Kais al Saadi ist ein Hockey-Coach aus Leidenschaft. Auch aus finanziellen Gründen arbeitet der UHC-Trainer jetzt als Personalreferent.

Hamburg. Er hat nicht bezweifelt, dass seine Entscheidung richtig war, denn sonst hätte ein Stratege wie er sie nicht getroffen. Aber an Tagen wie diesen, an denen Kais al Saadi die Hockeydamen des Uhlenhorster HC auf die Europapokal-Gruppenphase vorbereitet, die der Verein über Ostern auf seiner Anlage am Wesselblek ausrichtet, spürt er besonders, wie gut ihm der Wechsel getan hat, den er zu Jahresbeginn vollzogen hat. "Ich habe immer noch zwei Jobs, arbeite aber weniger und verdiene mehr. Deshalb frage ich mich schon manchmal, was ich vorher falsch gemacht habe", scherzt er.

Wenn man gemein sein möchte, gäbe es auf diese Frage eine einfache Antwort. Kais al Saadi, 36, ist im dritten Jahr Chefcoach beim UHC und war bis zum Herbst 2012 in Personalunion Honorartrainer beim Deutschen Hockey-Bund (DHB). Als Assistent des mittlerweile entlassenen Damen-Bundestrainers Michael Behrmann betreute er die besten Spielerinnen des Landes für den Olympiazyklus, der mit den Sommerspielen in London sein Ende fand. Und als Trainer in Deutschland auf Honorarbasis zu arbeiten ist nur dann ein Vergnügen, wenn man Idealist und auf finanzieller Basis unabhängig ist.

90 Euro beträgt der Tageshöchstsatz, den ein Honorartrainer beim DHB verdienen kann. "Ich werde keine Summen bestätigen, aber ich kann sagen, dass die Arbeit finanziell unzureichend entlohnt wurde", sagt al Saadi, der allein im Jahr vor London rund 100 Tage für den Verband unterwegs war. "Ich wusste, dass ich diesen Aufwand nur für einen begrenzten Zeitraum würde durchstehen können", sagt er. Der Anreiz, einmal als Trainer bei Olympischen Spielen dabei sein und sich mit den Besten der Welt messen zu können, habe ihn angetrieben. "Als Erlebnis war diese Erfahrung unglaublich wertvoll."

Die Einblicke, die al Saadi in die Probleme der Trainer im deutschen Sportsystem gewann, erfüllen ihn jedoch mit großer Sorge. Mit Interesse und einem hohen Maß an Zustimmung hat er das Interview gelesen, das Herren-Bundestrainer Markus Weise dem Abendblatt am vergangenen Wochenende gegeben hatte. Besonders dessen Kritik am mangelhaften gesellschaftlichen Stellenwert, der dem Sport in Deutschland eingeräumt wird, teilt er. "Die Traineroffensive des Deutschen Olympischen Sportbundes erscheint mir wie eine leere Phrase, hinter der weder eine effektive Imagekampagne noch ausreichende finanzielle Mittel stecken", sagt er. Dass allein mit dem Idealismus der Trainer und Sportler die noch immer vorhandene Wettbewerbsfähigkeit gehalten werden kann, hält er für unmöglich. "Der Verfall hat leider längst begonnen. Das sieht man daran, dass der DHB Probleme hat, qualifizierte Bundestrainer auf Honorarbasis für seine Nachwuchsteams zu finden, und die Fluktuation sehr hoch ist."

Al Saadi liegt es fern, den Verband anzuklagen. Er sieht die Verantwortung bei der Politik. "Dort müssen die Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, dass der Trainerberuf eine gesellschaftliche Aufwertung erfährt. Das Bundesinnenministerium muss mehr Mittel bereitstellen, um Trainer angemessen zu entlohnen", sagt er. Eine bessere Bezahlung, die viele deutsche Toptrainer ins Ausland ziehe, sei auf diesem Weg der wichtigste Schritt. Gern erzählt er die Geschichte von einem Treffen mit niederländischen Hockeytrainern, die beschämt die Rechnung übernahmen, nachdem sie gehört hatten, mit welchem Tagessatz ihre deutschen Kollegen abgespeist werden. Oder er schildert sein Problem beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung. "Als Trainer habe ich noch nicht einmal ein schlechtes Angebot bekommen, sondern schlicht gar keins", sagt er.

Er hat seine Konsequenzen gezogen und sich - nicht nur, aber auch aus finanziellen Gesichtspunkten - entschieden, ein Angebot aus der Wirtschaft anzunehmen. Für die Hamburger Firma N+F, einem Stahlhandelsunternehmen, arbeitet er als Personalreferent auf einer Zweidrittelstelle mit 25 Wochenstunden. Seine Anstellung beim UHC hat er gegen ein freies Arbeitsverhältnis getauscht. Es ist keine Abkehr vom Hockey, das ist ihm wichtig. "Der Vertrag beim UHC war immer fair, der Club ist meine Familie", sagt er. "Aber als Trainer und zeitgleich in der Wirtschaft zu arbeiten ist eine tolle Herausforderung und bietet mir eine Weiterentwicklungsmöglichkeit, die ich gerne annehme."

Der Anreiz, sein Team zu Erfolgen zu führen, sei ungebrochen. Auch einen Wechsel in den Herrenbereich kann sich al Saadi grundsätzlich vorstellen. Trainer ist al Saadi geworden, weil "ich einen Job wollte, in dem ich auf die Uhr schaue und mich ärgere, dass der Tag schon vorbei ist". Ein Leben als Jurist konnte er sich nicht vorstellen, im und vom Sport zu leben schon, also machte er sein Hobby zum Beruf. Die Realität hat ihn eingeholt.