An diesem Sonnabend kämpft der Hamburger Jack Culcay gegen den Franzosen Fréderic Serre um die interkontinentale WBA-Meisterschaft im Superweltergewicht

Hamburg. Wie er so dasitzt auf dem türkisfarbenen Kunststoffsessel, mit seinem Thriller "Cupido" in der Hand, sieht Jack Culcay aus wie ein Rucksacktourist, der in einer dieser Billigfluglinien durch Europa jettet. Allerdings nur bis zu dem Moment, als er sich die schwarze Maske über das Gesicht stülpt und klar wird, dass es nicht um Freizeitvergnügen geht, sondern um hartes Training. Besser gesagt: um die Regeneration nach hartem Training, denn Culcay, der frühere Amateurweltmeister, hat geschuftet wie ein Verrückter in den vergangenen Wochen. Alles für das Ziel, seinen ersten Titel im Profiboxgeschäft zu gewinnen.

An diesem Sonnabend (22.30 Uhr/ARD) hat der 26 Jahre alte Hamburger in Berlin, der Heimat seines Promoters Sauerland, die Chance dazu. Im zweiten Hauptkampf trifft er im Anschluss an die Supermittelgewichts-WM zwischen Arthur Abraham und WBO-Champion Robert Stieglitz auf den Franzosen Fréderic Serre. Es geht um die Interkontinentale WBA-Meisterschaft im Superweltergewicht.

Dass Culcay in Freizeitkleidung und sitzend regenerieren kann, verdankt er seinem Manager Moritz Klatten. Dieser ist in Personalunion auch Culcays Athletikcoach und Ernährungsberater, und über seinen Mentor Charles Poliquin hatte er die in den USA weit verbreitete hyperbare Sauerstofftherapie (HBO) kennengelernt. Bei dieser Behandlungsmethode wird dem Patienten in einer Überdruckkammer mittels einer Gesichtsmaske reiner Sauerstoff zugeführt. Der um das 1,5-Fache erhöhte Druck bewirkt, dass der Sauerstoffgehalt im Blut 20-fach höher ist als unter normalem Umgebungsdruck. Diese Konzentration versorgt mangelhaft durchblutetes Gewebe wieder ausreichend mit Sauerstoff, und genau das unterstützt die Regeneration und reduziert die Ödembildung, was bei Boxern besonders wichtig sein kann.

"Normalerweise wird HBO bei Patienten mit Hörsturz oder Tinnitus eingesetzt, aber auch bei Menschen mit schlecht heilenden Wunden oder Gewebeschädigung durch Bestrahlung, bei denen die Durchblutung nur mangelhaft funktioniert", sagt Stefan Lambert. Der 50-Jährige ist Geschäftsführer des Druckkammerzentrums an der Holstenstraße, das als einzige Einrichtung in Hamburg diese Therapieform anbietet. Die Behandlung ist aufgeteilt in drei halbstündige Blöcke, während denen über die Maske geatmet wird, unterbrochen jeweils von zehnminütigen Erholungsphasen, denn das Atmen im Überdruck ist nicht einfach. "Das ist vergleichbar mit einer Wanderung im Hochgebirge, man wird kurzatmig und muss ständig wie im Flugzeug den Druck auf den Ohren ausgleichen", erläutert Culcay.

Lambert und ein anwesender Arzt kontrollieren die zwölf Plätze umfassende Kammer während des Betriebs über Monitore, die Herzfrequenz aller Patienten wird ebenso überwacht wie der Anteil gelösten Sauerstoffs im Blut. 15 bis 30 Sitzungen sind bei medizinischer Indikation notwendig, der Boxprofi kommt während der Vorbereitung auf einen Kampf einmal pro Woche, immer am trainingsfreien Donnerstag. Wissenschaftliche Studienergebnisse, die die Wirksamkeit von HBO nachweisen, gibt es nicht, Culcay und Klatten verlassen sich auf ihre Erfahrungswerte, die sie in dieser Vorbereitung erstmals sammelten. "Ich fühle mich viel fitter und kann mehr leisten, seit ich diese Therapie mache", sagt Culcay. "Der Sportler hat viel weniger Muskelkater, weil durch HBO Laktat abgebaut wird", sagt Klatten.

Für den Montag nach dem Kampf ist ein weiterer Termin anberaumt, um mögliche Folgeschäden des Zwölfrundenduells beheben zu können. Jack Culcay hätte nichts dagegen, wenn er ihn absagen könnte.