Berlin. Er wollte unbedingt, dass Friedrich Merz die CDU führt. Aber jetzt lobt der frühere Parteichef Wolfgang Schäuble seine neue Chefin.

Wolfgang Schäuble ist ungeduldig. Europa muss schnell zu neuer Gemeinsamkeit finden, mahnt der Parlamentspräsident im Interview mit unserer Redaktion. Zu groß seien die Probleme, zu denen er auch ein wachsendes Gefühl sozialer Ungerechtigkeit zählt. Eine besondere Mahnung hat der CDU-Politiker für Fußballstars wie Franck Ribéry bereit, die Gold-Steaks essen und davon Bilder verbreiten.

Europa wählt im Mai ein neues Parlament. Was steht dabei auf dem Spiel, Herr Schäuble?

Wolfgang Schäuble:Eine ganze Menge. Europa muss schnell handlungsfähiger werden. Die Probleme sind riesengroß und so drängend, dass kein Land sie allein bewältigen kann. Wir brauchen mehr Europa - trotzdem werden die Widerstände gegen die Europäische Union eher größer. In diese Krise hinein kommt nun die Europawahl als Chance…

… die worin besteht?

Schäuble: Vielleicht wird doch mehr Menschen bewusst, dass das Europäische Parlament wichtig ist und dass sie zur Wahl gehen sollten. Die Zahl der europaskeptischen Abgeordneten, die auf populistische und nationalistische Lösungen setzen, darf nicht noch größer werden. Vom Ausgang der Europawahl hängt auch ab, wie die nächste EU-Kommission gebildet wird.

Ist es ein Automatismus, dass der Sieger der Europawahl den nächsten Kommissionspräsidenten stellt - und es bei einem Sieg der konservativen EVP zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder ein Deutscher wird: der CSU-Politiker Manfred Weber?

Schäuble: Es ist eine Errungenschaft, dass die Kommission der Zustimmung des Parlaments bedarf. Das bedeutet aber nicht, dass der Spitzenkandidat der stärksten Fraktion automatisch Kommissionspräsident wird. Auch im Europaparlament gibt es Koalitionen. Man muss erst einmal Mehrheiten bilden.

Weber bekräftigt Kandidatur für EU-Kommissionspräsidentschaft

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    Wenn Sie mehr Europa fordern: Woran denken Sie?

    Schäuble: Wir brauchen eine grundsätzliche Debatte, was die Mitgliedstaaten selber machen können und wo man gemeinsam handeln muss. Ich habe zum Beispiel den Eindruck, dass die Bevölkerung in nahezu allen EU-Staaten mehrheitlich für eine europäische Armee ist.

    Diese Debatte gibt es seit vielen Jahren - ohne große Fortschritte.

    Schäuble: Ich kann die Ungeduld verstehen. Die Politik muss eine europäische Armee viel schneller voranbringen. Mit einzelnen gemeinsamen Brigaden ist es nicht getan. Die Zusammenarbeit der Parlamente in Deutschland und Frankreich wie die vereinbarte Einrichtung einer gemeinsamen Kammer von Assemblée nationale und Bundestag kann hier sehr hilfreich sein. Wir müssen überzeugend erklären, dass es in der Verteidigungspolitik gemeinsam besser geht. Dann bleibt den Nationalisten und Demagogen nicht viel Raum.

    Was verschafft den Demagogen in Europa so viel Auftrieb?

    Schäuble: Da kommt manches zusammen. Die Migration ist so ein Thema. Es wird aber nicht besser, wenn wir die Grenzen schließen und nur noch für uns sind. Wenn man mit den Menschen vernünftig redet, verstehen sie auch, dass Grenzschließungen im 21. Jahrhundert keine Antwort sind. Die Geborgenheit innerhalb nationaler Grenzen gibt es nicht. Die Welt bleibt ungemütlich - gerade, weil es uns so gut geht. Europa kann darauf gute Antworten finden. Es gibt keinen Grund zu resignieren. Krisen sind immer auch Chancen.

    Großbritannien ist dabei, die EU zu verlassen. Ist die deutsch-französische Achse noch stark genug, um Europa voranzubringen?

