Rennkommentator Manfred Chapman muss wegen einer Krebserkrankung seine Laufbahn beenden. Die Anstrengung, ein Rennen vor über 10.000 Zuschauern zu kommentieren, wäre zu groß.

Hamburg. An sein allererstes Rennen in Hamburg kann sich Manfred Chapman noch heute ganz genau erinnern. Es war das Jahr 1983, und der Sieger hieß Ordos mit Peter Alafi. „Ich war sehr nervös. Wie ihr im Norden sagt, hat mich Dünnpfiff geplagt. Aber am Ende ging alles gut“, erinnert sich Chapman. Horn ohne Chapman war seitdem nicht vorstellbar. Doch jetzt ist Schluss. Heute wird er im Rahmen der Auslosung der Startplätze für das Deutsche Derby in der Spielbank Hamburg verabschiedet.

Der Grund für das Ende seiner aktiven Laufbahn als Kommentator ist ein trauriger: Beim ehemaligen Journalisten wurde Kehlkopfkrebs diagnostiziert. Eine erste Operation musste die „Stimme von Horn“ schon über sich ergehen lassen. Mittlerweile, so sagt Chapman, gehe es ihm seit ein paar Monaten wieder gut. Doch die Anstrengung, ein Rennen vor über 10.000 Zuschauern zu kommentieren, wäre zu groß. Auch wenn es nicht leicht ist, den Job an den Nagel zu hängen – für Chapman gibt es im Leben Wichtigeres. „In so einem Moment hat die Gesundheit absolute Priorität und nicht etwa ein Beruf. Inzwischen fällt es mir relativ leicht, mich an den Gedanken zu gewöhnen, nicht mehr als Kommentator aktiv zu sein“, sagt Chapman, der in Horn eine Institution ist.

Über drei Jahrzehnte schaffte es Chapman in seiner unvergleichlichen Art, das Renngeschehen zu schildern. Langjährige Begleiter und Besucher des Derbys attestieren dem „Kult-Sprecher“ die Fähigkeit, ein Rennen lesen zu können. Mit seiner Betonung und seinem Enthusiasmus in der Stimme begeisterte er die Zuschauer auf der Rennbahn. Er gilt als ein Stück Derby-Geschichte in Hamburg.

Legendär war sein Auftritt vor 13 Jahren. „Samum, Samum, eine Explosion!" Dieser Satz hat Turfgeschichte geschrieben . Chapman hatte ihn am 2. Juli 2000 auf der Rennbahn in Horn voller Leidenschaft ins Mikrofon geschrien. Es war der Tag, an dem der Hamburger Vollbluthengst Samum überlegen das 131. Deutsche Galoppderby gewann. Dieser emotionale Ausbruch brachte ihm sogar eine Einladung in Stefan Raabs Fernsehsendung „TV total“.

Auch in diesem Jahr wird Chapman beim Derby in Hamburg vor Ort sein. Nur nicht in seiner kleinen Sprecherkabine im zweiten Stock der Haupttribüne, dafür in anderer Rolle. In diesem Jahr möchte Chapman einfach nur das „Rennen aller Rennen in Deutschland“ genießen, wie er es beschreibt.

Trotz der Krankheit will er seinem Sport verbunden bleiben. Von Kindesbeinen an ist der ehemalige Kommentator dabei. Die Begeisterung für den Rennsport scheint ohnehin in den Genen zu liegen: Großvater Edward war ein berühmter Trainer in England, Vater Richard nach dem Krieg äußerst erfolgreicher Hindernisreiter. „Der Galoppsport kommt bei mir gleich an zweiter Stelle. Natürlich nach meiner Frau“, sagt Chapman, der mit seiner Gattin Ursula in den kommenden sechs Tagen die Stadt genießen möchte ( „Vor allem zum Hafen zieht es meine Frau und mich“). Auch die Vorfreude auf das Wochenende ist spürbar. „Die Begeisterung in Horn ist etwas ganz Besonders. Der ‚Hamburg- Roar‘ ist einzigartig“, so Chapman, der dies als Besucher in den nächsten Tagen aufsaugen wird.