Die Wahl des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) in Buenos Aires ist gefallen: Thomas Bach ist neuer IOC-Chef. Erstmals übernimmt ein Deutscher das höchste und machtvollste Amt des Weltsports.

Buenos Aires. Die Entscheidung in Buenos Aires ist gefallen. Thomas Bach ist der erste deutsche IOC-Präsident. Auf der 125. Sitzung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) wurde das höchste und machtvollste Amt des Weltsports vergeben. Der 59-Jährige setzte sich im zweiten Wahlgang mit der absoluten Mehrheit der 93 wahlberechtigten Stimmen durch. Zuvor war Wu Ching-Kuo bei der Wahl als erster der sechs Kandidaten in der ersten Runde ausgeschieden. Der Taiwanese zog in einer Stichwahl gegen den stimmengleichen Ser Miang Ng aus Singapur den Kürzeren und schied aus. Bach übernimmt damit das Amt des belgischen Arztes und Olympiaseglers Jacques Rogge, 71, der nach zwölf Jahren sein Amt niederlegte. Bach, der als Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) zurücktreten wird, wird die Weltregierung des Sports für mindestens acht und höchstens zwölf Jahre anführen.

Das Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) hat dem neuen IOC-Präsidenten Thomas Bach unmittelbar nach der Wahl in Buenos Aires gratuliert. „Die Mitglieder des IOC haben damit seine langjährige Arbeit für den Sport unter anderem als Vizepräsident des IOC, Vorsitzender zahlreicher Kommissionen und als Präsident des DOSB gewürdigt. Das klare Votum für ihn stärkt auch den deutschen Sport“, heißt es in der Mitteilung.

Zwar verliere der DOSB „mit der heutigen Entscheidung unseren Gründungspräsidenten, der in den vergangenen sieben Jahren DSB und NOK erfolgreich zusammengeführt und den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) zu der Stimme des Sports in Deutschland entwickelt hat, aber wir gewinnen in diesem historischen Moment den ersten deutschen IOC-Präsidenten“. Man sei „überzeugt, dass er die erfolgreiche Arbeit von Jacques Rogge fortführen und dabei die Athletinnen und Athleten in den Mittelpunkt seines Handelns stellen wird. In seiner Funktion als DOSB-Präsident haben wir Thomas Bach, den Olympiasieger von 1976, stets als Teamplayer und Sportler erlebt.“

Im internationalen und nationalen Sport habe sich Bach eine Vertrauensbasis erarbeitet, „auf der er nun auch in der wichtigsten Position des Sports wirken kann. Wir freuen uns für ihn - und sind stolz, dass unser Präsident die Zustimmung des Weltsports in so überzeugender Weise gewinnen konnte.“ Das DOSB-Präsidium schaue nun „voller Vorfreude auf die Präsidiumssitzung mit Thomas Bach am kommenden Montag und Dienstag, 16. und 17. September, in Frankfurt/Main“.

Und auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat Thomas Bach die volle Unterstützung zugesichert. „Es ist eine Anerkennung für seine großartige Arbeit und ein Zeichen für die Wertschätzung des deutschen Sports. Thomas Bach kennt aus seiner eigenen Vita die Bedürfnisse der Sportler und bringt die nötige internationale Reputation und sportpolitische Erfahrung für dieses wichtige Amt mit. Er kann sich hundertprozentig darauf verlassen, dass der deutsche Fußball hinter ihm steht und ihn in seinem Amt unterstützen wird“, sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach.

Genauso zeigte sich auch Bundestrainer Joachim Löw erfreut. „Ich weiß, dass Thomas Bach ein Fußballfan ist. Auch wir von der Nationalmannschaft haben ihm für die Wahl zum IOC-Präsidenten die Daumen gedrückt. Ich freue mich, dass man ihn gewählt hat“, sagte Löw, während Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff ergänzte: „Die Wahl von Thomas Bach an die Spitze der Olympischen Bewegung ist eine Auszeichnung für den gesamten deutschen Sport. Wir gratulieren und wünschen ihm alles Gute für dieses schwierige, verantwortungsvolle und sehr wichtige Amt.“

Auf den neuen IOC-Chef kommen zahlreiche Herausforderungen zu. Immerhin lenkt Bach nun auch die Geschicke der Marke (Olympia) der IOC-Organisation, die Schätzungen britischer Analysten 47,6 Milliarden US-Dollar, rund 36 Milliarden Euro, wert ist. Zudem wird Bach entscheidend für die Richtung der olympischen Bewegung sein, die weltweit zu den bedeutungsvollsten im Dienste des Friedens gehört. Das IOC hat bei den Vereinten Nationen (Uno) Beobachterstatus. Darüber hinaus kommen noch weitere große Herausforderungen auf den ehemaligen Olympiateilnehmer zu. Sotschi 2014, neue Konkurrenz, das Programm, Bewerber-Knappheit, Doping und sonstiger Betrug sind nur einige davon.

Bachs Vorgänger Rogge hatte vor allem mit den Sommerspielen in Peking 2008 zu kämpfen. Der Belgier musste Internetzensur und Missbrauch des weltgrößten Sportereignisses durch die chinesischen Gastgeber hinnehmen. Und was für Rogge Peking war, könnte für Bach Sotschi werden.

Denn vor allem die möglichen Proteste gegen das umstrittene Anti-Homosexuellen-Gesetz Putins könnten Auswirkungen auf die Geberlaune der Sponsoren haben. Dies machten die IOC-Mitglieder schon in Buenos Aires als großes Risiko aus. "Das könnte viel kaputt machen", sagte der bald aus seinem Amt scheidende IOC-Marketingchef Gerhard Heiberg. Die russischen Organisatoren versichern seit Tagen, Waldimir Putins "Gesetz gegen homosexuelle Propaganda" würde die Spiele "nicht beeinflussen" – eine durchaus gewagte Prognose.

Aber auch das Doping-Problem muss bekämpft werden. Denn es ist nach wie vor allgegenwärtig, auch wenn das IOC gerne auf Fortschritte verweist. Eine Dopingstudie der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA, derzufolge 29 Prozent der Teilnehmer an der Leichtathletik-WM 2011 in einer anonymen Umfrage zugegeben haben, im Vorfeld gedopt zu haben, ist noch immer nicht offiziell bestätigt. Die New York Times hatte davon berichtet. Die Zahlen decken sich mit dem, was Experten seit Jahren annehmen. Der Sport, so viel ist klar, ist meilenweit davon entfernt, ein sauberes Geschäft zu sein. Genug Arbeit also, die der neue IOC-Chef in den nächsten Jahren zu bewältigen hat.