Berichterstattung seien die Deutschen aber auch sehr sensibel und ihre Kompromissbereitschaft unterproportional, kritisiert der Experte. Dass deutsche Touristen künftig Mallorca fernbleiben könnten, glaubt Born nicht. "Ich könnte mir aber vorstellen, dass sich eine russische Enklave bildet."