    Schäuble: Großbritannien mit seiner Geschichte und seiner Insellage hat immer einen eigenen Blick gehabt. Und was aus dem Brexit wird, das wird man sehen. Ich glaube, Großbritannien wird die EU entweder gar nicht verlassen oder irgendwann wiederkommen. Und ich fühle mich durch die jüngsten Entwicklungen in dieser Überzeugung eher bestärkt. Aber der Kern europäischer Einigung sind immer Deutschland und Frankreich gewesen.

    • Die Karriere von Wolfgang Schäuble in Bildern:

    Die Karriere von Wolfgang Schäuble

    Er sitzt schon so lange im Bundestag wie kein anderer.  Seine große Zeit begann 1989 als Bundesinnenminister, hier 1989 bei einem CDU-Parteitag.
    Er sitzt schon so lange im Bundestag wie kein anderer. Seine große Zeit begann 1989 als Bundesinnenminister, hier 1989 bei einem CDU-Parteitag. © dpa | Harry Melchert
    1984 legte Wolfgang Schäuble vor dem Bundestag den Amtseid als Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes ab.
    1984 legte Wolfgang Schäuble vor dem Bundestag den Amtseid als Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes ab. © imago | Sven Simon
    Gemeinsam mit dem damaligen DDR-Innenminister Peter Michael Diestel (r.) unterzeichnete Wolfgang Schäuble (M.) am 1. Juli 1990 das „Abkommen über die Aufhebung der Personenkontrollen an den innerdeutschen Grenzen
    Gemeinsam mit dem damaligen DDR-Innenminister Peter Michael Diestel (r.) unterzeichnete Wolfgang Schäuble (M.) am 1. Juli 1990 das „Abkommen über die Aufhebung der Personenkontrollen an den innerdeutschen Grenzen". Dieser Sonntag gilt als kaum weniger historisch als der Mauerfall selbst. © © epd-bild / Heidi Losansky | Losansky, Heidi
    Ein enges Verhältnis verband Wolfgang Schäuble über lange Jahre mit Helmut Kohl. Später wurden beide erbitterte Gegner.
    Ein enges Verhältnis verband Wolfgang Schäuble über lange Jahre mit Helmut Kohl. Später wurden beide erbitterte Gegner. © dpa | Franz-Peter Tschauner
    Eigentlich wollte Kohl seinen Mitstreiter zu seinem Nachfolger als Kanzler machen – doch daraus wurde nichts. Kohl wollte nicht von der Macht lassen.
    Eigentlich wollte Kohl seinen Mitstreiter zu seinem Nachfolger als Kanzler machen – doch daraus wurde nichts. Kohl wollte nicht von der Macht lassen. © REUTERS / Juergen Schwarz
    Am 12. Oktober 1990 wurde der damalige Innenminister Wolfgang Schäuble bei einer CDU-Wahlkampfveranstaltung in seinem Wahlkreis in Oppenau/Mittelbaden von dem 37jährigen Attentäter durch zwei Schüsse aus einem Revolver schwer verletzt. Schäuble kämpfte sich zurück ins politische Leben und ist seitdem auf den Rollstuhl angewiesen.
    Am 12. Oktober 1990 wurde der damalige Innenminister Wolfgang Schäuble bei einer CDU-Wahlkampfveranstaltung in seinem Wahlkreis in Oppenau/Mittelbaden von dem 37jährigen Attentäter durch zwei Schüsse aus einem Revolver schwer verletzt. Schäuble kämpfte sich zurück ins politische Leben und ist seitdem auf den Rollstuhl angewiesen. © dpa | Norbert Försterling
    Auch das Verhältnis Schäubles zu Angela Merkel war nicht immer störungsfrei. Im Laufe der Jahre wurde Schäuble jedoch zu einem der engsten und wichtigsten Vertrauten der Bundeskanzlerin.
    Auch das Verhältnis Schäubles zu Angela Merkel war nicht immer störungsfrei. Im Laufe der Jahre wurde Schäuble jedoch zu einem der engsten und wichtigsten Vertrauten der Bundeskanzlerin. © REUTERS | REUTERS / Fabrizio Bensch
    Als Innenminister und später als Finanzminister war Schäuble über Jahre hinweg eine Stütze der Kanzlerin im Kabinett Merkels.
