Vitali Klitschko bereitet sich im Stanglwirt auf seinen WM-Kampf gegen Manuel Charr vor. In einer einsamen Berghütte empfängt er Besuch.

Tirol. Going Trainingslager, hat Vitali Klitschko einmal gesagt, seien für ihn wie Urlaub. "Ich esse gut, ich schlafe gut, ich mache regelmäßig Sport - für mich ist das wie ein Sanatorium.“ Seit zweieinhalb Wochen genießt der Schwergewichts-Boxprofi wieder einmal diesen "Gesundbrunnen“. Im Promi-Hotel "Stanglwirt“ in Tirol bereitet sich der 41 Jahre alte Ukrainer auf die nächste Verteidigung seines WBC-WM-Titels vor, die am 8. September in Russlands Hauptstadt Moskau gegen den Kölner Manuel Charr, 27, ansteht.

Ob es sein letzter Kampf sein wird, darüber will Vitali Klitschko weiterhin nicht spekulieren. Sollte er am 28. Oktober bei der Parlamentswahl in seiner Heimat mit seiner Partei Udar erfolgreich sein, könnte das das Ende seiner Sportlerkarriere bedeuten. Doch zunächst will sich der Teilzeit-Politiker nur auf die nächste Herausforderung konzentrieren. Um sich auf den als ungestüm und aggressiv bekannten Charr vorzubereiten, hat der ältere der Klitschko-Brüder vier Spar-ringspartner engagiert. Der Hamburger Konstantin Airich und der Lette Mairis Briedis sind bereits alte Bekannte in Klitschko-Camps, der Brite Dillain Whyte dagegen ist zum ersten Mal dabei. Für Verteidigungsübungen ist zu-dem der schnelle Cruisergewichtler Ola Afolabi, der bei der Klitschko-Promotionfirma KMG unter Vertrag steht, zuständig.

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Im Sparring haben Briedis, Airich und Whyte die Aufgabe, Charrs Stil zu imitieren. Das heißt: Sie müssen möglichst viel schlagen und immer wieder attackieren, denn genau das erwartet Klitschko-Trainer Fritz Sdunek, der Charr zu gemeinsamen Zeiten beim Hamburger Universum-Stall trainierte, von seinem ehemaligen Schützling. Um Vitali hart zu fordern, wechseln sich die drei Sparringspartner ab. Briedis und Whyte bestreiten je eine Runde, Airich zwei. Am Ende pumpen sie trotzdem allesamt wie Maikäfer, während der Champion relativ entspannt wirkt. Noch ist Klitschko ein wenig hüftsteif, seine Reflexe sind jedoch bereits beeindruckend schnell. "Vitali ist unglaublich schwer zu treffen“, sagt Neuling Whyte anerkennend.

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Um Abwechslung vom Trainingsalltag zu bekommen, kümmert sich Vitali Klitschko in der einsamen Berghütte, die er alleine bewohnt, nicht nur um seine politischen Geschäfte, sondern er empfängt auch Gäste. So ist Mutter Nadeshda, seit dem Tod ihres Mannes Wladimir senior im Sommer vorigen Jahres Witwe, seit einigen Tagen im Camp zu Gast. Allerdings lehnt sie es ab, ihrem Sohn, der ihr das Versprechen gegeben hat, niemals gegen seinen fünf Jahre jüngeren Bruder Wladimir zu boxen, auch nur im Sparring zuzuschauen. Bei Kämpfen der Brüder bringt die Mutter es noch nicht einmal übers Herz, im Fernsehen zuzuschauen, und selbst ein Sparring live zu erleben will sie sich nicht zumuten.

Am Dienstagabend reiste zudem der Weltklasse-Schachspieler Wladimir Kramnik an, mit dem Vitali Klitschko befreundet ist. Angesichts solcher Zerstreuung kann man verstehen, dass der Weltmeister Trainingslager als Erholung betrachtet...