Cheftrainer Martin Schultze will vor seinem Wechsel nach Bremen mit den Herren des Uhlenhorster HC die deutsche Feldmeisterschaft gewinnen.

Hamburg. So weit, dass er die Tage herunterzählen würde, ist es nicht. Im Gegenteil: Martin Schultze ertappt sich in diesen Wochen ab und an dabei, dass ihn Wehmut beschleicht. "Man erlebt vieles bewusster, wenn man weiß, dass es in die letzte Phase geht", sagt er. An diesem Wochenende zum Beispiel, da darf der Cheftrainer des Uhlenhorster HC seine Bundesliga-Hockeyherren zum letzten Mal auf die Lokalderbys beim Harvestehuder THC (Sonnabend, 16.30 Uhr) und beim Club an der Alster (Sonntag, 12 Uhr) vorbereiten. Und er ist sich sicher, dass sich ein komisches Gefühl breitmachen wird in ihm, wenn die Spiele abgepfiffen sind.

Am 12. März hatte der 41-Jährige, der seit August 2006 die Geschicke der UHC-Herren bestimmt, eine Entscheidung öffentlich gemacht, die er sehr spontan getroffen hatte. Beim Bremer HC, wo er seit Jahren nebenberuflich als Jugendtrainer arbeitet, ergab sich die Chance, als Cheftrainer der Oberligaherren anzufangen und gleichzeitig in die Geschäftsführung des Clubs einzusteigen. "Mich hat diese Chance sehr gereizt", sagt Schultze, für den stets klar war, "dass ich nicht mein Leben lang nur auf der Trainerbank sitzen will." Zudem, und das ist ein mehr als angenehmer Nebeneffekt, entfällt vom Sommer an die Pendelei von Achim nahe Bremen, wo Schultze mit seiner Familie lebt, nach Hamburg. "Die Doppelbelastung mit den vielen zusätzlichen Reisen in der Bundesliga und im Europapokal war schon extrem in den vergangenen Jahren", sagt er.

Dabei war Martin Schultze schon immer ein Mensch, der sich zu organisieren wusste. Als 19-Jährigem vertraute man dem einstigen Hanauer Bundesligaspieler die Damenmannschaft von Bad Dürkheim an, gleichzeitig baute er in Hanau ein Schülercafé in eine Szenebar um. Sechs Jahre später war er Chefcoach der Dürkheimer Bundesligaherren und gewann mit ihnen dreimal in Serie die deutsche Hallenmeisterschaft. Er ist ein Mann der Praxis, der es geschafft hat, aus dem UHC, der früher gern in Schönheit starb und über das Toreschießen oft die Defensivarbeit vergaß, eine Mannschaft zu machen, die dauerhaft um Titel mitspielte - und sie manchmal auch gewann.

Mit seinem Namen werden die drei Triumphe in der Euro Hockey League (EHL) verbunden bleiben, die seit Gründung des Formats im Jahr 2008 gelangen. "Natürlich sind es diese Siege, aber auch die spannenden Spiele im Viertel- oder Halbfinale, die mir als Erstes in den Kopf kommen, wenn ich die vergangenen sieben Jahre Revue passieren lasse", sagt er. Besonders stolz sei er darauf, "dass wir es geschafft haben, so viele Jugendliche aus dem eigenen Nachwuchs in die Herrenmannschaft zu integrieren". Dieses Idealbild eines familiären Vereins mitzuprägen sei etwas, das er sich immer gewünscht habe.

Dass es ihm weder auf dem Feld noch in der Halle gelang, mit dem UHC einen deutschen Meistertitel zu gewinnen, "das wird aber ebenso immer an mir haften bleiben wie die EHL-Siege. Das ist die große offene Flanke", sagt er. Oft genug hatten sie die Hand ja am Meisterwimpel. 2007 in Mönchengladbach unterlag man dem Club an der Alster im Siebenmeterschießen, zwei Jahre später gab es in Mannheim eine Niederlage durch Golden Goal gegen Rot-Weiß Köln, 2010 gewann derselbe Gegner in Düsseldorf mit 4:2. In der Halle verlor der UHC 2011 und 2012 erst im Finale. "Wir hatten eben das Pech, dass es mit Köln und Alster Rivalen gab, die immer das kleine Stück mehr Glück hatten", sagt Schultze.

Er ist zwar erfolgsfixiert, aber nicht erfolgsbesessen, er hat sich vielmehr einen Hang zur Gemütlichkeit bewahrt, von dem nicht nur sein Bauchansatz kündet, sondern der ihm auch ermöglicht hat, den in einer Sportart wie Hockey so wichtigen Spagat zwischen Fordern und Genießen ausführen zu können. Wie groß die Lücke wird, die er beim UHC hinterlässt, hängt deshalb maßgeblich davon ab, wen Horst Müller-Wieland als Nachfolger präsentieren kann. Spitzensport mit Leidenschaft und Spaß zu verbinden, das sei die Aufgabe für den Neuen, der sich auf ein tolles Umfeld und eine leistungsbereite und entwicklungsfähige Mannschaft freuen könne, sagt der Clubchef. "Und er muss menschlich ins UHC-Umfeld passen, so wie Martin es tut."

Schultze sieht die UHC-Herren ebenfalls gut aufgestellt, auch wenn sie derzeit nur die dritte Kraft in Hamburg sind. "Das ist nur eine Momentaufnahme, es war klar, dass durch die Abgänge von Moritz Fürste und Oliver Korn ein Übergangsjahr bevorsteht", sagt er. Wenn es dem UHC gelänge, das vorhandene Potenzial auf der Sponsorenebene noch besser zu nutzen, dann werde der Club dauerhaft in der nationalen Spitze mithalten. Sein nicht ganz ernst gemeinter Vorschlag für seine Nachfolge: "Ich würde Bundestrainer Markus Weise holen. Der würde bestimmt auch mal ein nationales Finale gewinnen!"

Die Hoffnung, dass ihm selbst das noch gelingen kann, hat der passionierte Zigarillo-Raucher nicht aufgegeben. Als Tabellensiebter liegt der UHC derzeit fünf Punkte hinter dem vierten Platz zurück, der zur Teilnahme an der Endrunde in Hamburg am 1./2. Juni berechtigt. "Es war immer unser Traum, in Hamburg eine Endrunde zu spielen", sagt er. "Umso bitterer wäre es, wenn wir sie jetzt, wo die Chance da ist, verpassen würden." Sein Wunschszenario für den Abschied wäre ein Sieg im Endspiel gegen den HTHC. Dann wäre die Ära Schultze beim UHC das, was sie an vielen Tagen sowieso war: perfekt.