    Als Innenminister und später als Finanzminister war Schäuble über Jahre hinweg eine Stütze der Kanzlerin im Kabinett Merkels. © Getty Images | Sean Gallup
    Am 22. November 2005 leistete Wolfgang Schäuble vor Bundestagspräsident Norbert Lammert seinen Amtseid als Innenminister.
    Am 22. November 2005 leistete Wolfgang Schäuble vor Bundestagspräsident Norbert Lammert seinen Amtseid als Innenminister. © imago | Fabian Matzerath
    Schäuble pflegte als Minister meist einen unaufgeregten Ton, war in der Sache jedoch knallhart.
    Schäuble pflegte als Minister meist einen unaufgeregten Ton, war in der Sache jedoch knallhart. © dpa | Christina Sabrowsky
    Auf der Regierungsbank im Bundestag war Wolfgang Schäuble in verschiedenen Rollen viele Jahre präsent.
    Auf der Regierungsbank im Bundestag war Wolfgang Schäuble in verschiedenen Rollen viele Jahre präsent. © Getty Images | Andreas Rentz
    Seine politische Lebensleistung brachte Wolfgang Schäuble 2005 sogar den Bambi ein.
    Seine politische Lebensleistung brachte Wolfgang Schäuble 2005 sogar den Bambi ein. © Getty Images | Andreas Rentz
    Seine Urlaube verbringt Schäuble gern mit Ehefrau Ingeborg auf Sylt.
    Seine Urlaube verbringt Schäuble gern mit Ehefrau Ingeborg auf Sylt. © dpa | Jens Kalaene
    Zwei, die sich nicht so gut verstanden: Wolfgang Schäuble und der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis lieferten sich während der Griechenland-Euro-Krise so manche Verhandlungsschlacht.
    Zwei, die sich nicht so gut verstanden: Wolfgang Schäuble und der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis lieferten sich während der Griechenland-Euro-Krise so manche Verhandlungsschlacht. © Getty Images | Carsten Koall
    Mit der Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, verbindet Wolfgang Schäuble eine verlässliche politische Partnerschaft.
    Mit der Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, verbindet Wolfgang Schäuble eine verlässliche politische Partnerschaft. © dpa | Christina Sabrowsky
    Das Verhältnis Schäubles zur Presse war nicht immer einfach. Hier ein Schnappschuss von einem Hintergrundgespräch Schäubles mit Journalisten auf einem Flug nach Washington. Es war im Oktober 2017 seine letzte Reise als Finanzminister. Später fungierte er als Bundestagspräsident, seit 2021 auch als Alterspräsident.
    Das Verhältnis Schäubles zur Presse war nicht immer einfach. Hier ein Schnappschuss von einem Hintergrundgespräch Schäubles mit Journalisten auf einem Flug nach Washington. Es war im Oktober 2017 seine letzte Reise als Finanzminister. Später fungierte er als Bundestagspräsident, seit 2021 auch als Alterspräsident. © imago | Thomas Koehler/photothek.net
    Heute kann Wolfgang Schäuble auf 50 Jahre als Abgeordneter im Deutschen Bundestag zurückblicken.
    Heute kann Wolfgang Schäuble auf 50 Jahre als Abgeordneter im Deutschen Bundestag zurückblicken. © Getty Images | Sean Gallup
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    Wie können Berlin und Paris die Europäer zusammenhalten?

    Schäuble: Wir haben eines der Probleme in der sozialen Gerechtigkeit. Den Menschen wird von den Zentralbanken und den Eliten in der Wirtschaft permanent suggeriert, Geld sei im Überfluss vorhanden. Menschen mit knapp durchschnittlichem Einkommen oder mit durchschnittlicher Rente kann man da nicht mehr erklären, dass das für sie genug sei. Sie werden die Verhältnisse als zutiefst ungerecht empfinden. Ich verstehe nicht, dass einige besonders erfolgreiche Menschen eines nicht begreifen: Mit der Art, wie sie öffentlich wahrgenommen werden, senden sie fatale Signale aus und werden ihrer Verantwortung damit nicht gerecht.

