Beim Von-Gaertner-Preis war Andreas Helfenbein noch vom Pferd gefallen, am Sonntag gewann er als krasser Außenseiter den Hansa-Preis

Hamburg. Willst du an der Kasse sein, wette stets auf Helfenbein. Wer diese alte Turfweisheit beherzigte, war im 113. Idee Hansa-Preis ganz weit vorne. Denn Jockey Andreas Helfenbein glückte das Bravourstück, den größten Außenseiter im neunköpfigen Feld zum Sieg zu reiten. Nach 2400 Metern hatte die vierjährige Stute Berlin Berlin, die zum Kurs von 230:10 an den Start ging, eine Nase Vorsprung vor Runaway unter Steven Drowne und dem 15:10-Favoriten Girolamo. Die Besitzer des Gestüts Görlsdorf in der Uckermark kassierten für den Coup 40.000 von insgesamt 70.000 Euro Preisgeld. Die Dreierwette zahlte 9611:10 Euro.

„Es war ein unruhiges Rennen“, sagte Helfenbein, „und ich war froh, an der Innenseite eine gute Position gefunden zu haben.“ Der Profi war eineinhalb Jahre nicht in Deutschland geritten, hatte in Macao überwintert und sich dann eine Auszeit gegönnt, „weil ich körperlich und moralisch angeknackst war“. Im Derby am Sonntag steigt Helfenbein in den Sattel des mitfavorisierten Galoppers Schulz. Die Siegerehrung wurde von Edda Darboven vorgenommen. Ehemann „Atti“ stand selig in der Nähe: Ein Rennen zuvor war seine Stute Koffi Angel unschlagbar.

Für weit mehr Aufregung als der Hansa-Preis hatte das Hauptrennen am Sonnabend gesorgt: Ausgerechnet vor dem in Erinnerung an den langjährigen Renn-Club-Präsidenten Franz-Günther von Gaertner ausgetragenen Stutenrennen streikte die Startmaschine. Folglich musste die über 1.600 Meter führende Gruppeprüfung mit der Flagge gestartet werden. Zuvor hatte es einen Fehlstart gegeben, weil sich drei Boxentüren nicht automatisch öffneten und die Vollblüter darin stehen blieben. Davor hatte die vierjährige Soprana Unruhe verbreitet, als sie ihren Jockey, übrigens Andreas Helfenbein, aus dem Sattel katapultierte, einmal reiterlos die Bahn umrundete und damit für eine erhebliche Verzögerung sorgte. Zwar ging sie dann doch noch in die Box, war aber früh in Konditionsnöten. 24 Stunden später war Helfenbein wieder obenauf.

Was man Sonnabend auch von der Außenseiterin Lady Jacamira behaupten konnte. Alexander Pietsch dirigierte die Fuchsstute auf der Zielgeraden nach vorne und behielt leicht mit zwei Längen die Oberhand vor der mitfavorisierten Akua’da unter Eduardo Pedroza. Als Dritte galoppierte die Außenseiterin Scoville über die Zielmarkierung. Die 23:10-Favoritin Calyxa enttäuschte auf dem sechsten Platz. Die Besitzer hatten nicht mit dem Coup ihrer zuletzt fünfmal sieglosen Lady gerechnet. Das Quintett aus dem Rheinland, das unter dem treffenden Namen „Stall Zaster“ firmiert, macht dieser Bezeichnung alle Ehre: 32.000 der insgesamt 55.000 Euro Preisgeld wird an die fünf Herren ausgezahlt.

Das Publikum quittierte diesen Außenseitertriumph ebenso wie Helfenbeins Glanzritt im Hansa-Preis mit viel Applaus. Ohnehin war auf der Anlage mit minimalem Aufwand überwiegend Besseres bewirkt worden. Auf der Tribüne fand der neue Besitzerbereich Anklang. Ebenfalls positiv angenommen wurde der Marktplatz abseits des Waagegebäudes, der nunmehr ebenerdig und leichter erreichbar ist, allerdings ob der wenigen Zelte öde wirkt. Auf den ersten Eindruck gefiel zudem der neue Caterer Nord-Event: Preise wie 2,50 Euro für eine schmackhafte Bratwurst oder fünf Euro für ein kleines Rindersteak vom Grill mit Salat unterscheiden sich wohltuend von Tarifen wie bei der Gartenschau ein paar Kilometer südwestlich.

Trotz des Schietwetters herrschte gute Stimmung auf dem Hippodrom: Am ersten und am zweiten Renntag kamen jeweils 8000 Besucher. „Darauf können wir aufbauen“, sagte Renn-Club-Präsident Eugen-Andreas Wahler nach dem Kassenschluss. Der Wettumsatz betrug am Sonnabend 369.526 Euro und am Sonntag exakt 421.268,57 Euro. Peinlich war nur, dass zum Ausklang des Wochenendes ein Hindernisrennen für Reitpferde mit absolut unbekannten Pferden, Reitern und Formen bewettet werden durfte. Ansonsten war das Rahmenprogramm mit liebevoll inszenierten Darbietungen anderer Pferdesparten erstklassig.

Am Mittwoch geht es in Horn wieder rund. Im Mittelpunkt stehen der Hamburger Fliegerpreis über die Sprintstrecke von 1200 Metern sowie das spektakuläre Seejagdrennen durch den Tümpel des Geländes. Der komplette Profikader des HSV hat sein Erscheinen angekündigt. Der Eintritt ist frei.

Mit Spannung wird an diesem Montag der Bewerbungsschluss für das Sparda 144. Deutsche Derby am kommenden Sonntag erwartet: Bis 12 Uhr können Nachnennungen abgegeben werden, die dem Veranstalter jeweils 50.000 Euro zusätzliche Einnahme bescheren. Die Auslosung der Startplätze für den Wettstreit um das Blaue Band wird dann einen Tag später abends in der Spielbank Esplanade vorgenommen. Nicht dabei sind zwei Mitfavoriten: Protectionist und der Lokalmatador Orsello aus dem Besitz des Ehepaars Hupe aus Seevetal müssen verletzt passen. Dafür gilt die Nachnennung des Scheich-Galoppers Willie The Whipper als sicher. Er kann allen deutschen Startern einen Strich durch die Rechnung machen.