Auf Hamburgs Lieblingsinsel herrscht gute Stimmung – das liegt aber weniger an den Wettkämpfen. „Windsurf-Wunderkind“ Philip Köster als Magnet.

Westerland. Der Arbeitstag eines Profisurfers beginnt nicht auf dem Wasser, sondern an Land. Beim „Skippers Meeting“, einer Art Morgenappell für coole Typen, versammeln sich Rennleitung und Athleten, um die Lage anhand der Windvorhersage zu peilen und festzulegen, welche Disziplinen gestartet werden können. Die Spezialisten der Königsdisziplin Waveriding können sich momentan die Teilnahme an dem Zeremoniell sparen. Der Wind weht ablandig. So entsteht keine Brandung, die für Loopings und andere halsbrecherische Manöver Voraussetzung ist. Immerhin reichen die Verhältnisse für Slalomrennen aus. Die besten Deutschen, der Flensburger Gunnar Asmussen und Sebastian Kördel aus Radolfzell, werden in den Medaillenkampf kaum eingreifen können. Die ersten Runden gingen an den Franzosen Cyril Moussilmani sowie an Josh Angulo von den Kapverden. Ebenfalls im Feld: Bernd Flessner. Der 44 Jahre alte Brettsegelsenior von Norderney beendet mit dem Weltcup vor Sylt seine Laufbahn.

Mag der bislang gezeigte Sport auch nur bedingt fesselnd sein, auf die Stimmung unter den Neugierigen auf der Promenade wirkt sich das nicht dämpfend aus. Das Publikum beim Surfen unterscheidet sich elementar von dem bei Ballsportarten oder beim Boxen. Dorthin gehen sie, um spannende Wettkämpfe zu erleben, und versuchen durch Anfeuerung sogar Einfluss zu nehmen. Am Strand von Westerland sind die Menschen weniger an Resultaten interessiert. Sie bummeln durch die Budenmeile des Sponsorenpools und äugen beiläufig auf die Nordsee. Wenn sie Glück haben, entdecken sie dort eine Menge bunter Segel, Anzeichen dafür, dass gerade eine Wettfahrt läuft. Wenn nicht, auch okay.

„Wann kann man denn diesen Köster sehen?“

Allenfalls Philip Köster, als „Windsurf-Wunderkind“ durch die Medien gereicht, könnte für den einen oder anderen intensiveren Hingucker sorgen. Die meist gestellte Frage am Strand von Westerland lautet: „Wann kann man denn diesen Köster mal sehen?“ Der Vettel des Funsports hat sich unterdessen ins Hotel zurückgezogen, ist geflüchtet vor den Fans, den ständig gleichen Wünschen und Erkundigungen. Ob er noch Gelegenheit erhält, seine Artistik in der Welle zu demonstrieren, ist ungewiss. Vor dem finalen Wochenende wird es wohl nichts werden. Erst dann könnte der Wind auf West drehen und für meterhohe Wellen sorgen.

Zum Glück für die Vermarkter ist der Magnetismus des Events nur in geringerem Maße abhängig von dem, was auf dem Wasser geschieht. Der Beweis für diese These wirkt beinahe paradox. Der Westerländer Zuschauerrekord steht bei 230.000, über die zehn Veranstaltungstage gerechnet. Er stammt aus 2011. Damals reisten Sportler und Besucher ab, ohne einen Wettkampf bestritten respektive gesehen zu haben. Aber es war sonnig und mild gewesen. Das genügte zum Glücklichsein.