    Wen meinen Sie?

    Schäuble:Schauen Sie nur, wie viel Zeit und Akribie in Vorstands- und Aufsichtsratssitzungen mancher Unternehmen darauf verwendet wird, Gehälter und Pensionen in schwindelerregender Höhe sicherzustellen. Vielleicht sollte man sich dort intensiver mit den Fragen der Mitarbeiter und der Kunden beschäftigen. Das gilt für Kapitalgesellschaften sicher mehr als für Familienunternehmen. Diese Verantwortung haben aber nicht nur die Eliten in der Wirtschaft, sondern auch in anderen Bereichen. Ein Beispiel: Auch Fußballer sollten mehr darauf achten, welche Wirkung ihr Verhalten in der Öffentlichkeit hat. Warum muss man Bilder davon verbreiten, ein mit Blattgold überzogenes Steak zu essen? Man muss den jungen Männern erklären: Ihr habt so viel Geld, ihr seid solche Stars – da wächst euch eine Verantwortung zu. Für Unternehmer gilt das natürlich noch mehr.

    Wenn Europas Zukunft vom deutsch-französischen Zusammenspiel abhängt - warum unterstützt die Bundesregierung dann nicht stärker die Reformvorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron für die Eurozone?

    Schäuble: Als ehemaliger Finanzminister muss ich mich an der Stelle etwas zurückhalten. Ich kann verstehen, dass Präsident Macron eine entschlossenere Antwort deutscher Politik erwartet hätte. Aber wir haben auch unsere Probleme. Die wiederholten großen Koalitionen machen diese nicht einfacher, sondern komplizierter. Richtig ist natürlich, dass Deutschland und Frankreich gemeinsam Führungsarbeit leisten müssen - sonst wird es schwierig in Europa.

    Halten Sie die Euro-Krise für entschärft?

    Schäuble: Die Ansteckungsgefahr ist überwunden. Wir haben die Skeptiker überzeugt, die geglaubt haben, mit dem Euro kann das niemals funktionieren. Aber wir haben das grundlegende Problem der Währungsunion noch nicht gelöst: Eine gemeinsame Währung erfordert auf Dauer eine gemeinsame Finanz-, Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik. Die Unterschiede in der Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Länder sind eher größer als kleiner geworden. Das ist ein Problem, das man mit dem heutigen Instrumentarium in Gesamt-Europa nicht lösen kann. Daher muss es in den Mitgliedstaaten gelöst werden. Ich habe als Finanzminister den Griechen viel zugemutet - aber diese Reformen waren im Interesse der Griechen, wenn sie in der Eurozone bleiben wollen.

    • Die Bundestagspräsidenten seit 1949:

