Rätsel: Grigori Perelman gilt als intelligentester Mensch der Welt. Er löste eines der größten Probleme der Mathematik. Doch vor der Verleihung des “Nobelpreises“ seiner Zunft tauchte er unter.

Madrid. Grigori Perelman (40) hat möglicherweise eines der schwierigsten Probleme der Mathematik gelöst. Manche halten den Russen gar für den "intelligentesten Menschen der Welt". Auf dem Internationalen Mathematikerkongress ICM 2006, der heute in Madrid eröffnet wird, könnte er sich von 5000 Kollegen aus aller Welt als Held feiern lassen. Aber das Genie mit dem dunklen Bart und dem schütteren Haar will vom Ruhm nichts wissen.

Perelman wird bei dem Kongress, auf dem er der unumstrittene Star wäre, wahrscheinlich durch Abwesenheit glänzen. Die Veranstalter schickten mehrere Einladungen nach St. Petersburg, aber sie erhielten keine Antwort. "Es besteht praktisch keine Hoffnung, dass Perelman in Madrid erscheint", schreibt die spanische Zeitung "El Paíis". Aber auch als Abwesender könnte der Russe in Madrid eine wichtige Rolle spielen: Er wird bei der Vergabe der renommierten Fields-Medaillen als Favorit gehandelt. Die Medaillen gehören zu den wichtigsten Auszeichnungen für Mathematiker und werden oft mit dem Nobelpreis verglichen.

Dem Wissenschaftler ist anscheinend nicht nur der Ruhm egal, sondern auch das Geld. Perelman könnte sich berechtigte Hoffnungen auf eine Belohnung von einer Million Dollar machen, die die amerikanische Clay-Stiftung ausgelobt hat. Das Preisgeld soll derjenige Mathematiker erhalten, der die sogenannte Poincaree-Vermutung beweisen kann. Perelman hat diese Aufgabe, an der sich schon Generationen von Mathematikern vergebens die Köpfe zerbrochen hatten, möglicherweise bewältigt. Das Thema (siehe Info-Kasten) hat weitreichende Bedeutung: Experten erhoffen sich Rückschlüsse auf die Beschaffenheit des Universums.

Mehrere Mathematiker hatten bereits geglaubt, den Nachweis erbracht zu haben, mussten aber später Fehler eingestehen. Perelman könnte das Jahrhundertproblem gelöst haben. Er schloss sich daheim in St. Petersburg jahrelang ein, bis er 2002 und 2003 seine Rechnungen im Internet veröffentlichte. Anschließend erläuterte er seine Arbeiten an mehreren Universitäten in den USA. Seither ist er von der Bildfläche der Öffentlichkeit praktisch verschwunden.

In seiner Beweisführung konnte bislang niemand größere Fehler entdecken. "Unter den Wissenschaftlern macht sich die Überzeugung breit, dass Perelman das Rätsel geknackt hat", schreibt die britische Zeitung "The Guardian". Um Anspruch auf die Million Dollar erheben zu können, müsste der Russe seine Arbeiten jedoch in einer anerkannten Fachzeitschrift veröffentlichen. "Geld interessiert ihn nicht im Geringsten", sagen andere russische Wissenschaftler. Der Spanier Manuel de Leóón, Präsident des Mathematikerkongresses: "Perelman ist ein Genie. Er denkt an andere Dinge. Mich erinnert er an den Schachspieler Bobby Fischer." (Der Kongress im Internet: www.icm2006.org).