Er wollte ihr eine Lektion für ihr lautes Verhalten erteilen, deswegen schubste der 70 Jahre alte Rentner die 13 Jahre alte Schülerin gegen einen einfahrenden Zug am U-Bahnhof in München. Heute steht der Mann wegen versuchten Mordes vor Gericht.

München. Eine Gruppe Jugendlicher wollte sich die Zeit bis zur nächsten Bahn vertreiben und tollte am U-bahnhof Schwabing in München herum. Mit dabei die 13 Jahre alte Schülerin, die der Rentner kurz darauf gegen einen einfahrenden Zug stieß, weil er sich über ihre Gruppe aufregte. Das Ganze geschah 2008, heute muss sich der ehemalige Versicherungsangestellte deswegen vor Gericht verantworten.

Er beteuerte vor dem Schwurgericht, er habe sein Opfer "weder verletzen noch töten wollen". Die Staatsanwaltschaft ist davon jedoch wenig überzeugt und legt dem 70-Jährigen einen Mordversuch zur Last. Die Schülerin war nach seinem Angriff zwischen zwei Waggons geraten und durch den Aufprall zurück auf den Bahnsteig geschleudert worden. Sie erlitt zahlreiche Prellungen und Schürfwunden.

"Was am 2. Juni nachmittags am Bahnsteig passiert ist, habe ich nicht gewollt", sagte der Angeklagte unter Tränen. Er schäme sich dafür. Doch seit der Kindheit habe er Probleme mit Menschenmengen. An jenem Tag seien Jugendliche gegen 14.20 Uhr schon im Zwischengeschoss, auf der Rolltreppe und am Gleis herumgerannt. Eine "schwarz gekleidete Person" habe ihn gestreift, er habe sie von sich fernhalten wollen. "Es war eine Reflexbewegung", verteidigte der 70-Jährige sein Handeln. Auf dem Video der Überwachungskamera ist jedoch weder Gedränge im Zwischengeschoss noch auf dem Bahnsteig zu sehen.

Nach dem Vorfall war der Rentner zusammen mit seiner Frau in die U-Bahn gestiegen und war, ohne sich um das Opfer zu kümmern, weggefahren. Nachdem anschließend das Videobild der Überwachungskamera veröffentlicht wurde, wurde der mutmaßliche Täter von einem Nachbarn erkannt und bei der Polizei angezeigt. Am 5. Juni wurde er dann festgenommen.

Fragen der Verfahrensbeteiligten wollte der Angeklagte am ersten Verhandlungstag nicht beantworten. Nach der Aussage seien viele Punkte unklar, sagte der Vorsitzende Richter Manfred Götzl.

"Der Angeklagte hat sich bedrängt und verängstigt gefühlt", meinte Verteidiger Peter Guttmann. Er sei "natürlich informiert, was im letzten Jahr in der U-Bahn passiert ist". Damit spielte der Anwalt insbesondere auf einen Rentner an, der in einem U-Bahnhof von zwei jungen Männern vor laufender Videokamera zusammengeschlagen und gegen den Kopf getreten worden war. Die Täter wurden im vergangenen Juli wegen Mordversuchs zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt. Der Prozess gegen den 70-Jährigen dauert an.