    Die Bundestagspräsidenten seit 1949

    Am 7. September 1949 wird Erich Köhler (2.v.l., CDU) zum ersten Präsidenten des Deutschen Bundestages gewählt. Seit 1949 haben bislang zehn Männer und zwei Frauen das Amt bekleidet. Wir stellen sie vor.
    Am 7. September 1949 wird Erich Köhler (2.v.l., CDU) zum ersten Präsidenten des Deutschen Bundestages gewählt. Seit 1949 haben bislang zehn Männer und zwei Frauen das Amt bekleidet. Wir stellen sie vor. © Bundesarchiv | Vollrath
    Erich Köhler war von 1949 bis 1950 Bundestagspräsident.
    Erich Köhler war von 1949 bis 1950 Bundestagspräsident. © picture-alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Heinrich Poellot
    Dr. Hermann Ehlers (CDU/CSU) war von 1949 bis 1953 Amtsinhaber.
    Dr. Hermann Ehlers (CDU/CSU) war von 1949 bis 1953 Amtsinhaber. © Getty Images | Keystone
    Prof. Dr. Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU/CSU) war von 1954 bis 1969 mit einer Amtszeit von 14 Jahren, 2 Monaten und 15 Tagen der am längsten amtierende Bundestagspräsident.
    Prof. Dr. Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU/CSU) war von 1954 bis 1969 mit einer Amtszeit von 14 Jahren, 2 Monaten und 15 Tagen der am längsten amtierende Bundestagspräsident. © akg-images GmbH
    Kai-Uwe von Hassel (CDU/CSU) hatte das Amt von 1969 bis 1972 inne.
    Kai-Uwe von Hassel (CDU/CSU) hatte das Amt von 1969 bis 1972 inne. © imago | Sven Simon
    Dr. h.c. Annemarie Renger (SPD) war von 1972 bis 1976 die erste weibliche und sozialdemokratische Bundestagspräsidentin.
    Dr. h.c. Annemarie Renger (SPD) war von 1972 bis 1976 die erste weibliche und sozialdemokratische Bundestagspräsidentin. © imago | ZUMA/Keystone
    Prof. Dr. Karl Carstens (r., CDU/CSU) läutete die Fraktionsglocke von 1976 bis 1979. Diese Aufnahme zeigt ihn neben dem damaligen Kanzlerkandidaten Helmut Kohl.
    Prof. Dr. Karl Carstens (r., CDU/CSU) läutete die Fraktionsglocke von 1976 bis 1979. Diese Aufnahme zeigt ihn neben dem damaligen Kanzlerkandidaten Helmut Kohl. © imago/photothek | Thomas Imo
    Dr. h.c. Richard Stücklen führte das Amt vier Jahre lang aus – von 1979 bis 1983.
    Dr. h.c. Richard Stücklen führte das Amt vier Jahre lang aus – von 1979 bis 1983. © imago | sepp spiegl
    Dr. Rainer Barzel (CDU/CSU) wird 1983 zum Bundestagspräsidenten gewählt. 1984 tritt er im Zusammenhang mit der „Flick-Affäre“ zurück. Später wird er voll rehabilitiert.
    Dr. Rainer Barzel (CDU/CSU) wird 1983 zum Bundestagspräsidenten gewählt. 1984 tritt er im Zusammenhang mit der „Flick-Affäre“ zurück. Später wird er voll rehabilitiert. © imago | Sommer
    Dr. Philipp Jenninger (CDU) wird 1984 zum Bundestagspräsidenten gewählt. Im November 1988 tritt er von seinem Amt zurück. Anlass ist seine kontroverse Rede zum 50. Jahrestag der Pogrome gegen die jüdische Bevölkerung im November 1938, der so genannten „Reichskristallnacht“.
    Dr. Philipp Jenninger (CDU) wird 1984 zum Bundestagspräsidenten gewählt. Im November 1988 tritt er von seinem Amt zurück. Anlass ist seine kontroverse Rede zum 50. Jahrestag der Pogrome gegen die jüdische Bevölkerung im November 1938, der so genannten „Reichskristallnacht“. © imago | Dieter Bauer
    Prof. Dr. Rita Süssmuth (CDU/CSU) wird 1988 zur Bundestagspräsidentin gewählt.
    Prof. Dr. Rita Süssmuth (CDU/CSU) wird 1988 zur Bundestagspräsidentin gewählt. © imago | bonn-sequenz
    Fast zehn Jahre lang bleibt sie als erste weibliche Abgeordnete der CDU in diesem Amt.
    Fast zehn Jahre lang bleibt sie als erste weibliche Abgeordnete der CDU in diesem Amt. © imago | sepp spiegl
    Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD) bekleidete das Amt von 1998 bis 2005.
    Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD) bekleidete das Amt von 1998 bis 2005. © imago | bonn-sequenz
    Prof Dr. Norbert Lammert wurde im Oktober 2005 Präsident des Deutschen Bundestages. Er bekleidete das Amt zwölf Jahre.
    Prof Dr. Norbert Lammert wurde im Oktober 2005 Präsident des Deutschen Bundestages. Er bekleidete das Amt zwölf Jahre. © imago | Martin Hoffmann
    Nachfolger war der CDU-Politiker Wolfgang Schäuble. Der bisherige Bundesfinanzminister (75) wurde von den Abgeordneten mit 501 Ja- und 173 Nein-Stimmen bei 30 Enthaltungen an die Spitze des Parlaments gewählt.
    Nachfolger war der CDU-Politiker Wolfgang Schäuble. Der bisherige Bundesfinanzminister (75) wurde von den Abgeordneten mit 501 Ja- und 173 Nein-Stimmen bei 30 Enthaltungen an die Spitze des Parlaments gewählt. © REUTERS | HANNIBAL HANSCHKE
    Bärbel Bas ist seit dem 26. Oktober 2021 Präsidentin des Deutschen Bundestages. Die Duisburgerin (Jahrgang 1968) ist SPD-Mitglied und gehört dem Deutschen Bundestag seit 2009 an.
    Bärbel Bas ist seit dem 26. Oktober 2021 Präsidentin des Deutschen Bundestages. Die Duisburgerin (Jahrgang 1968) ist SPD-Mitglied und gehört dem Deutschen Bundestag seit 2009 an. © dpa
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    Eine neue Studie der Freiburger Denkfabrik ‚Centrum für Europäische Politik‘ sieht Deutschland als klaren Gewinner der gemeinsamen Währung, die Franzosen und vor allem die Italiener als Verlierer. Wie bewerten Sie die Analyse?

