Auf Rat ihres Anwalts kappte eine Frau den Versorgungsschlauch, über den ihre seit Jahren im Koma liegende Mutter ernährt wurde.

Karlsruhe. Vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat die mündliche Verhandlung zu einem spektakulären Fall von Sterbehilfe begonnen. In dem bundesweit Aufsehen erregenden Fall lag eine Frau rund fünf Jahre in einem Heim im Wachkoma und wurde künstlich ernährt, bis ihre Tochter auf Anraten eines Anwalts den Schlauch der Magensonde durchschnitt. Zuvor hatte sich das Heim trotz ärztlicher Anordnung geweigert, die künstliche Ernährung einzustellen.

Das Landgericht Fulda sah in dem Schnitt einen gemeinschaftlichen versuchten Totschlag und verurteilte den Anwalt zu neun Monaten Haft auf Bewährung. Die Tochter wurde freigesprochen, weil sie dem Rat des Anwalts irrtümlich gefolgt sei. Der BGH muss in dem Revisionsverfahren gegen den Rechtsanwalt nun entscheiden, ob solch ein Behandlungsabbruch zulässig ist.

Die 76 Jahre alte Mutter lag seit mehr als fünf Jahren im Wachkoma. Sie hatte zuvor in einem Gespräch mit ihrer Tochter den Wunsch geäußert, nicht künstlich ernährt zu werden. Das Pflegeheim in Bad Hersfeld weigerte sich jedoch, die Ernährung über eine Magensonde einzustellen. Nachdem die Tochter den Schlauch durchgeschnitten hatte, wurde der Mutter gegen den Willen der betreuungsberechtigen Kinder eine neue Magensonde gelegt. Sie starb zwei Wochen später an einem Herzinfarkt.

Die Deutsche Hospiz Stiftung sprach von einer „weitreichenden Entscheidung“. Es müsse klargestellt werden, „dass es beim Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen einzig und allein auf den Willen des schwerstkranken Patienten ankommt“, heißt es in einer Erklärung des Geschäftsführenden Vorstands der Stiftung, Eugen Brysch. „Wild-West- Methoden“ dürften nicht zugelassen werden.