Der 22-Jährige bescherte den Franzosen ihren ersten Etappensieg. Die Topfavoriten Evans und Wiggins lassen derweil die Muskeln spielen.

Porrentruy/Schweiz. Cadel Evans gegen Bradley Wiggins, Titelverteidiger gegen Herausforderer: Die beiden Topfavoriten haben schon am ersten schweren Wochenende der 99. Tour de France die Muskeln spielen lassen und den erwarteten Zweikampf um den Gesamtsieg eingeläutet. Wiggins übernahm am Samstag das Gelbe Trikot, Evans sitzt dem Briten dicht im Nacken. Am Montag kommt es beim ersten langen Zeitfahren in Besancon zum nächsten Showdown der beiden Konkurrenten.

Derweil sicherte sich der erst 22 Jahre alte Thibaut Pinot (FDJeux), jüngster Fahrer im Peloton, am Sonntag als Ausreißer den ersten Etappensieg eines Franzosen. Am Samstag hatte Wiggins’ Edelhelfer Christopher Froome (Großbritannien) die erste Bergankunft gewonnen und für das Sahnehäubchen eines bärenstarken Sky-Teams gesorgt.

„Gegen Wiggins in diesem Team wird es sehr schwer“, sagte Evans, dem die Anstrengungen im Ziel in La Planche des Belles Filles ins Gesicht geschrieben standen. Sky hatte im Finale eine beeindruckende Vorstellung gezeigt und anscheinend mühelos zahlreiche Mitfavoriten abgehängt. Auch Evans’ Helfer von BMC Racing konnten dem Tempo nicht folgen, sodass der Australier früh auf sich allein gestellt war und sich am Hinterrad von Wiggins orientierte.

Zu den Geschlagenen zählte Routinier Andreas Klöden (Mittweida/RadioShack), der an beiden Tagen viel Zeit verlor und aus den Top Ten fiel. Weitere hoch gehandelte Fahrer wie Ivan Basso (Italien/Liquigas), Michele Scarponi (Italien/Lampre) oder Alejandro Valverde (Spanien/Movistar) mussten ebenfalls empfindliche Zeitverluste hinnehmen und ihren Traum von Gelb vorerst begraben.

Auch auf der achten Etappe am Sonntag waren Wiggins und Evans gemeinsam in den letzten Anstieg zum Col de la Croix gegangen und machten einen starken Eindruck. Erneut konnten nur der Italiener Vincenzo Nibali (Liquigas) und Denis Menschow aus Russland (Katjuscha) als einzige der zahlreichen Mitfavoriten dem Tempo folgen.

Zu Etappenbeginn war Altmeister Jens Voigt einer der ersten Fahrer, die sich als Ausreißer versuchten. Der 40-Jährige zeigte sich angriffslustig, trat mehrmals an und lag zeitweise alleine an der Spitze, wurde jedoch schnell von einer Verfolgergruppe gestellt und fiel im weiteren Verlauf des Tages ins Hauptfeld zurück.

Erst zur Hälfte ordnete sich das Rennen, als eine größere Gruppe, in der sich auch Dominic Nerz (Wangen/Liquigas) befand, einen Abstand von über drei Minuten zum Peloton herausfuhr und diesen zunächst konstant hielt, nach und nach aber wieder vom Hauptfeld eingeholt wurde. Aus der Fluchtgruppe heraus hatte sich der Schwede Fredrik Kessiakoff (Astana) abgesetzt, wurde am Anstieg zum Col de la Croix aber noch von Pinot gestellt. Dieser rettete sich angefeuert von Sportdirektor Marc Madiot vor den heraneilenden Favoriten nach 3:56:10 Stunden ins Ziel.

Prominente Namen erweiterten am Wochenende die Liste der Tour-Ausfälle. Nachdem am Samstag unter anderem Giro-Sieger Ryder Hesjedal (Kanada) nicht mehr an den Start gegangen war, erwischte es am Sonntag den Vorjahresdritten Samuel Sanchez (Euskaltel). Der spanische Olmypiasieger, der 2011 das Bergtrikot gewonnen hatte, stürzte schwer und blieb in Tränen aufgelöst auf dem Asphalt liegen. Sanchez konnte das Rennen nicht fortsetzen. Insgesamt sind damit bereits 19 Fahrer vorzeitig ausgestiegen.

Auch für Johannes Fröhlinger ist die Tour vorzeitig beendet. Der 27-Jährige vom Team Argos-Shimano leidet an den Folgen eines Fingerbruches an der linken Hand. Er trat am Sonntag nicht mehr an. Die angeschlagenen deutschen Top-Fahrer Tony Martin (Cottbus/QuickStep) und Andre Greipel (Rostock/Lotto) kamen mit einigem Abstand ins Ziel, stehen aber auch am Montag am Start, wenn die Grand Boucle endgültig in ihre heiße Phase geht.

Nach den beiden schon anspruchsvolleren Etappen am Wochenende und vor dem Ritt durch die Alpen steht in Besancon das erste von zwei langen Zeitfahren an. Für Martin ist es wohl der Höhepunkt der Frankreich-Rundfahrt. Schonen muss sich dabei über die 41,5 km niemand: Dienstag ist der erste Ruhetag.