    Schäuble:Ich glaube, sie ist falsch. Die Mehrheit der Ökonomen sieht das offenbar ähnlich. Natürlich hat Deutschland bisher durch die relative Stärke seiner Wirtschaft vom gemeinsamen Markt und der gemeinsamen Währung besonders profitiert. Länder wie Italien genießen aber ebenfalls Vorteile, etwa durch deutlich niedrigere Zinsen. Bei Frankreich ist die Situation differenzierter zu sehen. Ich glaube aber nicht, dass Frankreich durch die Währungsunion große Nachteile erlitten hätte.

    Macron erntet Sturm für seine Sozialreformen im eigenen Land. Wie gefährlich ist die ‚Gelbwesten‘-Bewegung in Frankreich?

    Schäuble: Wer Reformen auf den Weg bringt, setzt sich immer auch Debatten aus. Die französische Politik ist in der Lage, fertig zu werden mit dem Widerstand. Ich habe großen Respekt für die Entschlossenheit, mit der Präsident Macron an seinem Kurs festhält.

    Die „Gelbwesten“ haben Macron nicht überzeugt.

    Schäuble: Diese Protestbewegung flacht ja gerade wieder ab.

    Können Sie sich solche Demonstrationen auch in Deutschland vorstellen?

    Schäuble:Nein. Wir haben in Deutschland keine so starke Zentralmacht wie in Frankreich, die einen vergleichbaren Widerstand hervorrufen könnte.

    A propos Widerstand: Sie haben sich massiv dafür eingesetzt, dass Friedrich Merz neuer CDU-Vorsitzender wird – gegen den Willen von Kanzlerin Angela Merkel. Was fehlt der CDU jetzt mit Annegret Kramp-Karrenbauer an der Spitze?

    Schäuble:Angela Merkel hat im Oktober nach der Hessen-Wahl in einer eindrucksvollen Rede erklärt, dass sie nicht noch einmal für den Parteivorsitz kandidiert. Danach hat die CDU in einer fast vorbildlichen Weise sechs Wochen lang diskutiert - und der Versuchung eines Mitgliederentscheids widerstanden. Sie hat drei gut qualifizierte Kandidaten gehabt. Ich habe mir wie viele andere Parteimitglieder das Recht herausgenommen, meine Meinung zu sagen. Ich habe mir das gut überlegt, und ich bereue es nicht.

    Wie ist Ihr Verhältnis zur neuen Chefin jetzt?

    Schäuble: Seit dem Moment, in dem Annegret Kramp-Karrenbauer gewählt wurde, ist die Debatte erledigt. Die neue Parteivorsitzende hat den Anspruch auf Unterstützung aller. Das war ein fairer Prozess, und auch die unterlegenen Mitbewerber Friedrich Merz und Jens Spahn haben sich vorbildlich verhalten. Annegret Kramp-Karrenbauer macht das sehr gut.

    Was bleibt vom Merz-Comeback?

    Schäuble: Das war im letzten Jahr und die Debatte ist abgeschlossen.