Rio de Janeiro. Vier US-Schwimmer hatten behauptet, überfallen worden zu sein. Tatsächlich randalierten sie kräftig an einer Tankstelle – mit Folgen.

Ein Video und weitere Zeugenaussagen beweisen, dass die Überfallgeschichte der US-Schwimmer um den Schwimmstar Ryan Lochte erfunden war. Zwar hat sich der Schwimm-Star entschuldigt, er bleibt aber bei seiner Variante der Geschichte: er sei von einem Mann mit Pistole bedroht worden.

Lochte teilte mit, es tue ihm „für meine Teamkollegen, meine Fans, meine Konkurrenten, meine Sponsoren und die Gastgeber dieser großartigen Veranstaltung leid“. Im gleichen Atemzug erklärte Lochte aber, er sei von einem Fremden bedroht worden. Der Mann habe „eine Waffe auf ihn gerichtet und Geld verlangt“. Er selbst habe in der Situation „verantwortlicher“ handeln müssen.

Das Schwimmteam der Amerikaner hatte einen bewaffneten Überfall bei der Polizei zu Protokoll gegeben. In ihren Erzählungen hatten sie sich dabei in Widersprüche verstrickt. Nun kam heraus: Die Sportler hatten massiv über die Stränge geschlagen und an einer Tankstelle randaliert.

US-Schwimmer Feigen will 11.000 Dollar spenden

Während einer Pressekonferenz der Polizei stellte der Ermittler Fernando Veloso klar: „Es gab keinen Raubüberfall“. Stattdessen hätten die Schwimmer „Vandalismus-Handlungen begangen“. Das US-Olympiakomitee hat den Vorfall inzwischen bestätigt. Schwimmstar Ryan Lochte war bereits abgereist, er wird nun angeklagt.

Der US-Schwimmverband denkt derweil über Strafen für die Beteiligten nach, sagte Generaldirektor Chuck Wielgus. Einer der beteiligten Schwimmer, Jimmy Feigen, kündigte an, als Wiedergutmachung 11.000 US-Dollar an eine brasilianische Wohltätigkeitsorganisation spenden zu wollen. Damit sollen die polizeilichen Ermittlungen beendet sein. Bei der Organisation soll es sich um das Reaction Institute handeln, das kostenlose Sportprogramme für Kinder anbietet. Feigens Anwalt teilte mit, der Schwimmer bekomme seinen Reisepass nach Veranlassung der Spende zurück. Nach Ryan Lochte haben derweil auch Gunnar Bentz und Jack Conger Brasilien verlassen.

Auf einem Überwachungsvideo sind die entscheidenden Aktionen der offenbar alkoholisierten Sportler am frühen Sonntagmorgen zum Großteil zu sehen. Lochte und seine Kollegen Gunnar Bentz, Jack Conger und James Feigen randalierten in der Toilette einer Tankstelle. Der Besitzer sagte aus, die Amerikaner seien zuvor aus dem Auto gestiegen und pinkelnd an der Gebäudewand entlanggegangen. „Das war purer Vandalismus“.

Schaden bar bezahlt

Als sie von einem Sicherheitsbeamten gestellt wurden, wollten die US-Schwimmer flüchten, woraufhin der Wachmann seine Waffe zog. Daraufhin beglichen Lochte und Co. den Schaden mit Bargeld – sie zahlten 100 Real und 20 US-Dollar (insgesamt ca. 45 Euro). Danach durften sie gehen.

Die beiden amerikanischen Schwimmer Gunnar Bentz (r.) und Jack Conger am Flughafen von Rio: Unmittelbar vor ihrem Flug in die Heimat wurden sie festgenommen.
Die beiden amerikanischen Schwimmer Gunnar Bentz (r.) und Jack Conger am Flughafen von Rio: Unmittelbar vor ihrem Flug in die Heimat wurden sie festgenommen. © Getty Images | Chris McGrath

Vor allem der 32-jährige Lochte hatte mehrere Versionen der fingierten Geschichte erzählt, die letzte davon in einem Telefongespräch mit dem US-Olympia-Sender NBC am Mittwoch. Ihm sei doch keine Waffe an den Kopf gehalten, sie sei nur auf ihn gerichtet worden. Das Auto, in dem er und seine Freunde und Kollegen unterwegs gewesen seien, sei auch nicht angehalten, sondern überfallen worden, als es an einer Tankstelle stand. Lochte zufolge sollten verkleidete Polizisten den Raubüberfall durchgeführt haben. Gegenüber NBC sagte der Schwimmer: „Wir sind die Opfer, und wir sind froh, in Sicherheit zu sein.“

US-Olympiakomitee bittet um Entschuldigung

Zweifel ob des behaupteten Überfalls waren aufgekommen, nachdem eine Überwachungskamera die Schwimmer bei der Ankunft um 6.56 Uhr morgens im Olympischen Dorf zeigte. Auf dem Video wirkten sie ruhig und gelassen.

Chefermittler Veloso sagte auf der Pressekonferenz: „Die Bürger von Rio mussten erleben, wie der Name ihrer Stadt durch eine Lügengeschichte beschmutzt wurde. Es wäre angemessen, um Entschuldigung zu bitten. Das ist bis jetzt nicht passiert.“ Erst am späten Donnerstagabend reagierte das US-Olympiakomitees (USOC), bestätigte den Vorfall und bat die Gastgeberstadt Rio „und die Menschen in Brasilien“ um Verzeihung.

Auch im australischen Schwimmerteam kam es zu einem ähnlichen Vorfall. Schwimmer Josh Palmer gab an, von einem Mann gezwungen worden zu sein, 1000 Dollar von einem Geldautomaten abzuheben. Zur Polizei ging Palmer nicht. Er und die Schwimmerin Emma McKeon waren Mittwochfrüh an der Copacabana unterwegs und verbrachten die Nacht außerhalb, ohne das Team zu informieren. Als Konsequenz dürfen beide nicht an der olympischen Schlussfeier am Sonntag in Rio de Janeiro teilnehmen. (SID/dpa/aba)